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Kaum einer verkauft Politik so gut wie der aktuelle Wirtschafts- und Klimaminister der deutschen Grünen. (…) Robert Habeck, der Coole, Lässige, der seine Souveränität und seine Macherqualitäten gern mit den Händen in den Hosentaschen herunterspielt, damit er nicht zu ehrgeizig herüberkommt(…)“.

Keine zwei Jahre liegen zwischen diesen Sätzen von Bettina Kugler (Tagblatt,  2.7.22) über Robert Habeck und dem Februar 24. Ich vermute mal, dass Bettina Kugler, läse sie ihre Sätze von damals in diesen Tagen, vor Scham im Boden versinken würde – es sei denn, ihr wäre das große Wirklichkeitsverweigerungspotenzial zu eigen wie den hiesigen GRÜNEN. Kein anderer grüner Politiker aus der gegenwärtigen Führungsriege hat es geschafft, sich selbst in so kurzer Zeit zu demontieren wie Habeck. Bei Baerbock ist das anders: Bei ihr wusste man schon seit dem Wahlkampf, dass ihre Inkompetenz nur noch von ihrer Eitelkeit übertroffen wird, die sich, seit sie Außenministerin ist, in den horrenden Ausgaben für Stylisten und Hochglanzfotografen ausdrückt, wobei sie offensichtlich wie selbstverständlich davon ausgeht, dafür das Geld der Steuerzahler zu verwenden. Es wurde schnell klar, dass ihr Gerede von „feministischer “ und „werteorientierter Außenpolitik“ Deutschland in der Welt der Diplomatie zur Lachnummer machen würde. Weil sie nicht viel Ernsthaft-Politisches mitzuteilen hat, lässt sie eben viele Fotos von sich machen!

Die lässt Habeck auch von sich machen (wenn auch nicht in dem Umfang wie Baerbock). Aber er schien etwas zu sagen zu haben, er schien ein Macher zu sein, kompetent, gebildet, sprachbegabt, sympathisch – der Politiker anderen Typs eben – der lässig ist und souverän und ein Machertyp, wie es bei Bettina Kugler heißt.

Pustekuchen! Habeck, der lockere Plauderbär, offenbarte alsbald Wissenslücken, wirkte, wenn in Talk-Shows mal nachgehakt wurde, schnell nervös, auch pampig – bei Kindern würde das Wort „trotzig“ fallen – statt klarer Antworten kamen langatmige Ausschweifungen, die an Stelle einer Auskunft lediglich ein verbales Tänzchen anboten. Im Parlament zeigte er sich gelegentlich ungeduldig, verfiel in hysterisches Fauchen.

Im Zusammenhang mit der Causa Graichen konnte er noch einmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, weil er Graichen opferte. Trotzdem war er spätesten seit der „Graichen-Affäre“ beschädigt. Die Debatte um das „Heizungsgesetz“ geriet zum Desaster – auch für ihn persönlich. Dass er öffentlich ausgebuht und ausgepfiffen wurde, konnte er schon überhaupt nicht mehr einordnen. Er konnte es sich, einem bekannten Muster folgend, letztlich nur damit erklären, dass die Protestler „von rechts“ unterwandert worden waren. Der „Coole, Lässige, der seine Souveränität und seine Macherqualitäten gern mit den Händen in den Hosentaschen herunterspielt“ (B. Kugler),  war eingedampft worden auf Hobbit-Größe. Eigentlich noch kein Problem – wenn der Hobbit Habeck im Auenland lebte. Er lebt aber in einer der großen Wirtschaftsnationen der Welt und hatte als Aufgabe, diese Wirtschaft zu entwickeln und durch krisenhafte Zeiten zu führen. Daran aber ist er bis jetzt gnadenlos gescheitert.

