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Heute mit: komplizierten Sachverhalten, die einfach sind, und einfachen Sachverhalten, die kompliziert sind. Oder umgekehrt!

Lehrer Lämpel sagt...Martin Luther soll angeblich (vermeintlich, so wird behauptet) als Parodie auf ein bekanntes Lied der deutschen Lyrikerin Nena so etwas ähnliches gesagt haben wie: „Bevor ich weitere 95 Luftballons in Wittenberg an der Kirche annagle, fälle ich lieber ein Apfelbäumchen.“ Das führt uns schon zur ersten Schwierigkeit von heute, nämlich dem Umgang mit Bäumchen. In unserem Fall geht es aber nicht um das Fällen von Bäumchen, sondern um das Pflanzen. Auf der vom 19. bis zum 28. Januar 2024 in Berlin stattfindenden „Internationalen Grünen Woche“ sollte die lebende Kommunikationslegende Olaf Scholz ein Bäumchen pflanzen – eine Moorbirke (fachwissenschaftlich: Betula pubescens), den „Baum des Jahres 2023“. Eine unkomplizierte Angelegenheit, so sollte man meinen! Also pflanzte der Kanzler etwas ein, grinste in die Kameras – und fertig war das Pressefoto. Darauf kam es an! Erst danach stelle man fest, dass der Olaf gar keine Moorbirke eingepflanzt hatte, sondern eine Rotbuche. Was aber farblich natürlich besser zum Partei-Rot der SPD passt!  Unkompliziert also! *

Etwas komplizierter ist es da schon mit dem Rassismus und der Forschung dazu, wobei Rassismusforschung voraussetzt, dass es Rassismus gibt, den zu erforschen es Lehrstühle an Universitäten bedarf. So ein Rassismusforscher (korrekt: Rassismusforschender, der sich forsch mit Rassismus beschäftigt) hat sich jetzt zum Karneval geäußert, genauer: zu den Kostümen. Man soll, so der eben erwähnte Forschende, „besser nicht als ´Indianer´ gehen“, auch solle man keinen „Bastrock“ anziehen und womöglich dazu noch einen „Knochen ins Haar“ stecken. Überhaupt solle man darauf verzichten, Angehörige „exotischer Gruppen“ darzustellen. Dazu zählt er allerdings ausdrücklich nicht die Schweden und die Bayern. Deshalb ist es nicht „rassistisch, sich so zu verkleiden“, sagt der Experte. Und es ist auch keine kulturelle Aneignung. Wenn also z.B. ein Mann aus Ghana oder eine Frau aus Peking oder ein Inuk gerne als „Bayer“ in Lederhose auf die Karnevalsfeier gehen möchte oder als schwedischer Smörrebröd-Olaf, dann ist das korrekt! Wer aber Probleme vermeiden will, so Karim Fereidooni, der Experte von der Uni Bochum, der soll am besten als „Gegenstand oder Tier“ zum Karneval gehen, also z.B. als Billy-Regal aus Schweden oder als Gamsbarthut aus Bayern. Oder als Sprengstoffgürtel oder Autobombe – da ist man sozusagen auf der sicheren Seite. Ist doch einfach! *

Zehntausendfach gehen in diesen Tagen Menschen gegen „rechts“ auf die Straße, wobei das Anliegen seltsame Blüten treibt. Etwa die, dass selbst die CDU (auch der Ministerpräsident des Landes NRW) mitmacht, obwohl man die CDU im üblichen Spektrum eher dem „rechten“ Lager zuordnet, auch wenn die CDU durch die Merkel-Jahre „vergrünt“ worden und nach „links“ gerückt ist. Aber warum soll man nicht gegen sich selbst demonstrieren – es gibt ja auch Eigenliebe. Oder, wie Woody Allen mal gesagt hat: „ Don’t knock masturbation. It’s sex with someone you love.” **

