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Ein geneigter Leser unseres Magazins hat mir die unten angeführten Sätze Martin Luthers zugeschickt, um auf die Sprachkraft Luthers hinzuweisen, der hier in einfachen Worten, die dem damaligen „Volk“ sicher verständlich waren, Hinweise zum Verhalten während der Pest geben wollte. Der Abschnitt hat aber, so sehe ich es,  neben seiner sprachlichen Kraft, die in klaren, verständlichen, nachvollziehbaren Worten daherkommt, noch etwas mehr zu bieten. Entkleidet man Luthers Aussagen nämlich ihres religiösen Zusammenhangs  und ersetzt man im Textabschnitt das Wort Pest durch das Wort Corona, bekommt man relativ schlichte, aber wohl wirksame Regeln für das eigene Verhalten ohne Panikmache, Hysterie und drohenden Unterton an die Hand gegeben.

  1. Frische Luft ins Haus bringen
  2. Arzenei nehmen
  3. Orte meiden, zu denen ich nicht unbedingt muss (etwa große Menschenansammlungen?), um Infektionen bei mir und anderen zu vermeiden und um mich und andere nicht zu gefährden
  4. Wenn aber jemand in Not ist, dem Hilfsbedürftigen zur Hilfe eilen

In Luthers Worten:

“ Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Orte meiden, wo man mich nicht braucht, damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werde.

Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht.

(Quelle: Luthers Werke, Band 5, Seite 334f)

Ach, wäre das nicht ein Wohltat – ob gläubig oder nicht – aus dem Munde von Herrn Wieler, Herrn Drosten, Herrn Spahn oder dem Regierungssprecher einmal eine solche Sprache und einen solchen Inhalt vermittelt zu bekommen?

Unserem Leser ein Dankeschön für die Zusendung des Zitats!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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So.Jo.Ti.

Der Hinweis auf die Pest ist eine gelungene Anspielung auf die Rattenplage vor Ort. „Verursacht wird die Pest durch das Bakterium Yersinia pestis. Nagetiere wie Ratten und Mäuse sind das Reservoir des Erregers. Über Flöhe kann das Bakterium von den Tieren auf den Menschen übertragen werden.“ Als Arznei stehen im Übrigen heute Antibiotika zur Verfügung. Welche Arzenei Luther damals gemeint haben könnte? Aderlass, Brechmittel oder Einlauf!? Alles Mittel, die heute zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Gelsenkirchen auch noch passen würden. Aber Hildegard von Bingen hätte wohl auf die Bibernelle (Pimpinella saxifraga L.) und der Wacholder (Juniperus communis L.) gesetzt. Aber auch opiumhaltiger Venezianischer Theriak und eine Wermutkur wurden empfohlen. Das musste man sich aber leisten können.
Als Grund für den Ausbruch der Pest dürfte diese Beschreibung aktueller denn je sein: „welche entweder durch die Einwirkung von Himmelskörpern oder wegen unserer ungerechten Taten durch Gottes gerechten Zorn zu unserer Besserung über die Sterblichen geschickt wurde.“
Aus der Geschichte lernen: „Alle menschliche Klugheit und Vorsicht, mit der die Stadt durch hierfür bestellte Beamte von Verunreinigungen vielfältiger Art gesäubert und jedem Kranken der Eintritt verwehrt wurde, waren nutzlos, umsonst auch die vielen Ratschläge zur Erhaltung der Gesundheit, umsonst die demütigen Bitten, mit denen fromme Menschen sich nicht nur einmal, sondern wiederholt in organisierten Prozessionen oder auf andere Weise an Gott wandten.“
Der von Boccaccio „dargestellte Rückzug des Decamerone-Kreises in eine abgelegene Gegend und der Aufenthalt in angenehmer Atmosphäre entsprachen einer Art psychohygienischer Abwehr der tödlichen Gefahr.“, kommt einem auch derzeit irgendwie sehr bekannt vor.

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Heinz Niski

Den echten Gelsenkirchener zeichnet aus, dass er Defätismus ablehnt und die schönen Seiten des Lebens betont!
Er schaut nach vorne und ergreift die Chancen. Z.B. Opium als mentaler Abwehr Zauber – haben wir nicht genügend Shisha Bars, in denen wir gemeinsam für eine bessere Zukunft Opium rauchen könnten?

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So.Jo.Ti.

ja aber das Ritual der Herstellung des Theriaks nach altem Brauch: „Der Bedeutung dieses Arzneimittels entsprechend, wurde die Herstellung des Theriaks zumeist öffentlich unter der Obhut des Rates durchgeführt.“, würde doch so Einiges von der sozialen Bedeutung, die in den Ecken und Winkeln der Stadt verloren gegangen ist, zurückholen können. Das Ganze muss natürlich mindestens über drei Tage in einer umfangreichen Zeremonie mit stadtgesellschaftlichen Feierlichkeiten umrahmt werden.

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