Beispiel 1: Das faktische Scheitern des Heizungsgesetzes

Habecks Handeln ist von Ideologie bestimmt. Ein wesentlicher Teil dieses ideologischen Gebäudes ist die Energiewende, die im Kontext der Debatte um den Klimawandelt steht, und den daraus abgeleiteten Zielen. Diesem Ziel (Abschied von fossilen Energieträgern) war das „Heizungsgesetz“ geschuldet, das noch von Habecks Bruder im Geiste, nämlich Patrick Graichen, und der „Agora“ ausgetüftelt worden war. Um es kurz zu machen: Das (ursprüngliche) Gesetz wurde im Laufe der öffentlichen Debatten und der parlamentarischen Entscheidungsfindung ordentlich zerpflückt und zurechtgestutzt. Aber selbst die verbliebene „Rumpfform“ überzeugte die, die das Gesetz praktisch umsetzen sollten, nämlich die Wohnungseigentümer und Hausbesitzer, nicht! Ganz im Gegenteil! Das Gesetz bewirkte genau das, was verringert werden sollte, nämlich die Installation von Gas-und Ölheizungen.

Die Frankfurter Rundschau“ titelte am 15.11. 2023: „ Öl- und Gasheizungen feiern Comeback – Interesse an Wärmepumpen sinkt.“ Im Text heißt es u.a.: „Auch Berechnungen des Handelsblatts zeigen, dass fossile Energieträger im Heizungsbereich wieder auf dem Vormarsch sind. Demnach hatten Wärmepumpen im dritten Quartal einen Anteil von 26 Prozent an den Neuverkäufen. Auf Gasheizungen entfielen 63 Prozent, auf Ölheizungen neun Prozent. Damit, so die Wirtschaftszeitung, habe die Wärmepumpe im Vergleich zu den ersten beiden Quartalen drei Prozentpunkte Marktanteil verloren. Gasheizungen legten dagegen um fünf Prozentpunkte zu, Ölheizungen um zwei Prozentpunkte.“**

Für diese Entwicklung gibt es verschiedene Gründe, so etwa gesunkene Gaspreise und eine gestiegene Verunsicherung der Verbraucher. Ein Faktor ist aber auch, dass eine wirtschaftliche Entscheidung der „Endverbraucher“, die auf die Preisentwicklung schauen, offensichtlich nicht durch ideologische Überhöhung gesteuert werden kann im Sinne einer „Klimapolitik“, die vielen nicht als Maßstab aller Dinge gilt! Habeck hat bei der großen Entscheidung seines Ministeriums nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich (hinsichtlich des Verbraucherhandelns) eine Niederlage einstecken müssen. Eine Niederlage, bei der es aber nicht bleiben sollte!

Beispiel 2: Der Einbruch bei den E-Autos

Wir unterstützen die Transformation des Automobilsektors, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen, Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung hierzulande zu erhalten. Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovationsstandort für autonome Fahren und beschleunigen massiv den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur. Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030.“ (S. 22)  So der Wohllaut-Kling-Klang des Koalitionsvertrages/Regierungsprogramms. Schon beim Abschluss des Koalitionsvertrages hätte klar sein müssen, dass es sich hier um eine Fantasiezahl handeln muss. Am Ende des Jahres 2022 überschritt die Zahl der E-Fahrzeuge erstmalig die Millionengrenze. Wie in den acht Folgejahren das Vierzehnfache an E-Fahrzeugen auf die Straßen kommen sollten, bleibt ein Rätsel der Ampel-Koalitionäre.

