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Heute mit: Einsichten, Ansichten und Absichten

Da hat unsere Außenministerin bei ihrer Stippvisite in Israel den Staatsführern den Rat gegeben, „kluge Zurückhaltung“ walten zu lassen, was eine militärische Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel betrifft: „Ich rede hier von einer klugen Zurückhaltung, die nichts weniger ist als Stärke“. Baerbock warnte vor einer „Eskalationsspirale“. Benjamin Netanjahu hat sich für die Rat- und Vorschläge freundlich bedankt und Baerbock dann ebenso freundlich eine verbale Watsche verpasst mit den Worten: „Ich schätze das, aber ich möchte klarstellen, dass wir unsere Entscheidungen selbst treffen werden.“

Rote SonneOffensichtlich hat er Baerbock nicht den Ratschlag geben, ihren Vorschlag der Zurückhaltung einmal auf sich selbst anzuwenden und nicht anderen Ländern, zumal solchen, die mit über 300 Drohnen und Raketen angegriffen worden sind, gute Ratschläge zu erteilen. Von Israel flog Baerbock übrigens nach Capri, wo, wie es in dem alten Schlager heißt, die rote Sonne im Meer versinkt und das G 7-Gipfeltreffen stattfindet. Schade, dass Netanjahu Baerbock diesen Ratschlag wohl nicht gegeben hat, denn dann könnte die Ministerin, bei Capri die Sonne beobachtend, einfach mal nichts sagen und sich nur entspannen. ***

Entspannen scheint nämlich die Lieblingsbeschäftigen der Deutschen zu werden, die sich von der Arbeitsdisziplin verabschieden und eher nach der Work-Life-Balance suchen. So hört man es neuerdings immer öfter, manchmal auch drastischer formuliert, wenn die Deutschen schon als „faul“ gelabelt werden. Die alte deutsche Neigung, sich zu Tode zu schuften oder mindestens bis zum Umfallen zu arbeiten, ist wohl etwas aus der Mode gekommen. In nüchternen Zahlen: Nach einer OECD-Studie, durchgeführt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), arbeiteten die Deutschen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren im Jahr 2022 im Durchschnitt (nur) noch1031 Stunden. Sie lagen damit deutlich unter dem OECD-Schnitt von 1216 Stunden. Aber wer war noch fauler? Die Franzosen (1030), die Italiener (1019), die Belgier (9906) und die Türken (860).

Und die Viel-Malocher?
Besonders arbeitswütig sind der IW-Erhebung zufolge die Einwohner Neuseelands, die auf 1.393 Arbeitsstunden kommen. Danach folgen Tschechien (1.324), Australien (1.319), Polen (1.295) und die USA (1.291). Aber auch Niederländer (1.167), Briten (1.156) und Griechen (1.145) arbeiten mehr als die Deutschen.“**** Quo vadis, Germania? Wenn das so weitergeht, mutieren wir alle noch zu lebensfrohen Menschen, die ,mit einem Cocktail oder einem Glas Prosecco in der Hand, auf dem Balkon oder der Terrasse oder in einem Straßencafé sitzen und unseren  Nachbarn aus anderen Ländern  bei der Arbeit zuschauen. Unser Nichtstun nennen wir dann „kluge Zurückhaltung“!

Dabei ist Nichtstun nicht angezeigt, denn eine schöne und notwendige Tätigkeit kann auch darin bestehen, die „Demokratie leben“ zu lassen oder daran teilzunehmen, sie leben zu lassen. Das kann man in dem Projekt von Ministerin Paus tun, denn das Ministerium geht Kooperationen mit Städten und Kreisen ein, die die „Demokratie leben“ lassen wollen. Die Städte müssen entsprechende Projektanträge stellen und dann fließt Geld aus dem Topf „Demokratie leben“. Was alles finanziert wird, ist auf der Seite des Ministeriums veröffentlicht. Für Gelsenkirchen habe ich für das Jahr 2024 noch nichts gefunden, für die Nachbarstadt Herne schon (Gesamtfördersumme 2024 für Herne: 160 000 EURO). Ein Projekt findet am 11. September 2024 von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr statt, ist kostenlos und wendet sich besonders an „ Ersthelfer:innen (Feuerwehr, Polizei, Sanitätsdienste) sowie Personen, die im Bereich der Krisenintervention tätig sind.“ Dieser Personenkreis soll bei der Fortbildungsveranstaltung darüber informiert werden, wie „Queerspezifische Bedürfnisse in Notfallsituationen“ zu berücksichtigen sind. Im Text zur Fortbildung heißt es u.a.:

