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Nicht dass Sie auf die Idee kommen, ich wolle Ihnen jetzt einen Comedian oder eine Kabarettistin vorstellen, deren Witze mich besonders erheitert haben. Nein, keine Sorge! Mein Spaßvogel der Woche ist kein Kleinkünstler! Mein Spaßvogel der Woche heißt Torsten Akmann. Kennen Sie nicht? Kannte ich bis gestern Abend auch nicht! Genauer: bis zum Bericht im „heute journal“ des ZDF über die Entscheidung des Berliner Landesverfassungsgerichts zur Berliner Senatswahl, die in etwa lautete: In Berlin hat es sehr viele Verstöße gegen die Wahlordnung gegeben, von denen etliche „mandatsrelevant“ sind, also dazu geführt haben, dass – einfach gesprochen – die Wahlergebnisse verzerrt worden sind, so dass Mandate an Politiker gefallen sein können, die bei einer korrekten Durchführung der Wahl dieses Mandat wohl nicht bekommen hätten.
Nun ist das eine vorläufige Einschätzung, aber eine Sprecherin des Gerichts führte aus, man gehe davon aus, dass bis jetzt nur die „Spitze des Eisbergs“ an Verstößen aufgedeckt worden sei. Soweit – so gut!
Jetzt kommt Akmann ins Spiel. Torsten Akmann (SPD) ist „Innenstaatssekretär“ in Berlin und hatte die Möglichkeit, etwas zur Einschätzung der Lage durch das Gericht zu sagen. Und von der Möglichkeit hat er Gebrauch gemacht – wobei ich ohne die Ähs und Mmhs, also die von ihm eingesetzten Diskurspartikel, zitiere:
Wir haben eigentlich festgestellt, dass es in 9 von 10 Wahllokalen eigentlich keine Vorkommnisse gab, die eine Mandatsrelevanz haben, das ist eine hohe Quote von 90% (…)“. Und diese Aussage hat T. Akmann samt treuherzigem Dackelblick  vorgetragen, so dass ich, wenn ich mir einen Dackel anschaffen wollte, den Torsten sofort aus dem Tierheim mitnehmen würde, so lieb wie der geguckt hat. Aber trotz der zuckersüßen Treuherzigkeit in Dackel Torstens Blick, will ich zumindest auf folgende Aspekte aufmerksam machen:
Immerhin gesteht er indirekt zu, dass nach eigenen Feststellungen des Innensenats in einem von neun Wahllokalen mandatsrelevante Verstöße vorgekommen sind, also in zehn Prozent. Das bedeutet bei rund 320 Berliner Wahllokalen, dass mindestens in 32 Wahllokalen Verstöße dieser Art festgestellt worden sind. Man könnte deshalb sagen: Wenn in 10% der Wahllokale „mandatsrelevante Verstöße“ festgestellt worden sind, dann ist das eine sehr hohe Quote.
Dann verwendet Torsten Akmann zweimal das Wort „eigentlich“, das im allgemeinen Sprachgebrauch so eine Art Entschuldigungsfloskel ist, weil etwas nicht so stattgefunden hat, wie es geplant war (Ich wollte dich eigentlich besuchen, aber ich konnte nicht kommen, weil …). Wenn der Senat also „eigentlich“ festgestellt hat, dass „eigentlich“ alles in Ordnung war, dann muss es auch ein „uneigentlich“ geben, das uns sagt, wie es tatsächlich war. Anders: „eigentlich“ ist, von seiner kommunikativen Funktion her betrachtet, ein Signalwort, das einen wenig überzeugenden, eher halbherzigen Einwand andeutet und darauf hinweist, dass eine ursprüngliche Absicht aufgegeben worden ist.
Akmann spricht in seinem Statement sodann von „Vorkommnissen“. Aber was heißt das? Hat jemand einen Herzinfarkt bekommen, hat jemand die Wahlleitung angepöbelt, ist jemand volltrunken ins Wahl-LOKAL gekommen, hat jemand die ausgelegten Stifte gestohlen und anschließend den Hitler-Gruß gezeigt? Mit dem Wort „Vorkommnisse“ will sich Torsten Akmann sprachlich davonstehlen. Es geht nicht um Vorkommnisse, sondern um Verstöße gegen die Wahlordnung, um das Brechen von Satzungen und gesetzlichen Vorschriften sowie um Pannen und grobe organisatorische Mängel und Fehler, für die letztlich genau der Innensenator zuständig ist bzw. war, für den Akmann jetzt spricht. Beispiele zur Erinnerung: falsche Wahlzettel (dem falschen Wahllokal zugeordnet), fehlende Wahlzettel, einige Wahllokale waren noch nach 18.00 Uhr geöffnet, in anderen kamen die in Schlangen wartenden Bürgerinnen und Bürger nicht mehr dazu, ihre Stimme überhaupt abzugeben, nachträglich per Hand „korrigierte“ Wahlzettel usw. usf.
Und das größte Desaster besteht darin, dass es erst eines Gerichtsbeschlusses bedarf, der voraussichtlich gegen Ende des Jahres verkündet werden wird, damit diese verschluderte und nicht gesetzeskonform durchgeführte Wahl wiederholt wird, nicht aber aus dem Parlament selbst der Beschluss gekommen ist, die Wahl für ungültig zu erklären und Neuwahlen anzusetzen.
Jetzt höre ich aber schon Stimmen, die sagen: Das finde ich überhaupt nicht lustig und der ist doch kein Spaßvogel, dieser Akmann-Dackel, der gehört doch vom Hof gejagt!
Da antworte ich: Sie haben „EIGENTLICH“ recht. Ich finde das nicht zum Lachen, sondern eher zum Kotzen! Das höchste Recht des Souveräns, das Wahlrecht, wurde mit Füßen getreten von einer an Mandaten klebenden Meute und ihren willigen Helfershelfern in der Verwaltung, die sich im Grunde ein Bundesland samt der deutschen Hauptstadt zur Beute gemacht haben. Ja, Sie haben recht! Das ist widerwärtig und überhaupt nicht zum Lachen.
Deshalb: Das “EIGENTLICH“ streiche ich.
Restlos!

LINK zu Torsten Akmann in der Sendung „heute journal“: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/abgeordnetenhauswahl-berlin-wiederholung-100.html

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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