5
(2)

Heute mit: Informationen zur Lage der Nation (und in Gelsenkirchen)

Vermutlich ist es ein Zufall, dass der Lokalteil eines Produkts der Funke-Mediengruppe nicht nur an einem Tag, nämlich am 13.Mai, sondern auch noch auf der ersten Seite zwei Beiträge zu Gelsenkirchen gebracht hat, die viel über die Situation der Stadt sagen. Die neue „Soko Jugend“ hat angekündigt, so die erste Meldung, sie wolle keine Gewalt dulden, weswegen sie mit einer neuen Gruppe, eben jener „Soko Jugend“, gegen Jugendkriminalität vorgehen wolle. Nach dieser Meldung sollen, so raunt es in städtischen Kreisen, ganze Heerscharen von jugendlichen Tätern im Hans-Sachs-Haus Messer und andere Hieb- und Stichwaffen abgegeben und der Gewalt öffentlich abgeschworen haben. Reueversammlungen in allen Stadtteilen, bei denen Jugendliche selbst, aber auch tief betroffene Eltern Besserung gelobten, hatten fast den Charakter von Erweckungsbewegungen, denn bisher lebten viele Jugendliche in dem Irrglauben, die örtliche Polizei fände Gewalt ganz in Ordnung und würde diese dulden. Man konnte bei diesen Veranstaltungen, so hat man uns zugetragen, Jugendliche sehen, die sich büschelweise Haare ausrissen, sich selbst ins Gesicht schlugen und riefen: „Das haben wir nicht gewusst, nein, wirklich nicht! Wir geloben Besserung und nehmen gerne an erzieherischen Maßnahmen teil und wollen „engmaschig betreut werden“, wie es die Polizei laut WAZ angekündigt hat. Bravo!

Dieser mutige Schritt wird sicher auch Ergebnisse in dem Bereich zeitigen, mit dem sich der zweite Beitrag beschäftigt, dem Bildungsbereich. Gelsenkirchen verteidigt im Bildungsbereich seit Jahren schon Spitzenpositionen, so auch hinsichtlich des Fernbleibens der Schule. Im Regierungsbezirk Münster jedenfalls nimmt Gelsenkirchen mit 497 Fällen (2023) von insgesamt 1618 Fällen unangefochten Platz 1 ein. 120 der in Gelsenkirchen registrierten Fälle waren Kinder, die trotz der Schulpflicht überhaupt nicht in der Schule aufgetaucht sind, u.a. weil sie wegen des Kindergeldbezugs hier angemeldet sind, aber nicht hier leben. Bevor es im Bereich des Schwänzens zu Sanktionen kommt (Bußgeldverfahren, Zwangsgeldandrohung etc.), sollen „pädagogische Maßnahmen durch die Schulen“ greifen (WAZ).

Man stelle sich, um die beiden Beiträge zu verbinden, nun einmal vor, die bisherigen Übeltäter greifen nicht mehr zu Messern, sondern zu Büchern, um in der Schule voranzukommen, und zugleich gehen alle Schulschwänzer zielstrebig zum Lernen in die Schule. Das würde die Situation in den Klassen (Lehrer-Schüler-Relation) deutlich verschlechtern. Wie und wo soll die Stadt die bisherigen 497 Schwänzer denn unterbringen? Das wären ja 20 Klassen mit 25 Kindern – wo sollen die Räume und Lehrkräfte denn herkommen, um diese Kinder „zu beschulen“, wie es so schön heißt? Und zugleich wird die wahre Schule, die Schule des Lebens, vernachlässigt, denn auf den Straßen und Plätzen fehlen plötzlich die Fachkräfte in den Bereichen Taschendiebstahl, Raub, Körperverletzung und gewerbsmäßiges Betteln! Ein Widerspruch, den aufzulösen, eine kommunalpolitische Aufgabe ersten Ranges wäre! Mal sehen, ob eine der Rathausparteien dieses Problem erkennt und anpackt!

