Herrkules:
Herr Tersgelund, vor einigen Jahren zerstörten Bilderstürmer in der Tradition des Daesch, der Isis, der Taliban und der woken Bilderverhänger und Romanumschreiber Herman Priganns Skulptur „Himmelstreppe“.
Hraven Tersgelund:
Die einen sagen so, die anderen so.
Herrkules:
Sie versilberten die aufeinander gestapelten Betonquader…..
Hraven Tersgelund:
Versilbern ist das Stichwort. Kunst, die nichts kostet, ist wertlos. Das haben die Erben des Künstlers wie auch die Stadt und andere Träger verstanden und für 15 000 Euro eine jungfräuliche Betonfläche für kleine und große Sprühkünstler bereitgestellt.
Herrkules:
Sie hoffen auf Gelsenkirchener Naegelis, Kyselaks, Banksys?
Hraven Tersgelund:
Hoffen? Die sind schon da. Naegeli sprüht unter dem Tag “Azul”, den S04 Ultras ist keine Brücke zu hoch, um in der Tradition Kyselaks zu versichern, dass der Name eines Ballsportvereins auf jede freie Fläche gehört.
Übrigens steht man in Verhandlung mit der Stadt und dem Musiktheater, um auf Yve Kleins blauen Schwammrelief das S04-Ultralogo zu applizieren.
Herrkules:
Interessant, Gelsenkirchen war immer schon aufgeschlossen für Neues.
Hraven Tersgelund:
Korrekt. Zurzeit ist die Stadt voll von Möbeln am Straßenrand als Ready Mades im Stil von Marcel Duchamp. Diese Kunstaktion unter Beteiligung vieler aufgeschlossener Bürger hat das Zeug, ins Guiness Buch der Rekorde zu kommen. Als ärmste Stadt Deutschlands, die den Finger auf die Wunde der kapitalistischen Verschwendungssucht legt. Das ist zugleich Aktionskunst angelehnt an H.A. Schults Trash People und ein klares politisches Fanal.
Herrkules:
Also nicht mehr über wilde Müllablagerungen schimpfen, sondern die große Kunst dahinter erkennen. Vielen Dank für das Gespräch.
Hraven Tersgelund:
Bitte Schön.
https://www.waz.de/video/gelsenkirchen-reinigung-der-himmelstreppe-hat-begonnen-id228465755.html
Könnte mal wieder gestrahlt werden. Ich machs für 14 000. Wo kann ich mich bewerben?
1.Tolle Aufnahmen; besonders die Sequenz zu Beginn, die die Leiter aus der Senkrechten von oben zeigt, macht aus der Himmelsleiter und den spiralförmig angelegten Zuwegungen nahezu ein magisches, abstraktes Kunstwerk, wie man es eben als Fußgänger, der den Weg hinaufsteigt, nicht erleben kann. 2. Die angebrachten “Kunstwerke” von Sprayhonks nehmen der Leiter das Ungeschlachte, Rohe, auch teilweise gewaltig bzw. gewalttätig Wirkende und sind Ausdruck von Unkenntnis von oder sogar Verachtung gegenüber unserer jüngeren Geschichte.Beschämend, wenn ausgerechnet Leute, die immer wieder einen Mythos beschwören (Schalke und Bergbau), genau vor den Relikten dieses Mythos bzw. der Realgeschichte, auf der der Mythos gewachsen ist, keinen Respekt zeigen. Dies gilt auch für die Zerstörungen oder Verschmierungen der Werke auf den Wegen zur Himmelsleiter hinauf. 3. Die in der Rubrik “Kunstführer” repräsentierten (filmischen) Werke werden von der selbstgenügsamen offiziellen Kunstszene nahezu komplett ignoriert. Das sagt nichts über die Qualität der Reihe, sondern lediglich etwas über die Ignoranz und Selbstüberschätzung einer um sich selbst tanzenden Kunstszene!
Vor ein paar Tagen schrieb mir ein Gelsenkirchener Informel-Kunstmaler, dass hier zu viel Aufhebens und Gewese um Graffito gemacht würde. In anderen Städten würde man das als urbane Kunst und Lebensäußerung anerkennen. Recht hat er, die Lebensäußerung in dieser Stadt besteht darin, dass einige wenige die Stadt fluten, mit S04, ACAB, AZUL, RUMSBUMS tags und die Mehrheit das als Umgebungs- Fassadenverschönerung beklatschen soll. Niemand wagt es, diesen Leuten zu sagen, dass sie die Avantgarde der Broken Window Terrorbrigaden sind.