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Endlich hat die Rebellengruppe „Ultras GE“ wieder einmal mutig und revoltierend zugeschlagen, entfremdete Räume markiert mit der eingängigsten Losung gegen Staat, Autorität, Unterdrückungsstrukturen: „Alle Bullen sind Schweine,“ so lese ich, begleitet von einem kryptischen „S04“ Kürzel.

Dies in Sichtweite des Hans Sachs Hauses, als Augenschmaus aller Ratsherr:I:nnen und sonstigen Würdenträger:I:nnen. Immerhin hat dieser Leerstand nun eine neue Funktion, aufzuzeigen, dass eine Gruppierung in Gelsenkirchen jede freie Wand, jede Scheibe, jedes Haus, jede Brücke, jeden Stromverteiler, jede Poststation, jede Parkbank, jeden Container, als Werbefläche für ihren Widerstand reklamieren darf, ohne dass irgendjemand öffentlich Einwände erhebt.

Jede Stadt bekommt die Kunst im öffentlichen Raum, die sie verdient. Gelsenkirchen hat es sich hart erarbeitet, Oberfläche zu sein für „Azuls“, „ACABS“, für die egoshooter Tags. Die Mischung macht es, die Mischung aus herrenlosen Einkaufswagen, frei umherschweifenden wilden Müllkippen, Augen beleidigenden Ultra Tags.

Wenn schon das ehemalige Amtsgericht in der Overwegstraße nicht abgerissen oder einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden kann, warum überlässt man es den Ultras GE, dort die Fensterfront zu „gestalten“?

Warum kann man aus dem Gebäude nicht „Kunst im öffentlichen Raum“ machen und mit den Glasflächen spielen, statt im Herzen der Stadt den Ruf von den „Walking Dead“ Dystopen durch die Ultras zu zementieren und zu beweisen, dass sogar direkt gegenüber des Rathauses allen alles am Arsch vorbei geht.

Hauptsache wir knallen denglisch Werbeblättchen raus für die Fußball EU und wundern uns dann, dass man Stadt und Bürger für minderbegabt hält.

 

Siehe auch „Die Drohung von Krämerseelen“

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Von Heinz Niski

Handwerker, nach 47 Jahren lohnabhängiger Arbeit nun Rentner. Meine Helden: Buster Keaton, Harpo Marx, Leonard Zelig.

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Bernd Matzkowski

Gelsenkirchen führt bekanntlich einen millionenschweren Kampf gegen Schrottimmobilien. Wem gehört eigentlich dieses Verfallsprodukt in der Stadtmitte (bald in unmittelbarer Nähe des Projekts „Bildungscampus“), das jedes Auge beleidigt? Vielleicht ist der Schriftzug auch von der Stadtmarketing beauftragt worden, um Gelsenkirchen für die EURO 24 einen zusätzlichen internationalen Anstrich zu verpassen. Ausschließen kann man das ja nicht – bis zum Beweis des Gegenteils werde ich das jedenfalls behaupten!

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Ali-Emilia Podstawa

In vor Selbstbewusstsein strotzenden Städten verhängt man während der Sanierung von Gebäuden die Baugerüste mit Planen, auf denen die beabsichtigte Gestaltung der Fassaden bereits vorweggenommen wird. Diese Technik des schönen Scheins könnte in Gelsenkirchen während der Europameisterschaft die Illusion einer prosperierenden Metropole schaffen, wenn man dazu ein paar Millionen aus dem Topf zur Bekämpfung von Schrottimmobilien verwenden würde.
 
Für das Rathaus in Buer, so stand es vor Wochen zu lesen, soll in Gedenken an Feldmarschall Grigori Alexandrowitsch Potjomkin (auf Deutsch Gregor Alexandrowitsch Potemkin) die zerfetzte Hülle des zur Sicherung der Fassade aufgebauten Gerüstes ersetzt werden, damit die Besucher aus Europa nicht den Eindruck bekommen, die öffentlichen Gebäude Gelsenkirchens jenseits des HSH seien verwahrlost, eine Beleidigung für das Auge des Betrachters oder ein Zeichen dafür, dass es steil abwärts gehe mit den Träumen der hiesigen Gesellschaftsklempner. Dem ist natürlich nicht so.
 
Das Rathaus wird derzeit lediglich von der Natur und ihren Kräften beschleunigt zurückerobert. Was unsere Vorfahren dort auf dem Goldberg einst auftürmten, wird nun als gelebte Generationengerechtigkeit kontrolliert dem Kreislauf des Werdens und Vergehens wieder zugeführt. Das ist gelebte Nachhaltigkeit.

Sobald die EM vorbei ist, wird weniger wieder mehr sein! Wer könnte etwas dagegen einwenden? Und womit denn?

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Ro.Bien.

Soweit ich weiss, wollte die EVK dieses Augenschmauses „umwandeln“. Da hat man sich aber vorrangig zu einem Millionschweren Schulterschluss mit anderen Krankenhäusern zusammengetan, unter Prüfung des Kartellamts. Was mit deren marodem 70er-Jahre-Verwaltungsgebäude im Schatten des illustren Gebäudensembles vom Margarte-Zingler-Platz wird, dürfte auch noch interessant werden.

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