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Heute mit: Marktschreiern, Wegduckern und Putschisten

Was hat uns schon der FC Bayern zu interessieren, wo wir doch den FC Schalke 04 haben!? Und ja, zur Beruhigung der Nerven, natürlich auch den BVB, den VfL Bochum, den MSV, Rot-Weiß Essen, Westfalia Herne und tausend andere Ruhrgebietsvereine in allen Spielklassen. Aber mal ehrlich: Schalke ist doch unvergleichlich – ist Glanz und Niedergang, Aufstieg und Fall, Demut, Untergang, Emotion, Volksseele, Arbeit und gelegentlich Triumph. Welcher andere Verein steigert in einer Phase des Niedergangs, nahe am Abgrund stehend, seine Mitgliederzahl auf über 180000 und spielt bei jedem Heimspiel, unabhängig vom Tabellenstand, vor über 60000 Anhängern! Kein anderer Verein!

Was ist dagegen der FC Bayern, der seit Wochen nicht zur Ruhe kommt, weil die Mannschaft nicht nur im DFB-Pokal ausgeschieden ist, sondern ausgerechnet Bayer Leverkusen bereits als Meister feststeht. Da erweisen sich die Bayern als Jammerlappen, die nicht in der Lage sind, in ihren Stiefelnd aufrechtstehend, diese Niederlage zu akzeptieren, den Leverkusenern zu gratulieren und anzuerkennen, dass die Mannschaft dieses „Werksvereins“, der vielen unsympathisch ist, zurzeit eben den besten Fußball in der Bundesliga spielt und – wettbewerbsübergreifend – seit 46 Spielen ohne Niederlage ist, was bisher keine andere Mannschaft in Europa geschafft hat. Schlimm genug für die Bayern! Aber es geht noch doller!

Vor rund vier Monaten wurde die Vereinsikone Franz Beckenbauer zu Grabe getragen – doch Bayern hat noch einen Untoten zu bieten aus der Glasvitrine mit den vielen Pokalen:  den Ehrenpräsidentenfuzzi und Ex-Knacki Uli Hoeneß, der sich bei einer kürzlichen Veranstaltung der FAZ mächtig ins Zeug gelegt hat gegen den Trainer, worauf hin sich selbiger in seiner Ehre gekränkt fühlte und erst einmal in sein Taschen-Tuchel weinte. Und so bietet uns der langweilige Club von der Säbener Straße ein paar Tage vor dem Champions-League-Spiel gegen die Königlichen aus Madrid eine Kirmes-Boxbuden-Show vom Allerfeinsten – mit einem Hau-Drauf-Hoeneß in Top-Form, der seinem Würstchen-Produzenten-Imperium (Gesamtproduktionsleistung pro Tag bis zu vier Millionen Nürnberger Würstchen!!) alle Marktschreier-Ehren macht!

Während Hoeneß aus der Deckung kommt, verschwindet die AfD-Spitze in einer solchen. Genauer: Die AfD eröffnet den Wahlkampf zur Europawahl mit einer Veranstaltung, bei der der Spitzenkandidat – angeblich nach Absprache und auf eigenen Wunsch hin – nicht nur nicht als Redner auftritt, sondern überhaupt nicht erscheint, weil er „als Person nicht so wichtig ist“. Zum ersten Mal ist die AfD wirklich in der Defensive und wird zur „Wegducker-Partei“! Was die Correctiv-Märchenstunde und die Demonstrationen nicht geschafft haben, erfolgt nun ausgerechnet im Kontext von – bisher nicht belegten – Spionagevorwürfen gegen einen Mitarbeiter des Europa-Spitzenkandidaten und diesen selbst und wegen der Vorwürfe dubioser Geschäfte und Geldzahlungen mit bzw. aus Russland gegen den zweiten Listenkandidaten der AfD: die Partei hat noch keine kommunikative Strategie gegen diese Vorwürfe – ob nun zutreffend oder auch nicht – gefunden und erleidet erstmals seit langer Zeit (größere) Stimmenverluste bei Umfragen. Diese Stimmenverluste kommen allerdings bis jetzt nicht den Ampel-Parteien zugute, sondern eher der Wagenknecht-Gruppe. Ein AfD-Spitzenkandidat, der sich selbst klein macht, obwohl er bisher durchaus nicht kleinlaut aufgetreten ist, macht keine gute Figur, wenn er zu den erhobenen Vorwürfen schweigt, also vom Lautsprecher zum Lausprecher wird, anstatt offensiv aufzutreten, wenn die Vorwürfe unberechtigt sind.

Vorwürfe stehen auch immer noch im Raum, was die „Reichsbürger“ und ihren angeblich geplanten Putsch angeht. Im Dezember 2022 wurde in einer medialen Großinszenierung der harte Kern der „Putschisten“ vor laufenden Kameras verhaftet. Nun also, eineinhalb Jahre später, beginnt der Prozess gegen den „militärischen Arm“ der Gruppe in Stuttgart, an zwei weiteren Orten sollen andere „Putschisten“ zur Verhandlung antreten müssen, so in Frankfurt das „Oberhaupt“ des nach dem Putsch zu installierenden Staatsgebildes, Heinrich XIII. Prinz Reuß, berühmt wegen seines karierten Sakkos und der rostroten Hose. Was daran interessant ist, ist die Tatsache, dass seit der Verhaftung der Gruppenmitglieder nichts Neues zutage gefördert worden ist. Das ist ein Grund dafür, warum die Presse nichts anders tut, als zum Prozessauftakt die alten Fotos aus dem Jahr 22 noch einmal zu präsentieren, die die Verhaftung des Prinzen zeigen, und die immer gleichen dpa-Meldungen nachzukauen, etwa über die Waffen der Gruppe: die 380 Schusswaffen, die beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen sowie die mindestens 148000 Munitionsteile. Das alles klingt dramatisch und gefährlich – und soll es wohl auch. Dass unter den gefährlichen Waffen, etliche wohl von ihren Besitzern völlig legal mit entsprechenden Waffenscheinen erworben, auch Armbrüste, Vorderlader und einiges  an historischem Gerät ist, dürfte den Prozess für Waffennarren, die Sendung „Rares gegen Bares“ und mittelalterliche Ritterfestspiele („Mittelaltermärkte“) ebenso interessant machen wie für Anhänger der „Blechbüchsenarmee“, deren Soldaten bekanntlich mit Blechbüchsen gepanzert sind und in den Produktionen „Gut gebrüllt, Löwe“ und „Don Blech und der goldene Junker“ der Augsburger Puppenkiste eine Rolle gespielt haben.

Wir dürfen also gespannt sein, was diese super-extremen, super- gefährlichen Super-Putschisten, gemessen an denen die RAF wohl eine Kindergarten-Truppe war, also tatsächlich geplant und noch tatsächlicher (nicht) in Angriff genommen haben! Und zu hoffen ist, dass irgendein netter Mensch Heinrich XIII. Prinz zu Reuß ein anderes Sakko und eine andere Hose für die Zeit des Prozesses geliehen hat. Am besten wären ein Tarnfleck-Kampfanzug und Unterwander-Stiefel!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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