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Bei der (online-)Lektüre zur Wahlnachlese bin ich auf den Beitrag eines gewissen Olaf K. (Nachname von mir gekürzt) gestoßen. Der Beitrag selbst tut hier nichts zur Sache, sondern nur der Umstand, dass zu diesem Olaf K. folgende Autoren-Stichworte gegeben wurden: Aktivist, Paketzusteller bei der Deutschen Post.

Was ein Paketzusteller ist, weiß ich. Schließlich klingeln Vertreter dieses Berufsstandes häufig bei mir, auch wenn ich selbst gar keine Paketsendung bekomme. Aber meine Nachbarn sind eigentlich immer abwesend (oder tun so), wenn der Paketzusteller kommt. Und da ich – in diesem Kontext ein logistischer Nachteil für mich, aber ein Vorteil für den Paketboten – auch noch in der Erdgeschosswohnung residiere, klingeln die Paketboten – egal ob von DHL, dpd, hermes oder wie diese Unternehmen auch heißen mögen  – schon mal gerne bei mir und stellen mit um Nachsicht und Barmherzigkeit bittendem Blick die Frage: Würden Sie dieses Paket für Herrn X oder Frau Y annehmen? Und wenn man das aus Freundlichkeit bereits ein- oder zweimal gemacht hat, dann ist man schon so etwas wie ein fester freier Mitarbeiter – aber ohne Gehalt!

Also dieser Olaf K. ist schon alleine deshalb Aktivist, weil er Pakete zustellt – und das ist als Passivist ja wohl nicht zu leisten! Aber auch wenn zwischen den beiden Bezeichnungen Aktivist und Paketzusteller eine gewisse inhaltliche Schnittmenge besteht, so sind sie doch offensichtlich nicht deckungsgleich, denn das Komma zwischen den beiden Begriffen ersetzt – wie bei einer Aufzählung häufig der Fall – ein „und“. Olaf K. ist also als Paketzusteller aktiv und  Aktivist dazu.

Was ist also ein Aktivist?

Als es noch den Ostblock gab und damit auch die DDR, war die Bezeichnung AKTIVIST eine Auszeichnung für einen Menschen, der sich nach Auffassung von Partei- und Staatsführung im Rahmen des Sozialismus durch seine Arbeitstätigkeit besonders hervorgetan hatte und deshalb mit diesem Begriff geehrt wurde. Aktivist war also ein Propagandabegriff! Ein solcher „Held der Arbeit“ war in der DDR z.B.  Adolf Hennecke, der sich durch mehrfache gesteigerte Planübererfüllung bei der Partei sehr beliebt, bei seinen Arbeitskollegen aber wahrscheinlich umso verhasster gemacht hat.

Auf Olaf K., den Paketpostboten (bitte nicht verwechseln mit Josef. K, einer literarischen Figur von Kafka), trifft das Hennecke-Syndrom bestimmt nicht zu. Er ist eher ein Aktivist nach der Definition von WIKIPEDIA:

„Als Aktivist (von lateinisch „aktivus“:  „tätig, aktiv“) wird eine Person bezeichnet, die in besonders intensiver Weise, mit Aktivismus, für die Durchsetzung bestimmter Absichten eintritt. Oft sind diese im weitesten Sinn politischer Art und stammen insbesondere aus den Bereichen der Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialpolitik sowie der Bürger- und Menschenrechte. (…)

Ein Aktivist unterscheidet sich vom Politiker vor  allem darin, dass er seine Ziele nicht über direkte Teilhabe an dem formellen politischen Prozess erreichen will, etwa durch Anstreben eines politischen Amts oder Mitarbeit in einer Partei, sondern auf eher informelle Art und Weise (…)“.

Ein Aktivist zeichnet sich also durch seinen Aktivismus aus, den er aber nicht im Rahmen einer Partei ausübt, sondern informell. Also mit einem hohen Grad von Unverbindlichkeit. Und ohne, dass er Mitgliedsbeiträge bezahlen, zu irgendwelchen Parteiversammlungen gehen oder während des Wahlkampfes an Info-Ständen stehen muss.Er hat es also relativ leicht!

Folglich: Wenn Olaf K. in, wie es oben heißt, besonders aktiver Weise Pakete austrägt, ist er kein Aktivist, auch dann nicht, wenn er kein Parteimitglied ist. Wenn er als Paketbote besonders nachlässig, ja geradezu faul ist, vielleicht sogar Pakete überhaupt nicht zustellt, sondern heimlich entsorgt, weil er wegen der Planung einer neuen Kampagne oder weil er einen neuen Beitrag verfassen muss keine Zeit für das Austragen hat, dann ist er ein Aktivist. Und wenn er den Beitrag in einem BLOG veröffentlich, dann ist er sogar Blogger. Und lädt er den Beitrag auch noch auf YouTube hoch, dann ist er YouTuber, was mich zu der Überlegung veranlasst, ob gerade unter Postangestellten viele Aktivisten, Blogger und YouTuber zu finden sind, weil man ja immer wieder lesen kann, dass Sendungen (Briefe und Pakete) den Empfänger nicht oder nur mit mehrwöchiger Verspätung erreichen.

Ich werde unseren Paketboten dazu mal fragen, wenn er wieder bei mir klingelt. Und ob ich weiterhin Pakete für meine Nachbarn annehme, überlege ich mir noch!

Paketboten sollen Pakete austragen – das reicht an Aktivität!

 

 

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Peter Thiesen

Folglich sind alle Arbeitnehmer, die jeden Tag früh aufstehen, um ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen, Aktivisten. Demnach sehe ich schulschwänzende Schüler/innen, die eine Schulwoche auf eine Zeit von Montag bis Donnerstag begrenzen, um anschließend schreiend auf die Straßen zu gehen und Happinings zu veranstalten als Passivisten.

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