Was die Liebe angeht, habe ich auf Fotos und in Filmberichten von Demonstrationen gegen „rechts“ wiederholt (meist handgeschriebene) Schilder und Plakate gesehen, auf denen stand: „Fuck Nazis“ oder auch, unter Weglassung der Vokale“, „FCK NZS“. Und da habe ich mich natürlich gefragt: Will man das wirklich? Und: wer macht denn sowas? Vor allen Dingen, wenn Kinder solche Plakate hochhalten, die noch nicht einmal in der Pubertät sind! Und wie ist das mit den Nazis? Was sagen die denn dazu? Da wird fast vorausgesetzt, dass sie sich gerne fckn lassen wollen, weil die nicht nur rechtsextrem sind, sondern auch noch Sxldr oder Schlmpn! Die Frage, wer mit wem da etwas gegen „rechts“ treibt, führt uns zur Frage, warum aufrechte Demokraten, Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Parteien, die im Bundestag sitzen und die Regierung bilden, hinter einem Transparent an der Spitze der Demo laufen, auf dem steht: „AfDler töten.“ Fckn ist so eine Sache! Aber einen Menschen töten, selbst wenn derjenige der AfD anhängt? Der Aufruf stand auf dem Banner, das an der vordersten Spitze, also in der ersten Reihe, einer „Demo gegen rechts“ in Aachen getragen worden ist, wie die Aachener Zeitung berichtet hat.*** Aufrechte Demokraten mit Aufrufen zum Mord: einfach oder kompliziert? Oder einfach geschmacklos und als Aufforderung eine Straftat!

Aber wirklich kompliziert, um mit einem freundlichen Thema den „ELEVATOR“ abzuschließen, ist es mit der deutschen Grammatik. Eine Schlagzeile der heutigen Lokalausgabe einer bekannten Regionalzeitung lautet: „Kritik an lautem religiösem Infostand“. Dahinter steckt ein  Grammatikproblem, nämlich die Frage der Beugung (Flexion) zweier Adjektive, die vor einem Substantiv stehen (hier laut und religiös). In einem solchen Fall  gibt es generell Wechsel- und Parallelflexion. Das Problem tritt im Dativ auf, wie im Fall der Überschrift (an lautem religiösem oder an lautem religiösen).

Hierzu die „Gesellschaft für deutsche Sprache“: „Um herauszufinden, ob zwei nebeneinanderstehende Adjektive auf die gleiche Weise stark, also parallel flektiert werden, gibt es eine einfache Grundregel: Wenn das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine Bedeutungseinheit bildet, die als Ganzes vom ersten Adjektiv näher beschrieben wird, tritt in der Regel Wechselflexion ein: nach langem schweren Leiden (= das schwere Leiden war lang), nach heftigem parlamentarischen Streit (= der parlamentarische Streit war heftig). Wird dagegen das Substantiv von beiden Adjektiven gleichermaßen beschrieben, wird parallel, also jeweils stark flektiert: nach langem schwerem Leiden = das Leiden war lang und schwer.“****

Das Hilfsverfahren ist die „und-Setzung“, um herauszufinden, ob das Substantiv von beiden Adjektiven gleichermaßen beschrieben wird. War der Infostand also laut und religiös oder war der religiöse Infostand laut? Einfach? Kompliziert? Oder einfach kompliziert?

Eine schöne Woche noch!

*Quelle WAZ 23.1.24 (Papierausgabe)

** Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/2078378-woody-allen-sag-nichts-gegen-masturbation-das-ist-sex-mit-jem/

*** Angeführt wurde der Aufmarsch mit einem Banner, „Afdler töten. Nazis abschieben“ Mittlerweile wurde wegen der Aufschrift Strafanzeige gestellt.

Siehe: https://www.aachener-zeitung.de/lokales/region-aachen/aachen/strafanzeigen-nach-demo-gegen-rechtsextremismus/7483355.html

**** https://gfds.de/beugung-und-kommasetzung-bei-mehreren-adjektiven/#

        (Hervorhebung durch Fettdruck im Original)

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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