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„Die Welt der Utopien ist gestorben. Wir leben in einer Nützlichkeitsgesellschaft, und da ist der Fußball zur Welt der großen Geschäfte verdammt. In der dritten Welt nimmt man den Menschen das Brot, in den Industrienationen stiehlt man ihnen die Träume (…) Seit nun der Fußball zu einem weiteren Konsumgut und – mit dem Aufkommen des Industriezeitalters – zu einem kapitalistischen Produkt herabgewürdigt wurde, das man kaufen und verkaufen kann, werden jene ursprünglichen Werte gewaltsam verändert.“ (César Luis Menotti)
Man mag von den Theorien des einstigen argentinischen Nationaltrainers und Fußballtheoretikers nichts mehr halten, weil seine Gedanken, etwa über „linken“ und „rechten“ Fußball überholt sind, aber dennoch haben die Grundzüge seiner Überlegungen, Fußball sei ein Spiegelbild gesellschaftlicher Verhältnisse, auch in der Gegenwart noch etwas für sich. Schaut man unter dem Gesichtspunkt des Personals vergleichend auf den soeben zu Ende gegangenen Klimagipfel und die soeben begonnene Weltmeisterschaft, springen einen die Parallelen nahezu an. Die deutschen Politfunktionäre, allen voran Baerbock und Habeck, vergießen verbal Tränen darüber, dass die Welt ihnen nicht gefolgt ist, weswegen sie, wie Kinder, denen man einen Wunsch nicht stante pede erfüllt hat, frustriert sind. Einige Staaten leisteten, wie Baerbock formulierte, „erbitterten Widerstand“ gegen die deutschen Überlegungen und Vorschläge, und das sei, so Baerbock, doch „mehr als frustierend“. Und auch Habeck zeigte sich „enttäuscht“ über die Vereinbarungen – wie ein Kind unterm Tannenbaum enttäuscht ist, wenn es die Verpackung wegreißt und nicht das erwartete Spielzeug findet. Hier zeigt sich diese Mischung aus Weltenrettungsattitüde, von der aus man auf der einen Seite meint, die Welt müsse Habeck und Baerbock gefälligst folgen, wenn sie etwas vorschlagen, und auf der anderen Seite der Katzenjammer, wenn man darauf gestoßen wird, dass die Welt dem deutschen Pfad eben nicht unbedingt folgt und niemandem auf der Welt außerhalb Deutschlands wohlige Schauer über den Rücken fahren, wenn Habeck etwas ins Mikrophon brabbelt oder Baerbock ihren Sirenengesang anstimmt.
Und zu diesem Jammerlappen-Duo der Politik passen dann die beiden Fußball-Ritter von der traurigen Gestalt, der National-Team-Manager und der DFB-Präsident, die heute kleinlaut vor die Mikrophone treten und in gewundenen Sätzen erklären, dass man nun doch auf das Tragen der 1-Love-Binde verzichten werden müsse, weil die FIFA dem DFB Sanktionen angedroht habe, von denen man aber nicht wisse, worin sie bestehen könnten (Geldstrafe, Punktabzug, gelbe Karten). Und dabei hat man sich ein paar Stunden zuvor noch aufgeplustert und großmäulig verkündet, man werde die Binde tragen und Strafen eben in Kauf nehmen. Was ist das für eine Herumdruckserei, was für ein Bündel an durchsichtigen Entschuldigungen vor den Mikrophonen der Weltpresse, immer noch kombiniert mit Phrasen von „Haltung zeigen“ und „Werte hochhalten“. Ja, solange keine Sanktionen drohen, lässt es sich leicht mutig sein! Bei der kleinsten Zornesfalte aber geht man vor Infantino und seinen Gefolgsleuten auf die Knie und beugt das Haupt.
Angesichts der iranischen Fußballer, die wenige Stunden vorher allesamt vor ihrem ersten Spiel in einer Form stummen Protestes die Nationalhymne nicht (!) gesungen haben, ist diese Pressekonferenz das peinliche Schmierenstück von zwei billigen Phrasendreschern!
Hier muss dann doch noch einmal ein alter Kalauer herhalten, was dieses Flaschen-Quartett aus Politik und Sport angeht: Als Tiger losspringen und als Bettvorleger landen! Eigentlich sind die vier Frustbeutel untereinander austauschbar – Fußball hin, Politik her! Folgt man Menotti, bleibt nur noch die Frage: Hat hier die Politik einen Fußballmanagertypus hervorgebracht – oder war es umgekehrt?

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Fr.Bara

oder: Ach hätten sie doch geschwiegen…

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Heinz Niski

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hörte ich, dass diese „Liebes-Binde“ nun zur Unisex-Binde wird und Pflicht bei allen kommenden DFB Spielen ist. Im Dezember steht sie für Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen den USA und Russland über einen Frieden in der Ukraine. Im Januar setzt sie ein Zeichen gegen die galoppierende Inflation, gegen Kinder- und Altersarmut. Im Februar steht sie für eine Steuerreform, für die Abschaffung des Ehegattensplittings. Im März für die Öffnung von Nordstream 2 und eine Energiewende, die erst für Speicher und Ersatz von abgeschalteten Kraftwerken sorgt und dann die Wende vollzieht. Im April steht eine umfassende Bildungsreform im Fokus, die Feminisierung der Schulen soll eingehegt werden, um Geschlechtergerechtigkeit auch an Schulen umzusetzen. Im Mai feiert die Binde den Startschuss zu einer Erneuerung unserer Infrastruktur mit funktionierendem Schienenverkehr und einer flächendeckenden Digitalisierung und befahrbaren Brücken. 50 000 chinesische Fachkräfte wurden dazu unter Vertrag genommen, die in 18 Monaten den Laden umgekrempelt haben werden.
Im Juni steht die Binde für Fußball und die Sportler dürfen einfach sie selbst sein.

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