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„In Paris müssen besonders große Fahrzeuge wie SUVs höhere Parkgebühren zahlen als andere. Ein Vorbild für Gelsenkirchen?“

Fragt die WAZ. ***

Da sagen wir doch: Na klar! Paris ist doch auch sonst ein Vorbild für Gelsenkirchen! Denn die Maßnahme ist bestimmt damit verbunden, dass wir auch eine Metro bekommen, die im 5-Minuten-Takt unterirdisch alle Stadtteile miteinander verbindet. Und aus der Bahnhofstraße wird eine Schampus-Allee oder wie diese berühmte Straße in Paris heißt. Und aus dem knuffigen kleinen Museum in Buer wird noch ein Louvre. Und was wichtig ist: Schlösser und Parks haben wir bereits in Gelsenkirchen!

Und überhaupt – diese Suffs. Die werden in Hamburg und Berlin gerne mal zu Dutzenden angezündet, denn das sind doch Umweltsäue – fette Karren für fette Bonzen! Aber HALT! Und mal kurz eingeparkt! Dieser Debatte liegt ein Denkfehler zugrunde. Und der lautet: SUV bedeutet großes Auto! Das ist Unsinn!

Die Bezeichnung SUV (Sports Utility Vehicle) hat zunächst mal nichts mit der Größe des Fahrzeugs zu tun, sondern ist die Bezeichnung für – im Unterschied zur Limousine – eine andere Karosserieform, deren Merkmale eine erhöhte Sitzposition und mehr Bodenfreiheit sind – mehr nicht. Die erhöhte Sitzposition bringt eine bessere Sicht auf die Straße mit sich und damit mehr (passive) Sicherheit. Und die höhere Bodenfreiheit bedeutet mehr Komfort beim Ein- und Aussteigen, was besonders für ältere Menschen ein Vorteil ist.

Die SUVs können Allradantrieb haben, müssen sie aber nicht. Im Gegensatz zu Geländewagen müssen sie auch bestimmte Parameter nicht erfüllen, etwa eine Steigfähigkeit am Berg von mindestens 30% oder eine Bodenfreiheit zwischen den Achsen von mehr als 200 Millimeter.

Was die Größe angeht: hier ist es wie bei den Limousinen und der Motorisierung. Sie variiert deutlich. Da aber die SUVs sich immer größerer Beliebtheit erfreuen (wegen der beiden oben genannten Vorteile), gibt es von vielen Herstellern mittlerweile Fahrzeuge in unterschiedlichen Größenklassen, auch im Segment kleinerer Fahrzeuge.

Ein Beispiel von vielen: Ein VW T-Cross (SUV) ist mit 4,11 Metern Länge größer als der VW Polo (4,05 Meter), aber kleiner als der VW Golf (4,28 Meter), also als der Kompaktwagen schlechthin. In der Breite tun sich T-Cross und Polo praktisch nichts (1754 mm zu 1731 mm), aber der T-Cross ist höher (1584 mm zu 1446 mm), was in Bezug auf den Parkraum keinen Unterschied macht. Geht man in das Segment der größeren Fahrzeuge, tut sich auch nicht viel an Unterschieden auf. Als Beispiel: Der AUDI A 5 (Limousine) und der Q5 (SUV) sind nahezu gleich lang (knapp unter 4,70 Meter), aber der Q 5 ist 4 cm  (!) breiter (1,89 zu 1,84 Meter). Manche Limousinen der automobilen Oberklasse und erst recht manche Kombi-Fahrzeuge (von Geländefahrzeugen und Pick-Ups ganz zu schweigen) sind nach Länge und Breite deutlich größer als viele SUVs, die wegen der Höhe aber voluminös erscheinen. Deshalb: Die Parkraumdebatte entlang der Karosserieform zu führen, ist völlig sinnentleert. Eine Scheindebatte also!

Wenn man diese Debatte überhaupt führen will, dann sollte man auf die in Anspruch genommene Parkfläche als „Kostengröße“ abheben. Das von den hiesigen GRÜNEN favorisierte „Koblenzer Modell“ gilt zunächst für das „Anwohnerparken“/den Anwohnerparkausweis in Koblenz. Die Gebühr für die rund 6000 Parkausweise des „Anwohnerparkens“ in der Innenstadt und den angrenzenden Stadtteilen wird nach der Formel „Länge mal Breite mal 45 Cent mal 52 Wochen“ berechnet.

