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Über rassistisches Eis und rassistische Kinderliteratur

Vielleicht ist das Essener Beispiel für dumme (angebliche) Anti-Rassisten schon wieder in Vergessenheit geraten? Zur Erinnerung: Da wurde der Eisdiele „Mörchen-Eis“ in Essen-Rüttenscheid  von einem (angeblichen, aber von niemandem beauftragten) Anti-Rassimus-Experten der Vorwurf gemacht, „rassistisches Eis“ zu verkaufen, weil sich auf der Eiskarte auch „Mohren-Kugeln“ befanden – und Mohr ist ja bekanntlich ein „Bäh- Wort, das man nicht mehr benutzen soll (Mohrenkopf, Sarotti-Mohr). Was der eifrige Anti-Rassist nicht wusste: „Mohr“ war der Mädchenname von Rita Mohr, der Gründerin der Eisdiele (1970). Und Rita Mohr wurde von Freunden und Bekannten „Mörchen“ gerufen, womit die Namensgebung für die Eisdiele und die Mohren-Kugeln hinlänglich erklärt ist. Gegen den Sohn der Gründerin, den heutigen Chef von Mörchen-Eis, wegen dieser Namensgebung den Vorwurf des Rassismus zu erheben, ist in etwas so sinn-und gehaltvoll, wie von Alice Schwarzer zu verlangen, ihren Nachnamen in POC (Alice Poc) umzubenennen, also in Alice People Of Colour.

Ein weiteres Beispiel für begnadete Inkompetenz findet sich in der ZEIT – früher mal eine Zeitschrift für Menschen, die sich für  Intellektuelle mit Niveau hielten, heute ein Flaggschiff der korrekten Haltung und Regierungsgesinnung). In einem Interview  darf sich eine Christiane Kassama (56) über rassismuskritische und diskriminierungssensible Pädagogik mit Kindern im Kita- und Vorschulalter ausbreiten. Auf die Frage nach „falschen“ Kinderbüchern weiß sie zu sagen:

 ZEIT ONLINE: Welche Bücher sind es in den Kitas, die ins Altpapier müssen?

Kassama:Jim Knopf wird leider noch oft gelesen. Jim Knopf reproduziert viele Klischees, zum angeblich typischen Wesen und Äußeren von Schwarzen. Jim Knopf ist so, wie sich Weiße ein lustiges, freches, schwarzes Kind vorstellen.

(Nebenbei: Dass sie bedauert, dass in vielen KITAS  noch Pippi  Langstrumpf gelesen wird, versteht sich beinahe von selbst!)

Aha, Frau Kassama weiß also, wie sich „Weiße“ ein schwarzes Kind vorstellen, nämlich „lustig“ und „frech“. Mal abgesehen davon, ob Frau Kassama auch weiß, wie  „Schwarze“ oder „Rote“ oder „Gelbe“ sich ein „schwarzes Kind“ vorstellen (oder auch ein weißes Kind), sind die Eigenschaften „frech“ und lustig“ durchaus nicht durchgängig  negativ besetzt. Entscheidender ist aber, dass  die banale Reduktion der Jim- Knopf –Figur auf diese beiden Attribute ebenso verkürzt wie Frau Kassamas Verständnis der gesamten Jim Knopf-Lukas-Geschichte oberflächlich ist und zeigt, dass sie von der Intention Endes nichts verstanden hat und ihre Lektüre des Werks bestenfalls flüchtig, vor allem aber eindimensional  war.

Es ist wie im Essener Beispiel: wer auf die ganz dicke Anti-Rassismus-Pauke haut, sollte über Kenntnis und Sachverstand verfügen und nicht nur seine fragwürdige Meinung auskübeln!

Editorischer Hinweis:

Da wir zu dem Thema „Jim Knopf“ und zum Werk Michael Endes bereits einen Artikel veröffentlich haben und Wiederholungen vermeiden wollen, verweisen wir auf den entsprechenden Link zum Beitrag im „HerrKules“. Die Quelle für das Interview in der ZEIT ist ebenfalls angegeben!

Zum Tode von Jim Knopfs Vater

https://www.zeit.de/hamburg/2020-07/rassismus-fruehbildung-kita-vorschule-paedagogik-christiane-kassama

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Grundschüler können nicht Rückwärts laufen und keine Rolle vorwärts „turnen“. Warum sollten dann Bachelor / Master / Magister zertifizierte intellektuell fähig sein, Zustandsbeschreibungen mit den immer damit gekoppelten Abgrenzungen wertneutral zu sehen, mindestens aber die ideologische Aufladung zu unterlassen?

Auch wenn es 10 000 verschiedene Begriffe, Worte, Beschreibungen für die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang gäbe, am Ende stünden immer Gegensatzpaare wie Sonne & Mond, Tag & Nacht, Winter & Sommer, Heiß & Kalt, Schwarz & Weiß, Arm & Reich, Dick & Doof. Es sei denn, die PCler und GenderInnen würden sich auf die Quantenphysik berufen.

Allmählich bekomme ich eine Ahnung, wie Pogrome entstehen. Phänomene wie Massenhysterie, Veitstanz, Beatlemania, schiitische Selbstgeißelungen, gemeinsames landesweites Weinen & Wehklagen zu Stalins/Maos/Kims Himmelfahrten, sind wahlweise spannend, lustig, unterhaltsam, skurril, geben mindestens aber tiefe Einblicke in die menschlichen Abgründe.

Die schleichenden Verbote analytisch und / oder dialektisch zu denken, die mittlerweile tief in der Gesellschaft verwurzelte Vorstellung, dass das Böse aus der Welt verschwindet, wenn man keine Namen mehr dafür hat, bedrohen alle positiven Errungenschaften der Aufklärung. Das ist weniger lustig, weniger unterhaltsam, treibt entweder in den Elfenbeinturm oder zeigt, dass man doch noch zur Verachtung fähig ist.

Ich gehe jetzt mal los und programmiere mir neurolinguistisch eine schöne Welt. Zunächst streiche ich Worte wie „Verachtung“ aus meinem Repertoire und dann schaffe ich Gegensatzpaare ab.

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Knut

Beide Beispiele haben mich auch irritiert. Zum Glück gibt es in unserer Medienlandschaft nicht nur „Die Zeit“. Hier ein ausgewogener Artikel der „Deutschen Welle“, der beide Seiten beleuchtet:

https://www.dw.com/de/jim-knopf-rassismus-michael-ende/a-54479882?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

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Heinz Niski

Lassen wir doch mal Screamin Jay Hawkins diesen Mist kommentieren – Achtung: Kunst vom schwarzen Mann (!!!!)

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