„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ Albert Camus
In dieser Ausgabe springt uns das Absurde nicht an einer Straßenecke an, sondern aus Bayreuth. Aus dem Festspielhaus. Und zugleich aus den Räumen des Staatsministeriums für Kulturbeutelverwaltung und Medimaunterwäsche. Und da purzeltbaumt sie auch schon herein, die Ministerin, die erfolgreich zwei Semester Theaterwissenschaften, Geschichte und Germanistik studiert hat, um sich eine solide wissenschaftliche Grundlage zu verschaffen. Holterdiepolter und rumsdibummsfiderallala hat sie sich dann in der freien Theaterszene als „Dies und Das“ bewährt, bevor sie in die Musikszene wechselte, dort einem Mitglied der Gruppe „Bau, Steine, Erden“ -nein „Ton, Steine Scherben“ menschlich näherkam, diesen Mann durch ihre überbordenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Literaturgeschichte und Literaturtheorie richtig rattig machte und deshalb die Band-Kasse verwalten durfte. Als die Band sich nach einer Tournee, die unsere Ex-Studentin managte, wegen leeren Geldbeutels und auch sonst auflöste, ging sie in die Politik. Und wir sehen: geht doch! Und als Kulturbeutelpurzlerin durfte sie ihre bisherige Laufbahn krönen und hatte plötzlich Ministerinnen-Status.
Und als Staatsministerin für Kulturbeutel und Medimawäsche hat sie jetzt mal eben rausgeschossen, dass man in Bayreuth doch auch anderes spielen könne als Wagner. Ja, sicher doch! Vielleicht mal Kinderstücke: So etwas mit Belehrung. Ein Buch des Wirtschaftsministers mal vorlesen oder als Gesangsstück aufführen, so etwas vielleicht. Oder etwas mit einem Zauberer. Der könnte einen Pelikan-Farbkasten mit 12 Farben unter ein Tuch mit antisemitischen Malereien legen (die hat Roth bestimmt von der documenta noch irgendwo in einem Tresor), einen Zauberspruch murmeln, und dann ist der Zauberkasten verschwunden und unter dem Tuch kommt die Ministerin hervor, in einem ganz knallbunten Tigerkostüm oder auch als Richard Wagner.
Und weil alle ihre Vorschläge so toll fanden (wie auch schon ihren Auftritt bei der Berlinale, als sie die antisemitischen Vorträge bei der Preisverleihung beklatscht hat) und sie in der Presse so tolle Reaktionen bekommen hat, hat sie gleich einen Purzelbaum und nach einem Tag, also einen Tag nach ihrem Vorschlag, schon wieder eine vegane Frühlings-Rolle rückwärts gemacht und gesagt: So war das nicht gemeint. Ich habe nur gemeint, dass Bayreuth eben Wagner ist. Dieses Bayreuth! Und Wagner ist Bayreuth. Und wenn es Wagner und Bayreuth nicht schon gäbe, dann müsste man das glatt erfinden. Aber braucht man jetzt nicht. Ist irgendwie schon da. Und ich bin die Claudia, und ich kann gut Börek machen! Und deshalb bin ich auch Ministerin geworden, weil der Olaf gesagt hat: Börek, finde ich gut!
Und damit ist alles gesagt!
Vorsicht! Börek sind üblicherweise nicht vegan!
Hallo, ich sage mal: der bosnische Teil meiner Familie bietet immer eine Fleischvariante an, eine vegetarische (Spinat, Käse). Bei Wikipedia findet sich in der Einleitung: Börek ist ein unter anderem in Anatolien, im Nahen Osten und im Balkan verbreitetes Teiggericht, das vermutlich im Osmanischen Reich entstanden ist. Börek wird aus Yufka-Teighergestellt und mit einer würzigen Füllung gefüllt, beispielsweise aus Hackfleisch, Schafskäse, Spinat oder anderem Gemüse und Petersilie. In verschiedenen Balkanländern ist Börek je nach Füllung ein Alltags- oder Festessen und wird auch kalt als Imbiss angeboten.
bei mir steht was von einer veganen Frühlingsrolle, aber trotzdem: zum Thema Börek siehe den zweiten Beitrag
Viel Lärm um nichts. Grade von Leuten die Hänsel und Gretel nicht vom fliegenden Holländer unterscheiden können. Rotkäppchen kann und darf sich nicht einmischen und ist schon ganz schnell zurückgesegelt. Eine Meinung darf auch sie haben, gell?
“Hänsel und Gretel” von Engelbert Humperdinck hatte sie vorgeschlagen, um ein Beispiel für andere Inhalte zu nennen. Dass sie ganz schnell “zurückgesegelt” ist (bei mir eine Frühlingsrolle rückwärts) habe ich doch geschrieben.Aber wichtig: Staatsministerinnen dürfen eine Meinung haben, aber wenn sie sie äußern, haben sie nicht nur eine Meinung, sondern auch eine Absicht, nicht wahr oder auch ne oder woll!
Ob sie eine Absicht hatte, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht war es im Anbetracht des schwindenden Interesses für die Festspiele auch nur ein Rat? Was mich an der Sache stört ist der geheuchelte Aufschrei für die Freiheit der Kunst, derer im grünen Loden gehüllten Wagnerverklärer, die an anderer Stelle als reaktionäre, deutschtümelnde Sitten- und Brauchtumswächter die Freiheit der Kunst mit Füßen treten (oder einfach nur Budgets kürzen).
Man kann sich Wagners Musik schwer entziehen, aber er war ein fieser Antisemit und deshalb finde ich dieses Gewese um Bayreuth nur überzogen.
Ich kann in etlichen Punkten zustimmen:Auch ich finde das Wagner-Gewese nervig, und das Weihevolle ist eine gespreizte Form der Selbstüberhöhung der “Wagnerianer” und ihrer Selbstdarstellungsverrenkungen. Und die Diskussion über den Anti-Semiten ist etwa so andauernd wie die über den Anti_Semiten Luther.
Was mich nervt, vielleicht hätte ich das eindeutiger formulieren sollen, ist das einfach mal so Hineingerufene, ja machen wir doch mal dies, machen wir doch das. Unüberlegt, aus der Hüfte heraus. Das schnelle Zurücknehmen der Position ist der eigentliche Mangel. Roth hätte ja eine Diskussion eröffnen können:Ist das nicht überholt, dieses Getue um den Grünen Hügel? Ist das nicht zu elitär, zu teuer, zu abgehoben? Wie ist es mit der Kunst und der gesellschaftlichen/politischen Haltung des Künstlers? All das sind gute Fragen, die in dem Beitrag von Ihnen angeschnitten werden und -aus meiner Sicht – fruchtbar sein können. Aber genau das hat Roth mit ihrem hingerotzten Statement verhindert!
Da bin ich voll dabei.