So ist für queere Menschen das Risiko, physisch oder mental zu erkranken, höher als im gesellschaftlichen Durchschnitt. Der Konsum bestimmter psychoaktiver Substanzen ist stärker vertreten, als bei anderen Veranstaltungen. Im Rahmen des CSDs war das Auftreten oder die Auswirkungen von Angst- oder Panikgefühlen, einer höheren Prävalenz von Selbstverletzung, suizidalem Verhalten, aber auch sekundären Auswirkungen von Körperdysphorie in erhöhtem Maße zu beobachten.

Wenn ein*e queere*r Jugendliche*r im Rahmen eine CSDs in eine Situation gerät, in der er*sie auf medizinische oder psychologische Unterstützung angewiesen ist, dann ist es hilfreich ein gewisses Grundverständnis für verschiedene Umstände zu haben, die in den Leben der Betroffenen eine Rolle spielen können. Bspw. stellt die standardisierten Datenabfragen bei medizinischen Behandlungen eine enorme Hürden für die Betroffenen dar, weil sich beispielsweise die in Gebrauch befindlichen Namen nicht mit denen auf den Ausweisdokumenten decken, oder weil diese Menschen bei vorliegender Minderjährigkeit nicht wollen, dass sie durch die Benachrichtigung der Sorgeberechtigten unfreiwillig geoutet werden.“*****

Das kann man ja verstehen, dass ein Jugendlicher oder eine Jugendliche oder ein Jugendlichender, der, die, das  sich irgendeine Substanz eingeworfen oder eine Panikattacke hat, vor den lebensrettenden Maßnahmen darauf besteht, mit dem selbst ausgesuchten Namen und den entsprechenden Pronomen angesprochen zu werden und dass der Retter/die Retterin versichert, gegenüber den Eltern und Elter 1 und Elter 2 keine Angaben darüber zu machen, dass ihr Peter eigentlich Petra genannt werden möchte und nicht nur jung ist und auch nicht schwul oder lesbisch, sondern bi, pan, queer oder sogar asexuell und sich selbst als Einhorn sieht und dass es deshalb nichts wird mit Hochzeit und Enkelkindern.

Das alles ist zu lernen in zwei Stunden von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr in Herne als Teil von „Demokratie leben“. Herne bekommt für seine Projekte 160 000 EURO, was garantiert, dass die Demokratie lebt, jedenfalls in Herne und in Bezug auf „queerspezifische Bedürfnisse“.

Da bleibt nur zu hoffen, dass der Personenkreis der „Ersthelfer:innen (Feuerwehr, Polizei, Sanitätsdienste) sowie Personen, die im Bereich der Krisenintervention tätig sind“ nicht zu denen gehören, die nur 10ß31 Stunden im Jahr arbeiten, sondern auch noch Lust und Zeit haben, etwas über „Queerspezifische Bedürfnisse in Notfallsituationen“ zu lernen und das Gelernte später auch anzuwenden! Damit die Demokratie auch lebt – und nicht nur der Patient in einer Krisensituation!

 

 

*** Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt
Und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt
Ziehen die Fischer mit ihren Booten aufs Meer hinaus
Und sie legen im weiten Bogen die Netze aus.

(Rudi Schurike , Capri -Fischer, 1943

https://www.youtube.com/watch?v=09KWMUOyP6E

**** https://regionalheute.de/studie-deutsche-arbeiten-im-oecd-vergleich-deutlich-weniger-1713394923/

*****

https://pfd-herne.de/event/queerspezifische-beduerfnisse-in-notfallsituationen/

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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