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Heute mit: Rechnen, Opfern und Tätern

Ich bin da ganz ehrlich: Im Fach Mathematik am Gumminasium war ich nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber in der Volksschule, ja, so hieß das mal, bevor sich irgendjemand das Wort Primarstufe ausgedacht hat, war ich ein Ass im Rechnen. Im Zahlenraum bis 100 habe ich mich jedenfalls sicher bewegt. Deswegen mache ich dem Wirtschafts-Robert auch keine großen Vorwürfe, dass er in etwa eine so große Lusche ist wie ich, was die Mathematik angeht. Das hat er bei „Lanz“ unter Beweis gestellt, als er sagte: „Wenn ein Auto 15000 EURO kostet und es kostet dann auf einmal 20000 EURO, dann ist das ein Viertel Prozent, hm, also 25% teurer.“ Wenn man es genau nimmt, dann müsste man darauf kommen, dass 5000 EURO, um die das Fahrzeug teurer wird, ein Drittel des ursprünglichen Preises von 15000 EURO sind, in % umgerechnet also gut 33%.

Aber wie gesagt: Auf der Volksschule war ich noch gut im Rechnen! Vielleicht war das mit den Autos aber auch extra verrechnet – und Robert wollte uns heimlich signalisieren, dass er ein Anhänger der Strömung ist, die unsere Mathematik als eine weiße rassistische Mathematik ansieht. Robert hätte dann demonstriert, dass er Prozentrechnung als Herrschaftswissen ablehnt und für eine Volksschulmathematik ist, eine Mathematik für das Volk, also die, die in der Primarstufe sitzen und rechnen können, also sozusagen für die Rechen-Primaten!  Das ist so ähnlich wie bei Annalena, als sie gesagt hat, Verhandlungen mit Putin wären erst möglich, wenn der sich um 360 Grad dreht, also wenn er aus seinem Schwindel einen Drehschwindel macht.

Wo wir schon bei Annalena sind. Wir erinnern uns alle sicher noch an eine ihrer Sternstunden, von denen es mittlerweile aber viele gibt. Gemeint ist die Stunde, als Annalena ihre Kenntnisse über Kobolde vorgetragen hat, Sie wissen schon, Pumuckl – der Kobold mit dem roten Haar: „Kobold – wo kommt das eigentlich her? Wie kann das recycelt werden?“ Und, ja, sie sagte (voraus), dass es auch „Batterien gebe, die auf Kobold verzichten können.“ Und siehe da: Wie nun vermeldet wird, feiert der Kobold von Vorwerk neue Verkaufsrekorde und ist zum meistgekauften Staubsauger in unserem Nachbarland Polen geworden. Ob das meine Mutter geahnt hat, die immer einen Vorwerk-Kobold hatte, um damit die Teppiche in unserer Wohnung zu saugen. Berühmter als der Annalena-Kobold ist natürlich nur der Heinzelmann von Loriot, über den es heißt: „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann.

Im Moment blasen besonders viele Politiker und Politikerinnen ihre Backen auf wegen der Angriffe auf Politiker (Beleidigungen, Prügelattacken, Körperverletzungsdelikte). Die Argumentation gegenüber den Taten, die verabscheuungswürdig sind, na klar, ist nahezu identisch: der Angriff auf die Politiker (oder auch Büros etc.) sei ein „Angriff auf unsere Demokratie“. Mag sein! Daraus wird abgeleitet, dass Politiker (m/w/d) eines besonderen Schutzes bedürften!

Sind die tagtäglichen Angriffe auf Bürger ohne politisches Amt, etwa am Hauptbahnhof in Gelsenkirchen oder am Busbahnhof in Buer, also keine Angriffe auf die Demokratie, also sozusagen 1b-Angriffe, weil sie sich nur gegen „normale Bürger“ richten? Sind Politiker, weil sie privilegiert sind, also auch privilegierte Opfer, für die, im Sinne Orwells,  gilt: Alle Opfer sind gleich, aber einige sind gleicher als andere? Und gibt es, sozusagen entsprechend, auch zwei Tätergruppen: die, die groß herausgestellt werden, wenn sie irgendwie „rechts“ oder „rechtsextrem“ sind, und dann die, die nicht genannt oder nur vage „als junge Männer“ oder ähnlich beschrieben werden, wenn sie einen Migrationshintergrund haben? Gibt es also auch da einige, die gleicher sind als gleiche andere? Und wer ist verantwortlich dafür, dass in der politischen Mathematik offensichtlich die Gleichung nicht aufgeht: Opfer=Opfer oder Täter=Täter?  Und was ist mit dem Schutz? Benötigt die junge Frau, die abends durch den Hauptbahnhof geht, weniger Schutz vor den Attacken, sexuellen Übergriffen und Beleidigung durch Männer aus Nordafrika oder anderen Teilen der Welt als der Politiker, der beim Aufhängen von Plakaten angegriffen wird durch einen rechten Vorstadtmob radikalisierter Jugendlicher? Sind die Angriffe auf jüdische Studenten an unseren Universitäten nicht ebenso große Angriffe auf die Demokratie wie Angriffe auf Politiker? Und sind Angriffe auf Funktionäre der AfD Angriffe zweiter Klasse, die man verschweigt oder bei denen zu vermuten ist, dass man sich heimlich ins Fäustchen lacht, weil es die Rechten, also die Richtigen trifft? Dies ist dann nichts anderes als Heuchelei. Und muss in diesem Text am Ende Erwähnung finden. Mit einem Zitat von Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1709-1803):

Die Laster stritten, wer von ihnen am eifrigsten gewesen sei, dem Bösen auf der Welt zu dienen; den Preis erhielt die Heuchelei.“

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Merkwürdige Fragen. Natürlich sehen politisch engagierte und in Parteien, Parlamenten, Verwaltungen tätige Menschen einen erhöhten Handlungsdruck, wenn sie persönlich Opfer der sich zuspitzenden Verhältnisse der Globalisierung und der Armutswanderung sind. Sie können den ihnen zur Verfügung stehenden Apparat nutzen, um zu strafen, abzuschrecken. Dem normalen Bürger, der Opfer von Gewalttaten wird, erklärt man dann doch lieber, dass Strafen nur zu Rückfällen führen und dass Abschreckung noch nie etwas gebracht hat. Besser wäre, wenn sich LehrerInnen in Schulen und ErzieherInnen und SozpädInnen mehr bemühen würden, diese Menschen zu bilden. Denn Bildung verhindere allerlei soziale Konflikte und man müsse auch immer den (Bildungs)Hintergrund der TäterInnen im Blick haben.

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Last edited 10 Tage zuvor by Heinz Niski
Kcö.mark.

„Rechnen nach Gefühl“: das „Schreiben nach Gehör“ der Naturwissenschaften.

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Chri.Hack.

und weiterhin werden die von 15% der Wähler gewählt.

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Mi.Rob.

Das ist immerhin ein Viertel der Bevölkerung!

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Ali-Emilia Podstawa

Kann nicht sein. In der Zahl 15 kommt keine 4 vor.

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