„Eine katastrophale Entwicklung“ überschreibt Annika Matheis ihren Beitrag in der WAZ zur Entwicklung der Hauptstraße und greift damit die Aussage eines Geschäftsinhabers auf, der in der Hauptstraße mit seinem Optikerladen schon Jahrzehnte ansässig ist! Eine andere Lageeinschätzung lautet, das Stadtviertel mitsamt der Hauptstraße sei im „ungebremsten Sinkflug“.
Jeder, der das Geviert Von-Oven-Straße-Hansemannstraße (mit Margarethe-Zingler-Platz) -Gildenstraße-Sparkassenstraße und Am alten Markt kennt, durch dessen Mitte sich die Hauptstraße zieht, die auf der einen Seite auf die Evangelische Altstadtkirchen und auf der anderen Seite auf den Margarethe-Zingler-Platz zuläuft, wird diese Aussagen unterschreiben.
Einerseits eine Straße noch mitten in der Altstadt („City“), durchaus mit einigen hübschen Fassaden, die das Auge erfreuen, andererseits kann die Hauptstraße fast sinnbildlich für den gesamten Bereich der Innenstadt stehen: Ein Bereich auf der Kippe, aber mit mehr oder weniger starker Tendenz ins Negative.
Es gibt noch einige Fachgeschäfte, teilweise alteingesessen und inhabergeführt: Leder Jungmann, Optik Oppermann, das Biokörbchen und den B&B-Bikes-Fahrradladen (vor einiger Zeit fusioniert mit Inter-Rad von der Kirchstraße). Es gibt das Café Faber, das sich in den Räumen eines dort vormals ansässigen Schuhgeschäfts etabliert hat, und es gibt die ABC-Apotheke. Die Veränderung, eine negative Formulierung wäre „der Verfall“, zeigt sich in der Ansiedlung von Geschäften, wie wir sie aus der Innenstadt insgesamt kennen: ein türkisch-arabischer Friseur, einen ebensolchen Laden für Goldschmuck, dazu der passende „Supermarkt“ mit den entsprechenden Waren– ergänzt durch einen Gebrauchtmöbelhandel und die Ketten TEDI (Tengelmann Discount) und Woolworth (hat den vormaligen Platz von KODI eingenommen). Ein Telefonladen darf natürlich nicht fehlen (Handy Max), der ist aber, zumindest heute, „vorübergehend geschlossen“, die Webseite ist z.Zt. nicht erreichbar. Das altbekannte Wettbüro gibt es immer noch. Neben dem Café Faber hält sich ein Reisebüro, daneben (an der Sparkassenstraße) ein Friseurgeschäft, die Traditionsbuchhandlung Junius und – gegenüber- das „Hörakustik-Fachgeschäft“ Schiemenz.
Mittlerweile hat es ein Treffen von Geschäftsleuten aus der Hauptstraße, die sich an die Stadt gewandt haben (Offener Brief an OB Karin Welge), und Vertretern der Stadt gegeben (Wirtschaftsförderung), in dem es u.a. um die Gestaltungssatzung und die Belegung der Ladenlokale ging, die natürlich in den zurückliegenden Jahren das Gesicht der Straße verändert haben. Eine „schmucke Einkaufsstraße“ ist die Hauptstraße nicht mehr! In dem Mix aus Filialen von großen Ketten mit einem Angebot im unteren Preissegment, die keinen Wert auf liebevolle Gestaltung der Fenster und Auslagen legen, Geschäften, die ein spezifisches Publikum anziehen, das den alteingesessenen Fachgeschäften keinen Kundenzuwachs bringt, und dem Gesamtumfeld, das durchaus durch Bettelei, Vermüllung, Leerstände (etwa Von-Oven-Straße) und sinkende Käuferfrequenzen gekennzeichnet ist, stehen die Kaufleute eher auf verlorenem Posten – und leben von Fach- und Stammkundschaft, die den Optiker oder das Lederwarenfachgeschäft, den Fahrradladen und das Bio-Körbchen gezielt aufsucht.
