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Es gibt drei Arten von Köpfen. Die erste sieht Alles von selbst ein; die zweite begreift es, wenn Andre die Sache darlegen; die dritte sieht nichts ein, weder von selbst noch durch die Bemühungen Andrer. Die ersten sind die vorzüglichsten, die zweiten sind noch immer vortrefflich, die letzte Art ist aber zu nichts nutze.(Niccolò Machiavelli, Von den Ministern)***

Hat sich seit 1513, als Machiavelli sein Werk „Il Principe“ verfasste, sehr viel geändert in Bezug auf die „Köpfe“, also die Minister, die im Kabinett zu finden sind? Gut, die Bundesrepublik hat eine andere Staatsform als das Venedig Machiavellis und der damals dort herrschenden Medici. Aber was die Minister angeht?

Schaut man auf die etwas mehr als zwei Ampel-Jahre wird man überwiegend Vertreter der Kategorie Drei („zu nichts nutze“) finden, wobei die herausragende Gestalt unzweifelhaft Robert Habeck ist. Das ist nicht nur dadurch leicht zu erklären, dass er ein besonders wichtiges Amt innehat und zugleich Vizekanzler ist, sondern hat auch sehr viel mit ihm selbst zu tun.****

Habeck war der Shooting-Star der GRÜNEN. Dass er nicht Spitzenkandidat bei der letzten Bundestagswahl geworden ist und damit “Kanzlerkandidat“, war ausschließlich der parteiinternen Quotierungsregelung der GRÜNEN geschuldet, die die Plapperpuppe Baerbock auf Platz EINS der Liste gespült hat.

Baerbocks intellektuelle und sprachliche Bescheidenheit offenbarte sich bereits während des Wahlkampfes überdeutlich, Habeck aber schaffte es, das Image des tiefgründigen Politikers neuen Typs zu generieren und aufrecht zu erhalten. Jedenfalls gelang dies so lange, wie sich Habeck im luftigen Raum des Allgemeinpolitischen bewegen konnte, im Bezirk der Vision und des Wortgeklingels.

Mit der Übernahme des Ministeramtes änderte sich das. Habeck sah sich auf einmal mit konkreten Anforderungen und Problemen konfrontiert (Gestaltung des Heizungsgesetzes) und hatte es vermehr mit echten Menschen zu tun und Vertretern von Interessengruppen. Solange er sich in der GRÜNEN Blase der Parteimitglieder und Sympathisanten (auch in den Medien!!) bewegen konnte, hatte der Schwadroneur des wohlklingenden Sprachperlenspiels, der Magier der Verheißungen und der Prior der rhetorischen Wolkenschieberei Aufmerksamkeit, Zustimmung und Sympathie für seine Worte zu erwarten, so dass er selbst wohl anfing zu glauben, was er parlierte. Nun aber trat ihm die Wirklichkeit entgegen – in Gestalt realer Probleme und realer Menschen, die es tatsächlich wagten, ihm zu widersprechen, ihn auszupfeifen, ihn lächerlich zu machen.

Diesen Herausforderungen neuer Art war (und ist) Habeck nicht gewachsen. Und dass er von Schmeichlern umgeben ist, was ihm natürlich über weite Strecken als ein Wohlfühlschaumbad erscheinen musste, erweist sich nun als Nachteil. Denn Fehler bzw. Fehlentscheidungen, für die er verantwortlich ist, kann er sich nicht eingestehen. Kritik kann immer nur bösartig sein, muss abgewehrt werden, weil er sie nicht als auf die Sache gerichtet sehen kann, sondern nur als Unterminierung seiner Position und seiner selbst.

Im Bundestag, in der Auseinandersetzung mit den Bauern, in der Debatte um Haushalt und Wirtschaftslage und „sein“ Heizungsgesetz hat er sich nicht nur zunehmend dünnhäutig gezeigt, sondern vor allem beratungsresistent! Und besserwisserisch! Das hat auch und besonders seine schnippische und beleidigte Reaktion auf die Anmerkungen des Bundesrechnungshofes während seiner Reise in die USA deutlich gemacht!