Die Anmeldung von E-Autos bekam durch die staatliche Förderung einen Schub, nach dem Wegfall der Förderung sanken die Anmeldezahlen, so dass der ADAC im Februar meldete: „E-Autos auf Talfahrt. Der Absatz von Elektroautos ist im Januar gegenüber dem Vormonat drastisch eingebrochen. Lag die Anzahl der neu zugelassenen Stromer im Dezember noch bei knapp 54.700 – dies entspricht einem Anteil von 22,6 Prozent – so ging sie im Januar drastisch auf nur noch rund 22.500 oder10,5 Prozent zurück.***

Neben dem AUS der staatlichen Förderungen, die teilweise durch entsprechende Preisnachlässe der Automobilfirmen kompensiert wird, spielt die schwache Ladeinfrastruktur ebenso eine Rolle wie die recht hohen Preise der E- Fahrzeuge. Hinzu kommt, dass das „green-washing“ der E-Mobilität wohl auch eine Rolle spielt: Blickt man auf die E-Mobilität insgesamt (und nicht nur auf den Schadstoff-Ausstoß des Fahrzeugs) kommen unter Umweltschutz- und Klimagesichtspunkten zwei Faktoren zum Tragen: die Problematik der Batterie (einschließlich der Umstände  des Abbaus der notwendigen Rohstoffe) und der Umstand, dass die Klimaneutralität, wenn überhaupt, erst erreicht werden kann, wenn der Strom, mit dem die Autos angetrieben werden, „grün“ ist, was unzweifelhaft zur Zeit nicht der Fall ist. Es kommen weitere Aspekte hinzu: die zwar wachsende, aber im Durchschnitt immer noch geringere Reichweite der E-Fahrzeuge bei einer Ladung als die der Verbrenner bei einer Tankfüllung (vom Komfort bzw. der Ladedauer ganz abgesehen). Zudem ist völlig unklar, wie die Versorgung mit Strom aussehen wird bzw. würde, wenn neben den behaupteten 15 Millionen E-Autos auch noch Millionen von Wärmepumpen in Betrieb sind.

Vollmundige Ankündigungen und ein Weihnachtsmann-Wunschzettel sind der Kern der politischen Lyrik des Ampel-Programms und des Wirtschaftsministers.

Beispiel 3: Wohnungen und Wohnungsnot

Das trifft erst recht auf den Bereich des Wohnungsbaus zu. Im Koalitionsvertrag lesen wir:

Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen.“ (S. 69)

Was hier großspurig angekündigt wird, ist nichts anders als der Bau eines Wolkenkuckucksheims.Die brutale Wirklichkeit sieht anders aus: „Verheerende Bilanz für den Wohnungsbau“ (WAZ, 21.2.24). Nach dem Gutachten des „Zentralen Immobilienausschusses“ werden 2024 in Deutschland rund 600000 Wohnungen fehlen,2025 dann 720000 und bis 2027 etwa 830000 Wohnungen. Andreas Mattner, Präsident des Ausschusses, wird von der WAZ zitiert mit den Worten, diese Entwicklung sei ein „soziales Debakel“ und um die Baubranche stehe es so schlecht „wie nie in der Nachkriegsgeschichte“.

Und sonst?

Die drei genannten Beispiele stehen nicht nur für die Gegensätze zwischen den bunten Ankündigungen einer grün eingefärbten Zukunft und der trist-grauen Wirklichkeit, sondern stehen auch für die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt. Handel und Handwerk, Wohnungsbauwirtschaft und Autoindustrie sind große Wirtschaftsbereiche, in denen einerseits viele Menschen beschäftigt sind und von denen noch mehr Menschen betroffen sind – und zwar als Mieter, als Endverbraucher, als Nutzer von Dienstleistungen. Diese Bereiche der Wirtschaft sind teilweise geprägt durch mittelständische Unternehmen, die aber Weltgeltung haben (etwa in der Zulieferindustrie für Autokomponenten, im Maschinen-und Anlagenbau) oder im Bereich des Wohnungsbaus unmittelbar mit sozialen Problemfeldern beschäftigt sind (Wohnungsmangel).Sie sind Teil eines Problemgeflechts, das sich ausgedehnt hat, seitdem der Poster-Boy der Ampelkoalition das Steuerruder für die Wirtschaft in der Hand hält. Die deutsche Wirtschaft schlingert nicht auf eine Krise zu, sondern steckt bereits mittendrin.