Die Hauptstraße, die als kleines Highlight des Quartiers, durchaus ihren Reiz hat, leidet aber nicht (hauptsächlich) aus sich heraus an Problemen, sondern zeigt die innerstädtische Entwicklung nur wie in einem Brennglas deutlich auf. Eine veränderte Bevölkerungsstruktur, geringe Einkommen, ein geringer sozialer Status vieler Gelsenkirchener spiegeln sich in der sich verändernden Mischung von Geschäften und der Dominanz bestimmter Angebotsstrukturen eben auch in der Hauptstraße.
Eine isolierte Betrachtung der Hauptstraße, kann , bei allen wünschenswerten Initiativen zur Belebung, nicht erfolgreich sein, sondern nur im Kontext einer innerstädtischen Gesamtschau und einer veränderten „Stadtlandschaft“. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass das Konzept der Innenstadt als „Einkaufsmeile“ tot ist – die Bahnhofstraße ist der unschöne Beweis für diese These. „Innenstadt“ – und dazu gehört die Hauptstraße unzweifelhaft, muss also neu gedacht und neu gemacht werden. In einem Positionspapier des Deutschen Städtetages wird die „Vernetzungsfunktion“ der Innenstadt hervorgehoben:
„Die Innenstädte und Zentren haben eine Vernetzungsfunktion in mehrfacher Hinsicht. Hier finden Menschen und Unternehmen zusammen, tauschen sich aus und vernetzen sich. Interessenten, Kunden und Käufer finden Waren und Dienstleistungen. (…) Die Vernetzungsfunktion geht weit über den bloßen Warenaustausch hinaus. Neue Innen- stadtentwicklungskonzepte sollten daher verstärkt auf die unterschiedlichen Funktionen der Innenstädte und Zentren eingehen. Nutzungen wie Produktion, Logistik, Wohnen, Dienstleistungen, Kultur, Bildung und Tourismus müssen bei der Erarbeitung von Zielbildern genauso berücksichtigt werden, wie die Themen Gesundheit, Aufenthaltsqualität, Digitalisierung, Sauberkeit und Sicherheit.“ ***
Solche Konzepte umzusetzen, bedarf es eines langen Atems. Sie überhaupt erst einmal in Angriff zu nehmen, bedarf es politischen Mutes. Es bleibt zu hoffen, dass in Gelsenkirchen sich solcher Mut entwickeln kann, bevor die letzten engagierten Kaufleute in der Hauptstraße ihre Läden schließen, weil Besserung nicht in Sicht ist!
*** https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Publikationen/Positionspapiere/2021/210224-diskussionspapier-zur-innenstadt.pdf (Hervorhebung durch mich, BM)
Mir fehlt der Glaube an einen nachhaltigen Turnaround. Die genannten Probleme existieren ja schon seit Jahren, interessiert hat es die Kommunalpolitik kaum bis gar nicht. Und mittlerweile hat sich rund um den Markt ein arabisches Viertel etabliert. Da ist diese Gestaltungssatzung noch das kleinste Problem. Für mich gibt es überhaupt keinen Grund mehr, warum ich in den Gelsenkirchener Süden fahren sollte. Den Geschäftsleuten wünsche ich auf jeden Fall viel Erfolg. Es ist gut und wichtig, dass man den Dialog mit der Stadtspitze sucht. Wenngleich ich am Ende des Tages auch den Eindruck habe, dass Gelsenkirchen unsere Politiker nur interessiert, wenn gerade Wahlkampf ist. Und das gilt ausnahmslos für alle Parteien.
Die Straße wird halt nur von der Multikulti-Gesellschaft übernommen – die Deutschen sterben aus. Was ist besser? Alles leer oder so wie jetzt? Ob man noch Einfluss aufs Erscheinungsbild haben will/kann in der Kommune, steht auf einem anderen Blatt. Seitdem die Iranerinnen ihre Kopftücher verbrennen, kann z.B vielleicht wieder mal vernünftig über Sinn und Zweck von Hidchab- und Kopfttuchgeschäften diskutiert werden..oder sonstige archaischen Rituale im öffentlichen Raum zurück in die Vergangenheit von anderen Ethnien. Wenn das politisch gewollt ist. Dass man zusätzlich mit dem katastrofalen neuen Margarete-Zingler-Platz durch kreative Stadtplanung mit Steuergeldern einen Lost Place schaffte, der nur durch Abriss zu retten wäre, ist auch so ein Punkt.