Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit verschwand im Jahre 2018 die Emscher, DIE olfaktorische und optische Landmarke und DAS Alleinstellungsmerkmal des Ruhrgebietes.
Zu spät formierte sich Widerstand der traditionsbewussten Bürger, um noch zu verhindern, dass ihnen durch die Renaturierung ein weiteres Stück Identität und gemeinsame Geschichte genommen wurde.
Was blieb, sind die Lieder und Gedichte, wie z.B. der jambische Dreiheber “Warnung an den Deichgrafen” des Arbeiterdichters Richard Limpert, der den Klassenstandpunkt geschickt mit Fragen der Ingenieurskunst verwob.
Noch im selben Jahr entstand am Stölting Habour die, mit einem Stipendium der Gelsenwasser Stiftung, in Zusammenarbeit mit der Emscherlandgenossenschaft, dem Heimatbund und dem Kleinen Museum durch Hraven Tersgelund gestaltete Plastik, “Emschergruß“.
Die Transformation des populären und beliebten Banksy Stencils in ein dreidimensionales Werk, entwickelte sich über Nacht zu einem der angesagtesten Radwegeziele des Ruhrgebietes, trifft an genau dieser Stelle doch die völlig vernachlässigte Industriegeschichte des Wasserbaus des Ruhrgebietes, auf die bäuerlichen Sagen und Mythen des einstigen Sumpf- und Schwemmlandes, um sich selbst in Gestalt einer mediterran anmutenden Marina neu zu erfinden, gleichsam wie am eigenem Schopf aus dem Wasser zu ziehen.
Längst hat sich die auf 10 000 Stück limitierte und handsignierte Miniaturreplik des “Emschergrußes” als Verkaufsschlager entpuppt und Grubenlampen, Grubenseife, Grubenabtrockentücher, Arschleder und Grubenschweißparfüms, deklassiert.
Eine Solar Emschergruß Armaturenbrett Wackelfigur kommt 2019 auf den Markt und ergänzt die jetzt schon bei Sammlern im dreistelligen Wert gehandelte Wackelskulptur für die Hutablage.
Das (gut bezahlte) Feuilleton warf Tersgelund vor, ausbeuterisch mit Heimatgefühlen umzugehen, seine Künstlerkollegen zeigten sich unisono solidarisch mit ihm und zitierten Kaiser Vespasian: Pecunia non olet!
Zunächst ´mal: diese Reihe im HerrKules hat einfach Format und hebt diese Seite intellektuell und gestalterisch deutlich von ähnlichen Angeboten ab. Der Machern der Seite, vor allem Heinz Niski, ein lautes BRAVO! Was mich am Beitrag über den “Emschergruß” allerdings verwundert, ist der Hinweis, Tersgelung habe Unterstützung von “seinen Künstlerkollegen” erfahren. Hier hätte mich mehr Präzision erfreut. Welche Künstlerkollegen sind denn da gemeint? Doch nicht etwa die selbstgefällige Szene Gelsenkirchens, die doch allzugerne wegbeißt, was Gefahr läuft, über sie selbst hinauszuweisen, weil es Format hat und das Niveau von Tiffany-Lampen-Kleberei und workshop-Naivität hinter sich lässt? Doch wohl erst recht nichtdie bei der Stadt angestellten Kulturverweser, die in ihren Asservatenkammern auch gerne mal geraubte Kunstwerke beherbegen?