Habeck kommt in die USA aus einem Land mit miesen Wirtschaftsdaten, das in der EU wirtschaftlich abgehängt ist, er kommt mit einer Energiepolitik, die bestenfalls Kopfschütteln erntet, aber immerhin für ein neues Absatzgebiet für US-amerikanische LNG-Exporte gesorgt hat, er kommt zu einem Zeitpunkt, der durch Abwanderung deutscher Firmen (auch) in Richtung USA bestimmt ist. Und er kommt in ein Land, das über Steuergutschriften die heimische Industrie massiv unterstützt (Inflation Reduction Act) und es Konkurrenten nach Möglichkeit schwer macht, auf dem Markt als Exporteure Fuß zu fassen, es sei denn, sie verlagern gleich ihre Produktion in die USA. Da wird Habeck auch von der eignen Vergangenheit eingeholt – und womöglich erscheinen ihm nachts Chlorhühnchen im Traum, denn es wäre ihm wahrscheinlich heute lieb, hätten die GRÜNEN nicht so massiv gegen das Freihandelsabkommen TTIP gekämpft, das für deutsche Firmen einen leichteren Zugang zum US-Markt ermöglicht hätte.***** Da wäre das Chlorhühnchen auf deutschen Mittagstischen wohl doch das kleinere Problem!

Habeck, ich komme auf das Zitat von Machiavelli zurück, „sieht nichts ein“. Er steuert das Schiff auf das Riff zu, bleibt aber bockig und stur bei seinem Kurs und nimmt den Schiffbruch und das Kentern sehenden Auges in Kauf, wobei das Schiff bereits  leckgeschlagen ist. Für Habeck hat die wirtschaftliche Krise des Landes nichts mit seiner ideologisch vernagelten Politik zu tun, er findet die Ursache bei anderen Faktoren (Weltwirtschaft, Putin, Inflation, Engpässe bei den Lieferketten) und „übersieht“ geflissentlich, dass andere Länder unter den gleichen Umständen wirtschaften müssen. Das Beste, was ihm passieren könnte, wäre ein Wahlsieg Trumps – denn dann hätte er neben Putin noch einen anderen bösen Buben, der für alles Negative verantwortlich ist. Auch für das Chlorhühnchen, das immer wieder nachts durch seine Träume fliegt.

Habeck ist ein Uneinsichtiger und deshalb, mit Machiavelli gesprochen, „zu nichts nutze“.

 ***Quelle: Niccolò Machiavelli, Der Fürst, Kap. 22: Von den Ministern

https://www.projekt-gutenberg.org/machiave/fuerst/chap024.html

****Ich bin vor einiger Zeit (dankenswerterweise) darauf hingewiesen worden, dass der Begriff „Vizekanzler“ in der Verfassung nicht vorkommt, korrekt lautet die Bezeichnung „Stellvertreter des Bundeskanzlers“. Diesen ernennt der Kanzler nach Artikel 69/1 des Grundgesetzes („Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.“) „Vizekanzler“ ist also ein inoffizieller Begriff, der sich aber eingebürgert hat.

*****https://gruene-nrw.de/termin/bundesweite-grossdemonstration-stop-ceta-ttip/ (Für einen gerechten Welthandel! CETA & TTIP stoppen!).

Zum Chlorhühnchen siehe etwa:

„Warum das Chlorhühnchen in Deutschland unerwünscht ist

Karlsruhe/Hohenheim – Seit den Freihandelsgesprächen mit den USA geistert in Deutschland auch der Begriff Chlorhuhn vermehrt durch die Medienlandschaft. Was hat es damit auf sich?“ (siehe: https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/medizin-splitter/warum-das-chlorhuehnchen-in-deutschland-unerwuenscht-ist_article1405328431.html)

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ro.Bien.

Leider alles richtig.

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