Letztlich aber trägt diese Debatte nicht viel dazu bei, die Innenstädte zu einem qualitativ höherwertigen Aufenthaltsort als bisher zu machen – mit Bevorzugung von nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern und einem neuen Mix von Mobilität, Einkaufen, Wohnen, Leben und Arbeiten. Dann muss man mutige Schritte tun (die hier niemand tun will!) und Teile der Innenstadt (Straßenzüge/Quartiere) für den Autoverkehr sperren, Parkalternativen ebenso anbieten wie Möglichkeiten, bequem und zügig in die Stadt zu kommen. Die höheren Parkgebühren sind sonst fauler Zauber hinsichtlich der Umwelt und Abzocke hinsichtlich der Autofahrer!

Auf also nach Gelsenkirchen – das Paris am Emscherstrand!

****https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/article241812964/Soll-parken-fuer-SUV-auch-in-Gelsenkirchen-teurer-werden.html

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Mi.Rob.

SUVs und Geländewagen zu fahren, ist in Gelsenkirchen angesichts der aktuellen Strassenverhältnisse sehr empfehlenswert und angebracht, denn diese Fahrzeuge sind mit ihren stabileren Radaufhängungen genau für einen solchen Untergrund konstruiert.

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Mi.Neuh.

Auch wenn nun ständig über SUVs diskutiert wird, so ist dier Regelung in Paris doch am Gewicht orientiert: „Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht.“ (tagesschau.de 05.2.2024)
Damit wäre z.B. die leichteste/kleinste Variante des Tesla Model Y noch nicht betroffen., ebenso wie viele kleine SUVs.
Für Gelsenkirchen wäre aber sicher ein guter Ausbau der Radwege und Parkmöglichkeiten am äußeren Ran der Innenstadt die bessere Alternative als die Erhöhung der Parkgebühren für große Fahrzeuge.

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Chri.Hac.

„Die Einwohner der französischen Hauptstadt haben für eine Verdreifachung der Parkgebühren für Geländewagen von Besuchern gestimmt. Der Vorschlag der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo habe 54,55 Prozent Zustimmung erhalten, teilte die Stadtverwaltung am Abend mit. Mit 78.000 Wählenden lag die Beteiligung bei lediglich 5,68 Prozent.
Die Bürgermeisterin begrüßte dennoch eine „klare Entscheidung der Pariser“ für eine Maßnahme, die „gut für unsere Gesundheit und gut für unseren Planeten“ sei.“

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Mi.Rob.

Müssen zu fette Menschen eigentlich mehr Geld für ihre Bus- und Bahnkaeten sowie ihre Flugtickets bezahlen und wo kann man darüber abstimmen?

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Ali-Emilia Podstawa

Wenn Schlagzeilen gedengelt wurden, es ginge in diesem Fall um die allgemeine Nicht-Akzeptanz von SUV, dann ist das eine klassische Desinformation, die der fehlenden Sachkunde der verzapfenden Journaille zuzuschreiben ist.

Das Thema lautet eigentlich: Paris den Pariser*innen, besonders außen! Und: Zockt die solventen Touristen ab! So gesehen sieht man hier eine grüne Variante von Fremdenfeindlichkeit.

Von SUVs kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil das Kriterium „schwer“ nicht gleichzeitig „groß“ bedeutet. So gut wie die gesamte e-Auto-Modellpalette von VW ab Golf-Größe ist von der massiven Erhöhung der Parkgebühren betroffen. Auch flache, elegante Coupé-Limousinen wie Tesla S oder Polestar 2 müssen nun fürs Stehen drauflegen. Unabhängig von der Antriebstechnik werden praktisch alle Autos ab der Mittelklasse, also typische Taxis, dazu gedrängt, lieber woanders zu parken.

In diversen Meldungen konnte man nachlesen, dass eine Stunde parken nun 18 € statt 6 € und 6 Stunden parken im unmittelbaren Stadtzentrum jetzt 225 € statt bisher 75€ kostet. Die Stadt Paris freut sich über die steigenden Einnahmen und die grüne Bürgermeisterin hat auf diese Weise mehr in der Kasse für ihre Herzensprojekte.

Ewiggestrige Kritiker dieser Entscheidung sprechen dagegen von Park-Wucher. – So sind sie, die beleidigten Rückwärtsgewandten. Dabei hat es eine winzige Minderheit doch ganz demokratisch entschieden.

Fazit: Beispiel dafür, dass die direkte Demokratie auch nicht das yellow from the egg ist.

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Ro.Bien.

Wieso? Die Weltstadt Gelsen hat es doch schon bei den E-Scootern den Parisern gleich getan und wird dafür von WAZ-Redakteuren als Provinz beschimpft! Tssss…
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/auto-verkehr/e-scooter-verbot-in-paris-15-000-roller-verschwinden-19143190.html?fbclid=IwAR3e3p3X_WNtMZrt4tVfRbSt24jLv4Igeu1P8du8jIMqHhqeCZdmyk7RqIM

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