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GENDERN ODER NICHT-GENDERN, DAS IST HIER DIE FRAGE

(SHAKESPEARE, HAMLET?)

Irgendwie ist das schon eine vertrackte Sache mit dieser Genderei – jenseits der Frage, ob beim generischen Maskulinum alle Geschlechter „mitgedacht“ werden oder nicht und ob wir in unserer Sprache das überhaupt zum Problem machen müssen, weil wir Kühe und Ochsen mitdenken, wenn wir von Rindern sprechen, und beim Rehwild den Bock und die Geißen (Ricken) auch. Und wir lassen jetzt auch mal außen vor, ob das Mitsprechen oder Mitschreiben der weiblichen Form (egal ob mit Sternchen oder sonst wie) oder der Rückgriff auf eine Partizipialkonstruktion, also etwa Mieter*innen oder Wohnende, nicht in eine geschlechtliche Bipolarität zurückfällt, die doch angeblich schon längst überwunden ist. The proof oft he pudding ist the eating (Skakespeare?)! Blicken wir also mal in einen Artikel der lokalen Qualitätspresse hinsichtlich des dortigen Umgangs mit dem Gendern.
Es ist ein (sehr informativer!) Beitrag über eine „Bürger-Info-Veranstaltung“ im Rathaus Buer zum Thema nächtlicher Lärm im Zusammenhang mit gastronomischen Einrichtungen, der die unterschiedlichen Positionen der Anwesenden gut darstellt. Es geht mit dem Titel der Zusammenkunft los: Bürger-Info-Veranstaltung. Wieso nicht Bürger*innen-Info-Veranstaltung, wo doch wenige Zeilen später von einer „Anwohnerin“ die Rede ist. Dann jedoch wiederum nur von „Anwohner-Beschwerden“. Anwesend waren auch die INSANE URBAN COWBOYS (Name des e.V.), die sich aber auf facebook „Insane Cowboys & -girls nennen. Weiter geht es mit einer Partizipialkonstruktion, denn es ist von „Teilnehmenden“ der Veranstaltung die Rede, weil die Begriffe Teilnehmer und Teilnehmerinnen wohl vermieden werden sollen. Es folgen „Vertreter von Polizei, städtischem Bau-Referat, Wirtschaftsförderung und des Ruhrkultur-Vereins Insane Urban Cowboys“. Jetzt wachsen bei mir die Unklarheiten: Saßen tatsächlich nur Männer auf dem Podium oder wird hier, weil es praktisch ist, doch auf das generische Maskulinum zurückgegriffen (Vertreter*innen/Vertretende als Alternative)? Es folgt ein „Anlieger“, der Polizei und KOD kritisiert (ein Anliegender oder eine Anliegende?), wobei andere „Gelsenkirchener“ (?) Verständnis für junge Leute einfordern, wobei aus den „Gelsenkirchenern“ mit Verständnis dann „Teilnehmende“ werden, die die „Bedürfnisse von jungen Leuten in den Fokus stellten“.
Der Vorschlag, die Stelle eines „vermittelnden Nachtbürgermeisters“ (kein Job also für eine Frau) einzurichten, wurde gemacht.
Festzuhalten ist auch, dass sich die unmittelbaren „Anwohner“ (der Anwohner, die Anwohnerin, die Anwohner, die Anwohnerinnen, die Anwohnenden) Sorgen wegen möglicher Lärmbelästigung machten. Aber die „Interessen von Anwohnern“ sollen nicht vernachlässigt werden, so ein Bezirksbürgermeister.
Fazit: Sieht man von der Verwendung der Partizipialkonstruktion („Teilnehmende“) einmal ab, wird in diesem Beitrag so gut wie nicht gegendert (und ich möchte sagen: zum Glück). Die eine oder andere von mir eingefügte Alternative (Klammern) macht vielleicht deutlich, wo ein Problem des Genderns im Alltag liegt – die Texte können sperriger werden, zumal häufig Partizipien nicht zur Verfügung stehen („Bürgernde“ statt Bürgerinnen und Bürger?).

*hollow (Adj.): hohl, leer, dumpf, bedeutungslos

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Die Schnalz-Klick-Glottis- und Rülpslaute, die für Geschlechtergerechtigkeit im Radio und Fernsehen stehen sollten, wurden doch kürzlich wieder vom WDR einkassiert.
Wenn die Lokalpresse merkt, dass ihre Leser den Redakteuren nur den Vogel zeigen, kommen die vielleicht auch zu einer Gesinnungsänderung.
Allerdings hätten die das schon länger bemerken müssen, wenn sie die Leserkommentare auf der Facebook Seite der WAZ studieren würden. So gut wie niemand ist dort empfänglich für den Sprach-Belehrungsjournalismus, man gendert dort nicht.

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Fra.Prez.

…und mich hat bei der Umfrage wieder einmal kein Mensch*in gefragt

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Heinz Niski

 macht ja auch die Chatbot AutomatIn. 🧐 Transhuman.

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