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(M)EINE PARTEI VERSCHWINDET -SPD bei unter 20%-

            „Ein Gespenst geht um in Europa“, schrieben einst gemeinsam der Zauselbart aus Trier und der Zauselbart aus Wuppertal. Und ihr Manifest kündete vom Aufstieg der Arbeiterbewegung, den Ideen des Sozialismus und der Organisation der Arbeiterklasse.

Und wieder geht ein Gespenst um! Diesmal aber ist es das Gespenst des Abstiegs aus der Bundesliga der Parteien. Und betroffen ist die Sozialdemokratie, seit geraumer Zeit bei Umfragen um die 20% dümpelnd, nun aber in einer Umfrage erstmals unter 20% gerutscht.

Das nehme ich mit Wehmut wahr und erinnere mich an die Zeit, als ich mit Tausenden Willy Brandt bei einem Wahlkampfauftritt in der Westfallenhalle Dortmund bejubelte. Ja, das Parteibuch hatte ich eine Zeit lang in der Tasche – und habe sogar in die Sterbekasse eingezahlt. Aber das war ja nicht auf die Partei bezogen!  Dann habe ich mich irgendwann zunächst innerlich von meiner SPD verabschiedet und schließlich auch äußerlich. Ich habe einfach keine Beiträge mehr bezahlt!  Und die SPD hat mich auch nicht ausgeschlossen – obwohl ich mich für einige Zeit im linksradikalen Weltrevolutionsfieberwahn befunden habe und irgendwann aber die Kurve kriegte und bei den GRÜNEN eintrat (die ich allerdings vor kurzem nach gut 30 Jahren Mitgliedschaft verlassen habe).

Trotz der langjährigen intensiven (kommunalpolitischen) Tätigkeit für die GRÜNEN bin ich immer noch der SPD verbunden geblieben, jedenfalls gedanklich. Ich glaube, dass ich im Stillen und ganz heimlich gehofft habe, dass meine alte Liebe sich noch einmal so entwickeln würde, dass ich mich mit gutem Gewissen erneut zu ihr ins Bett legen könnte. Bis heute hat sie mich in dieser Hinsicht aber enttäuscht. Und das ist nicht nur eine Frage der handelnden Personen, wenn auch nach einer Lichtgestalt wie Willy Brandt und dem auf schäbige Weise gestürzten Helmut Schmidt (eine politische Bewertung seiner Kanzlerschaft spare ich mir hier), nur noch Kräfte der zweiten Wahl die Partei geführt haben. Personen in Führungspositionen sind nicht alles bei einer Partei, können aber doch einen entscheidenden Faktor darstellen (siehe etwa Kretschmann als jüngstes Beispiel).

Der Niedergang der SPD ist aber nicht (nur) eine Folge davon, dass Schlaftabletten, die sich im gräflichen Pool auflösten, krakelende Politdarsteller und Gaszähler-Ableser in Brioni-Anzügen  oder ein politischer Wackelpudding die Partei geführt haben bzw. führen, sondern wesentlich der Entsozialdemokratisierung der SPD geschuldet.

Es scheint so, als habe die SPD aus dem Aderlass, den ihr die Öko-Bewegung (Gründung der Grünen) und die Gründung der Linken beschert haben, nichts gelernt hat – wie sie ja auch dem Aufkommen der AfD hilflos gegenüber steht. Davon, dass sie sich von der CDU und der CSU teilweise das sozialpolitische Profil vom Butterbrot nehmen lässt, mal ganz abgesehen.

Mit Entsozialdemokratisierung meine ich hier nicht das Festhalten an einer Kernwählerschaft in der Arbeiterklasse, die es so wie in den Hochzeiten der Nachkriegs-SPD ja nicht mehr gibt, auch nicht das Festhalten am Gartenzwerg-Parteileben oder an der Notwendigkeit einer Ochsentour, um in der Partei etwas zu werden. Ich meine damit das Fehlen jeglicher über den Suppentellerrand des Tagesgeschäfts hinaus weisenden  Perspektive, in die Lösungsansätze für die Probleme des gegenwärtigen Alltags eingepasst sind, sozusagen die Fortsetzung des Brandtschen „Mehr-Demokratie-Wagen“ für das 21. Jahrhundert. Eine Vision (ja, ich benutze den Begriff wegen des Schmidtschen Diktums hier ganz bewusst) von unserem Leben und Zusammenleben, von unserem Wirtschaften und unserem Handeln, von unserem gesellschaftlichen und politischen Tun und Lassen in unserem Jahrhundert.

Es müsste ja nicht gleich wieder ein „Manifest“ sein – wie dunnemals- aber so in die Richtung sollte es schon gehen! Jedenfalls sollte nach der Lektüre klar sein, warum man die SPD noch wählen soll und warum sie gebraucht wird. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?

 

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