Ungefähr ab 1978 war dann für mich endgültig und unwiderruflich Schluss mit dem Juso-Dasein, u. a. auch deshalb, weil ich mich von da an nie mehr wieder in interne Juso-Angelegenheiten eingemischt habe.
Dennoch bleibt die Juso-Zeit für meine politische Sozialisation prägend.
Es kommt nicht von ungefähr, dass ich mich in welchen Funktionen und Mandaten und in welchem Alter auch immer bemüht habe, den Jungsozialisten offen, positiv und fördernd zu begegnen, und wenn es irgend ging, habe ich ihnen geholfen. Ich hoffe, das ist trotz mancher Kommentare meinerseits über die „schwachen“ Jusos (die ich selten und immer nur intern geäußert habe) zur Kenntnis genommen worden. Es bleibt anderen Chronisten überlassen, die „Juso-Ära nach Frey“ (ich bitte mir die Unbescheidenheit nachzusehen) zu dokumentieren und zu kommentieren.
Denn selbst, wenn ich derartiges vorhätte, ich könnte es gar nicht leisten, weil meine folgenden „Jobs“ (MdL, SPD-Vorsitzender, Mitglied im SPD-Landesvorstand, die Landtagsfunktionen usw.) dazu geführt haben, dass die Jusos für mich zu einem Randphänomen wurden.
Das eventuell harte Wort soll niemanden verletzen, da ich erstens nur von meiner Wahrnehmung spreche. Zweitens muss wohl auch der historischen Wahrheit Rechnung getragen werden, dass die Jusos sowohl überregional wie auch lokal nie mehr wieder eine derart überragende Rolle gespielt haben wie in den Jahren zwischen 1970 und 1975. Das lag nun nicht daran, dass wir alle so toll, unsere Nachfolger hingegen allesamt Pfeifen gewesen waren, sondern entscheidend war, dass wir in einer Zeit agierten, die für uns wie geschaffen war.
Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und gut waren wir eben auch! Ab 1976 war es also um die öffentliche Resonanz und die politische Durchschlagskraft der Jusos zunehmend schlechter bestellt. (So kenne ich seit über dreißig Jahren keine Tagesschau mehr, die über einen Juso-Bundeskongress berichtet hätte).
Das heißt jedoch nicht, dass die Jusos überhaupt keine Relevanz mehr gehabt hätten. Sie waren und sie sind präsent, wenn auch nicht mehr, wie gesagt, in der alter Größe. Was Gelsenkirchen betrifft, haben die Jusos nach ihrer großen Zeit sogar weitere politische Persönlichkeiten hervorgebracht, für die man in der Gelsenkirchener SPD (und darüber hinaus) nur dankbar sein kann.
Ohne jede Frage gehört Heike Gebhard dazu, die nach der Ära Poß und Frey die Juso-Geschicke mitbestimmte, dann aus familiären Gründen eine längere politische Pause einlegte, um schließlich nach ihrem Comeback heute als kompetente und rührige Landtagsabgeordnete ihr Wort zu machen.
Dazu gehört Markus Töns, der Ende der 80er Jahre als stellvertretender Juso-UB-Vorsitzender nun seinerseits wieder eine neue „Nach-Gebhard“-Generation stellte und heute ebenfalls als sachkundiger und quirliger Gelsenkirchener Landtagsabgeordneter eine wichtige Rolle spielt.
Und? Na klar! Wissen Sie noch, dass es einmal Ende der 80er Jahre einen Gelsenkirchener Juso-Vorsitzenden gab, der fast still, fast bescheiden, aber äußerst konsequent und immer hart an der Sache die Fahne der guten Sache aufrecht hielt? Natürlich – ich spreche von Frank Baranowski, unserem jetzigen Oberbürgermeister, der hoffentlich (woran ich nicht zweifele) auch der nächste OB sein wird.
Auch Frank Baranowski repräsentiert wie Markus Töns eine Generation der Jusos, die anders als die der Gebhards und völlig anders als die von Frey und Poß war. Dennoch haben auch diese Generationen zweifellos ihre Qualitäten, wären doch sonst ein Frank Baranowski, eine Heike Gebhard und ein Markus Töns politisch kaum erklärbar.
Mein Fazit: Liebe SPD, pflege deine Jusos, denn andere hast du nicht! Verdirbt Politik den Charakter? Nein! Kann Politik den Charakter verderben? Ja! von Hans Frey
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