Anpacken oder besser einpacken ist bei Vaillant (das ist die Firma mit dem Hasen) angesagt. Das Heizungstechnikunternehmen will in Deutschland 300 Stellen abbauen (von rund 5000), weil auf europäischer Ebene der Markt für Heiztechnik im Jahr 2023 rund 10% unter dem Vorjahresniveau geblieben ist. Um 9,4% ist 2023 der Markt der Möbelindustrie eingebrochen, was besondere Auswirkungen bei der in Ostwestfalen-Lippe ansässigen Möbelindustrie zur Folge hat, denn dort sind rund 150 Betriebe beheimatet, die rund 30% des bundesdeutschen Umsatzes dieser Branche erwirtschaften.

Gleich 1400 Arbeitsplätze werden wohl bei Kaufhof-Karstadt endgültig verloren sein, darunter 400 aus der Essener Zentrale (die nach Düsseldorf verlegt werden soll). Da stimmt es doch froh, dass die Bundesnetzagentur die Netzbetreiber aufgefordert hat, bis 2030 alle noch vorhandenen Funklöcher zu stopfen. Weniger Jobs, weniger Einkommen, weniger Heiztechnik, weniger Möbelbau und weniger Funklöcher – das ist doch mal eine Perspektive. Wer wollte sich nicht immer schon mal mitten im tiefen Wald telekommunikativ unterhalten? Dem Wald wird es egal sein, wer da was wem mitteilt!

Wobei: Der (deutsche) Wald ist im Grunde nur noch ein Mythos aus der Epoche der Romantik, denn er ist heutzutage überwiegend forstwirtschaftlich bearbeite Nutzfläche und Heimat des Borkenkäfers! Der war den Malern der deutschen Romantik noch unbekannt. Bekanntlich gibt es aber in Gelsenkirchen einen „Waldkindergarten“. St. Felix (mit 45 Plätzen) liegt auf dem Campus des Marienhospitals in der Nähe zum Rhein-Elbe-Park. Die Kinder sind in umgebauten Bauwagen untergebracht und sie täglich draußen in der Natur. Wäre das nicht vielleicht etwa für die rund 500 Schulschwänzer: Eine Wald-Schule mit Nähe zur Natur und zum Borkenkäfer.

Mit Hermann Hesse gesagt: „Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum.“

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 2

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
2 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Ali-Emilia Podstawa

Auf X sammelt jemand Presse-Meldungen zu Werkschließungen, Standortumzügen ins Ausland, Insolvenzen in Deutschland. Immer sind hunderte bis tausende Beschäftigte betroffen von dem zwangsweisen Arbeitsplatzabbau.

Dies ist die Liste der Unternehmen, die sich seit Februar dahingehend geäußert oder bereits Nägel mit Köpfen gemacht haben. Betrachtet man die Namen, so könnte man durchaus behaupten, dass es momentan an die Substanz der deutschen Volkswirtschaft geht.

Ruhrchemie, Infineon, Alstom, Motherson, Heubacher Gruppe, Ronal, Gienanth, Dormakaba, Brandstätter/Playmobil, Sachsen-Guss, Franken-Guss, AMS-Osram, Deutsche Edelstahlwerke, Heubacher Gruppe, Hülsta, Sartorius, Continental, 3M, Tadano, Daimler Truck, Flender, Danish Crown, Grundfos, Evonik, Tesla, Santander, Nürnberger, Süddeutsche Zeitung, Illig, Depot, Vodafone, Marelli, SKF, TDK Heidenheim, Bertelsmann, DBCargo, Michelin, Webasto, Zalando, BP, Evonic, Eissmann, BSH, NewWork/Xing, DPD, BASF, Landliebe, ThyssenKrupp, Hella, BodyShop, Venator, Magna, Hypovereinsbank, SOliver, Deutsche Bank. Ritzenhoff, ZF, Conti Tech, Mercedes, Bayer, Viessmann, Bosch, Galeria, Signa, Vionfood, Meyerburger, Miele, Brose, VW, Wintershall, Sofware AG, SAP, Arko, Hussel, Eilles, T-Systems, Unilever, Kärcher …

Gelsenkirchen ist durch BP und ZF direkt betroffen. Bei ThyssenKrupp in Schalke weiß man noch nicht um die Auswirkungen auf den Standort.

1
0
Last edited 2 Monate zuvor by Ali-Emilia Podstawa
Ali-Emilia Podstawa

Nachschlag von heute: Vaillant baut 300 Stellen in Deutschland ab.

0
0