Und Habeck? Hat im Bayerischen Rundfunk Sprüchlein anzubieten und ist selbst für nichts verantwortlich: „Das weltwirtschaftliche Umfeld ist labil, das Wachstum des Welthandels historisch niedrig, was für eine Exportnation wie Deutschland eine Herausforderung ist. (…) Was wir jetzt brauchen, ist ein Reformbooster.“****

Die Ursachen sind, so Habeck, rein exogen (weltwirtschaftliches Umfeld), und zur Lösung bedarf es einer Sprechblase.

Es wäre schön, wenn Habeck in der Lage wäre, seine Strategie für eine wirtschaftliche Erholung nicht mit der Boostervokabel zu beschreiben, sondern mit Inhalten, Maßnahmen und konkreten Konzepten zu unterfüttern.

Es wäre schön zu erfahren, warum er nicht in den letzten zwei Jahren daran gearbeitet hat, die deutsche Wirtschaft zu ertüchtigen, denn die Krise ist nicht vom Himmel gefallen?

Es wäre schön, wenn er erklären könnte, warum Deutschland abgehängt ist und andere Nationen nicht so schlecht dastehen wie die „Führungsmacht“ der EU!

Es wäre schön, wenn Habeck erklären könnte, warum die EU-Kommission davon ausgeht, dass Deutschland (nebst Finnland) auch 2024 das Schlusslicht der europäischen Volkswirtschaften sein wird, wo doch die anderen Länder ebenfalls mit den exogenen Faktoren zu kämpfen haben, die Habeck ins Feld führt!

Was Habeck im BR zur wirtschaftlichen Situation und zur Krise von sich gibt, sind Satzbausteine aus dem ersten Semester Volkswirtschaftslehre. Dass die deutsche Wirtschaft Teil eines internationalen Geflechts ist, ist eine Binse und Habeck doch sicher nicht erst seit gestern bekannt. Dass er zudem mit einer billigen Leerformel aus der „Doppelwumms-Vokabel-Grabbelkiste“ um die Ecke kommt, ist nur noch peinlich.

Nein, ich muss Frau Kugler widersprechen! Habeck hat abgewirtschaftet! Er kann die schlechte Politik der „Ampel“ noch nicht einmal mehr gut verkaufen! Seine Chance, Verkäufer des Jahres zu werden, hat er verspielt! Der Schaum der Tage besteht aus Seifenblasen, die eben nicht mehr bunt schillern, sondern zerplatzt sind und klebrig-schmierig-glitschig den Boden versauen!

* https://www.tagblatt.ch/kultur/kuenftiger-kanzler-wer-den-deutschen-gruenen-chef-robert-habeck-verstehen-will-sollte-seine-kinderbuecher-lesen-ld.2311860

** https://www.fr.de/wirtschaft/heizungsindustrie-waermepumpe-oelheizung-gasheizungen-verkauefe-absatz-zr-92672414.html

*** https://www.adac.de/news/neuzulassungen-kba/

**** https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/robert-habeck-kommen-langsamer-aus-der-krise-als-erhofft,U4vAQ7s#

Koalitionsvertrag: https://www.wiwo.de/downloads/27830022/8/koalitionsvertrag-2021-2025.

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ali-Emilia Podstawa

Heute vor der Bundespressekonferenz:

„Die Situation ist extrem herausfordernd, wir müssen mehr tun, die Reform angehen, die Reform boostern, um die Wettbewerbsfähigkeit zu halten, aber wir sollten es tun mit einer Haltung des Unterhakens und der konkreten nächsten Schritte.“

Robert Habeck, Postwachstumsexperte der Herzen

Ich kann das alles nicht mehr…🤷‍♂️

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Fra.Prez.

Das Handtuch, was eigentlich geworfen werden muss, ist z.Zt. in der Wäsche

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