Aus Anlass der Niederlage gegen Kaiserslautern
Meine ersten Spiele des FC SCHALKE 04 habe ich noch in der „Kampfbahn Glückauf“ gesehen. Ich habe – schon mit Dauerkarte – bei Wind und Wetter in der Nordkurve des Parkstadions gestanden. Meine drei Söhne und ich haben vier Dauerkarten für die Nordkurve der Arena – wobei ich, aus gesundheitlichen Gründen, seit der letzten Saison dort nicht mehr stehe (die Karte habe ich an O4-Nachwuchs ausgeliehen). Siege, Niederlagen, Hoffnung, Verzweiflung, Aufstieg, Abstieg, Glanz und Elend, großartige Momente und traurige Stunden. Fantastische Spieler und etliche Luschen.
Der Fußball hat sich verändert – zum Guten und zum Schlechten. Aber es gibt eine Konstante: pinkelnde Männer. Diesen Archetypen des Fußballs ist dieser Text gewidmet. Und dem ernsten Thema kommt natürlich nur die große Form bei, angelehnt an eine Chorpassage aus „Antigone“ von Sophokles. Der Text wurde zum 100. Geburtstag des Vereins (2004) für das „Schalke Musicals“ (04 -Keiner kommt an Gott vorbei) geschrieben, zu dem ich die Song-Texte schreiben durfte, fand aber keine Aufnahme in das Musical. Der „Chor“ wird also in diesem Jahr 20 Jahre alt – und ist immer noch aktuell, wie man nach jedem Spiel feststellen kann.
Chor der pinkelnden Männer oder Hommage an Sophokles (Antigone)
Ungeheuer ist viel, doch nichts
Ungeheurer als der Mann.
Gewaltige Schiffe lenkt er mit seiner Hand
Auf des Meeres peitschenden Wogen.
Mit stählernen Vögeln befliegt er den Himmel,
den bewölkten.
In den kalten Wüsten des Mondes richtet er
Eine Flagge auf.
Flora und Fauna beutet er aus
Zu seinem Nutzen.
Doch nach dem Spiel, dem 90minütigen
Schlägt er sein Wasser ab
In Feld, Wald und Flur
An steinerner Mauer oder
Dem Drahtzaun, dem gemaschten.
Er, der die Welt beherrscht,
Kann sich selbst nicht beherrschen.
Er, der sich die Welt untertan macht,
Wird zum Sklaven seiner Blase,
Der prall gefüllten.
Er muss sie entleeren.
Erst danach schreitet er voran,
Beschwingten Schritts und erleichtert,
Bereit, neue Welten zu erobern.