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Beim Stichwort WUPPERTAL denkt fast jeder zuerst an die Schwebebahn und die Elefantendame TUFFI, die von Zirkuschef Franz Althoff am 21.Juli 1950 zu Werbezwecken in die Schwebebahn verfrachtet wurde, nach zwei Minuten aber keine Lust mehr hatte weiterzufahren, die Waggonwand durchbrach und in die Wupper stürzte – zum Glück an einer schlammigen Stelle, so dass die Dame nicht zu Schaden kam.

An zweiter Stelle kommt der wohl bekannteste Sohn der Stadt: Friedrich Engels, geboren am 28.11.1820 in Barmen, das heute ein Stadtteil von Wuppertal ist, und gemeinsam mit Karl Marx Begründer der „Marxismus“ genannten Strömung der Ökonomie-Theorie, Philosophie und Geschichtsauffassung.

Die eher Kulturbeflissenen denken höchstwahrscheinlich an Pina Bausch, deren Wuppertaler Tanztheater zu Weltruhm gelangte. Dann kommen vielleicht noch Adolph Kolping, Else Lasker-Schüler und sicher Johannes Rau ins Bewusstsein. Aber dass der am 7. Januar 1979 geborene Christian Wolfgang Lindner, immerhin ein in Deutschland durchaus bekannter finanzpolitischer Taschenspieler, Illusionist und Voodoo-Künstler,  auch aus Wuppertal stammt – das haben wohl die wenigsten Menschen auf dem Schirm. Aber irgendwie passt es doch! Die topographische Gestalt der Stadt mit dem Tal, durch das sich die Wupper schlängelt, und den Hochflächen der im Süden und Norden gelegenen Stadtteile sind doch nahezu ein Sinnbild für das Auf und Ab der Partei, der Christian Lindner vorsteht und die immer wieder um ihren Einzug in den Bundestag bangen musste und ihn auch schon verpasste, allerdings eine Reihe schräger Gestalten hervorgebracht hat: Martin Bangemann, Guido Westerwelle, Jürgen Möllemann. Aber eben auch Politiker, die die Bundesrepublik (im Guten wie im Schlechten) mitgeprägt haben: Theodor Heuss, Hans-Dietrich Genscher, Walter Scheel. Nicht zu vergessen Hildegard Hamm-Brücher, Klaus Kinkel und Gerhart Baum.

Und nun also der smarte Christian Lindner, der Finanzminister, der uns mit seinem neuesten Haushaltsentwurf finanzpolitische Normalität vorgaukelt –   wie uns die großen Magier auf den Showbühnen auch immer wieder das Zersägen von Jungfrauen vorgaukeln.

Der Haushaltsentwurf Lindners sieht 445,7 Milliarden Euro für 2024 vor- und damit 30 Milliarden Euro weniger als in diesem Jahr. Die Neuverschuldung wird mit 16,6 Milliarden EURO angegeben und bleibt damit im Rahmen der Schuldenregel des Grundgesetzes. Soweit – so gut! Aber das ist die Illusion.

In Wirklichkeit ist die Dame auf der Showbühne (höchstwahrscheinlich!) keine Jungfrau – und sie wird auch (das ist allerdings sicher!) nicht zersägt, was wir ja alle ahnen und uns fragen: Wie macht der das, dass wir glauben, was wir zu sehen scheinen? Nun, Christian „Voodoo-Mann“ Lindner macht das mit einem simplen Trick: Er hat nämlich seinen Etat dadurch „entlastet“, dass Rücklagen und „Sondervermögen“ außen vorgelassen worden sind. Berücksichtigt man diese „ausgelagerten“ Posten, kommt man bei der Netto-Kreditaufnahme nach Berechnungen des Bundesrechnungshofes auf einen Betrag von 85,7 Milliarden EURO. Da ist das Einhalten der Schuldenbremse in weite Ferne gerückt, wobei in der nahen Zukunft (ab 2028), mit scharfem Blick betrachtet, noch ein paar weitere Belastungen warten: die Tilgungsverpflichtungen aus den Notlagenkrediten und dem „Sondervermögen“ Bundeswehr und der Anteil Deutschlands an der Rückzahlung der Kredite aus dem Wiederaufbaufonds der Europäischen Union.

Ein haushaltspolitischer Sprung auf die sichere Seite der Wahrheit und Klarheit des Haushalts ist das also nicht, was Lindner da vorlegt, vielmehr eher eine Jongliernummer mit Zahlenspielereien!

Voodoo halt!

Wir dürfen gespannt sein, ob Christian Lindner bei der Einbringung des Haushalts diese programmatische Passage der FDP vorträgt: „Finanzielle Solidität und der sparsame Umgang mit Steuergeld sind Grundsätze unserer Haushalts- und Finanzpolitik. Mit uns wird Deutschland auch weiterhin seiner Rolle als Stabilitätsanker in Europa gerecht werden. Ab 2023 werden wir zur Schuldenbremse zurückkehren. Der Stabilitäts-und Wachstumspakt soll auch weiterhin die Grundlage für Wachstum sichern und die Schuldentragfähigkeit erhalten.“ (FDP)*

*Quelle (Hervorhebungen durch mich, B.M): https://www.fdp.de/position/finanzpolitik

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Nor.Mel.

Sehr erhellender Artikel, in ähnlicher, aber deutlich komplizierterer Version gestern schon bei Tichy zu lesen. Nur ein kleiner Hinweis auf einen Tippfehler: Am Anfang des Artikels ist von einem gewissen Christian LINDER die Rede. Das hat mich verwirrt.
Beste Grüße aus der sonnigen Türkei
Norbert (ex Gelsenkirchener)

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Pet.Teut.

Bravo

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Pet.Teut.

Wobei Voodoo immerhin (irgendwie) wirkt, was ich von den genannten Tricks(ereien) bezweifle.

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