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Oder wo kaufen sie denn?

Oder wo schlendern sie längs, gehen Kaffee trinken und einen Happen essen, während sie vom Schuster alter Schule ein Paar Winterschuhe neu besohlen lassen? Und danach vielleicht in das Geschäft mit den Deko-Artikeln. Das Schöne daran ist ja: Bei ihrem Bummel auf der Weberstraße, um die geht es hier, stört sie kein Autoverkehr. Die Kraftfahrzeuge werden nämlich mit einem smarten Leitsystem in die umliegenden Parkhäuser dirigiert – und davon gibt es genug. Nur Anwohner, Handwerker, Pflegedienste und Einsatzfahrzeuge dürfen in die Weberstraße einfahren – in eine Richtung. Die Weberstraße ist der Hot-Spot geworden – ein quirliger Mix aus Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Dienstleistungen, Wohnen und Arbeiten und einer Portion Kunst und Kultur. Wer internationales Essen bevorzugt: Weberstraße. Wer Dienstleister aller Art sucht: Weberstraße! Bezahlbarer Wohnraum in der City: Weberstraße. Einmal im Monat: Live-Musik in der Weberstraße – in den Gaststätten und Restaurants sowieso. Aber zwei Friseure machen mit, während man sich bis 22.00 Uhr die Haare schneiden lassen kann, auch eine Apotheke, ein Reisegeschäft, ein Haushaltswarenladen sind dabei, als Sponsoren und Unterstützer!
Klingt gut? Ist auch gut! Aber abgelehnt! Von der Stadtverwaltung und den Parteien im Rat – einer großen Koalition der Ratlosen und Mutlosen, denen eine solche Vision, wie sie in einem Bürgerantrag vor einigen Monaten entwickelt worden ist, den Atem geraubt hat, so dass sie in eine ablehnende Trotzhaltung verfallen sind.
Und nur ein paar Monate später sollten jetzt „Experten“ Visionen für die Weberstraße entwickeln!
Und was entwickeln die? Laut WAZ folgende VISION: „Doch wie ist nun die nahe Zukunft der Weberstraße, die ja auch Gelsenkirchen City ausmacht? Roman Schmitz und Bernd Gebert sehen eine Durchmischung sämtlicher urbanen Bereiche als einen Vorschlag, eine Idee. „Wir müssen citynahes, wertiges Wohnen in den Randlagen entwickeln“, sagt Roman Schmitz. Bernd Gebert ergänzt: „Wir brauchen Wohnraum für die hochwertigen Arbeitsplätze, die hier mit den Jahren entstehen.“ Schmitz sieht als „Schlüssel“ zum Innenstadt-Erfolg: Arbeitsplätze anzusiedeln, für ein gutes Wohnumfeld zu sorgen – im fortlaufenden Prozess entsteht so ein gesunder Mix, der die Kaufkraft (wieder) anhebt.“ ***
Kommt Ihnen bekannt vor? (gesunder Mix, citynahes Wohnen, Durchmischung). Haben Sie im Abschnitt oben schon gelesen? Nur konkreter? Richtig! War im Vorschlag der Bürger auch drin. Aber war vielleicht die falsche Zeit, zu früh? Oder es waren die falschen Antragsteller – an keine Partei gebunden. Einfach nur Bürger! Das geht natürlich nicht! Denn die sind ja keine Experten! Und Experten stellen keinen Bürgerantrag, sondern haben eine „Vision“ (jedenfalls nennt es die WAZ so). Und zur Vision der Experten, wie sie das Zitat oben beschreibt, gehört noch ein Knaller: ein „Vollsortimenter“, denn den gibt es city-nah nicht. Meinen die Experten. Platz wäre da, nämlich auf dem Parkplatz hinter dem ehemaligen WEKA-Kaufhaus.
Schön! Aber wäre nicht auch eine Entsiegelung dieser Fläche attraktiv – und stattdessen ein Park mit Sitzbänken und Bäumen, die Schatten spenden an heißen Sommertagen. Wäre doch auch gut, um Klimaziele zu erreichen! Sozusagen eine klimafreundliche Vision mit hohem Attraktivitätswert. Eine Oase in der Innenstadt – mit Street-Food!
Aber so etwas geht wieder zu weit!
Da bekommen die Ratsmitglieder doch Schnappatmung!
Und wer will das schon?

* Auf der Rennbahn ist der Name eines 1946 von dem Komiker Wilhelm Bendow und dem Schauspieler Franz-Otto Krüger aufgeführten Sketches, in dem ein völlig unbedarfter Zuschauer eine Pferderennbahn besucht und einen anderen Besucher mit seinen kenntnisarmen Äußerungen belästigt. Wiederholt erkundigt er sich während des Rennens mit „Wo laufen sie denn?“ nach den Pferden, da er außerstande ist, diesen durch sein Fernglas zu folgen.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Auf_der_Rennbahn). Die Idee  wurde später von Loriot aufgegriffen.

*** https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/attraktive-city-wie-steht-es-um-gelsenkirchens-weberstrasse-id236405743.html

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Ich finde es gut, dass Experten Visionen, Erscheinungen, Gesichter, haben. Die Zeit der verknöcherten Beamten Ellenbogenschoner ist vorbei. Timothy Leary, die drei Hirtenkinder von Fatima, Hildegard von Bingen und ein aus Gründen hier nicht näher bezeichneter Kaufmann aus Mekka haben bewiesen: Imagination schafft Realität. Ick freu mir schon jetzt wie Bolle und sach ma so – watt nix kost (ein gratis Bürgervorschlag) kann nix sein. Dann doch besser die Visionen recycelt neu vorlegen von Fachleuten, die nicht nur kosten, sondern auch Dank institutionalisierter Verantwortungsdiffusion im Falle eines Misserfolges, Haftung und Verantwortung im Nirwana verschwinden lassen.
Was mich wirklich interessiert… nehmen die Mescalin? LSD? Beten die sich in Visionstrance?

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Kri.J.E.Wes.

verantwortungsdiffusion scheint mir trefflicher und feiner begriff. schade, soweit ich den antrag noch aufm schirm habe, an dem beteiligt seid, duftete er gut (is handlungsentschleunigung auch sowas wie verantwortungsdiffusion?).

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Heinz Niski

ja und zwar eine ganz perfide – es ist Gaukelei, Vortäuschung von Tätigkeit, somit schließt sich der Kreis zu den Visionen, Erscheinungen, Fata Morganas

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Di.Niew.

Es ist einfach nur lächerlich. Hier insbesondere die WAZ Gelsenkirchen , die unseren Antrag ins lächerliche gezogen hat und nun Hurra schreit.
Würdelos. Politik eben.

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An.Gil.

Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass mindestens Stadtteilarbeit besser aufgehoben ist in den Händen der Bürger und Kaufleute. In den Parteien geht es nur um Postengeschacher. Da geht es nicht mehr um die Sache, es geht auch nicht mehr um die Stadt und ihre Bürger. Wie schon erwähnt wurde, sitzen die Macher in dieser Stadt nicht im Rathaus.

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