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Rinks und Lechts und andere Probleme

Ein Krankenhausaufenthalt kann ein Quell echter Freude sein. Jedenfalls dann, wenn man dort nicht arbeitet oder sich krankheitshalber länger als eine halbe Stunde in dieser Welt aufhalten muss. Aber ansonsten ist die Mischung aus menschlichem Krankheits-Elend und Déformation professionelle schon eine Art Vorhof der Hölle. Aber wie gesagt: eine halbe Stunde – gerne mal!

Wie kürzlich: CT der rechten Schulter nach Sturz. Im Wartebereich überreicht mir ein Mann ein Klemmbrett, einen Stift und einen Fragebogen. In einem tiefen, schweren, nach ganz weit im Osten klingenden Sound, so als hätte ihm Mütterchen Russland persönlich eine Schubkarre voll Taiga auf die Stimmbänder geklebt, sagt er etwas, was klingt wie „AUSFÜLLEN, KOMME GLEICH WIEDER!“

Mache ich doch glatt, zumal es nur einiges  anzukreuzen gilt.

Bei der Frage, ob ich momentan schwanger sei, kreuze ich, ehrlich wie ich bin, das NEIN-Kästchen an. Kaum bin ich fertig, kommt IGOR, ich nenne ihn einfach mal so, zurück, nimmt mir das Klemmbrett und den Stift ab und sagt: „Hätten Sie nicht ausfüllen müssen, ist für Kontrastmittel, sie kein Kontrastmittel.“ Trotzdem, gut, dass klar ist, dass ich nicht schwanger bin. Wer weiß, was dann alles passiert wäre!

Nikita, ich nennen ihn einfach mal so, bringt mich zur Umkleidekabine und fragt mich, bevor er die Tür schließt: „War rechte Schulter, ne?“ Ich antworte wahrheitsgemäß „Ja!“.

Kurze Zeit später ist Juri, ich nennen ihn einfach mal so, schon wieder da, führt mich zum CT-Tisch und fragt mich: „War linke Schulter, ne?“ „Nein, die rechte Schulter“, sage ich, bevor ich mich auf die Liegefläche dieser riesigen Maschine lege. Sascha, ich nennen ihn mal so, verschwindet wortlos hinter einer Glasscheibe, von der aus mir Hinweise und Kommandos über einen Lautsprecher gegeben werden. Ruck-Zuck ist die Prozedur vorbei. Ich ziehe meine Klamotten in der Kabine wieder an. Als ich den Raum verlasse, sehe ich, wie Maxim, ich nennen ihn einfach mal so, im Wartebereich einem Mann das Klemmbrett in die Hand drückt, und ich höre, wie er sagt: „AUSFÜLLEN, KOMME GLEICH WIEDER!“

Die Bilder, die der Radiologe mir einige Zeit später zeigt und erläutert, sollen angeblich  von der rechten Schulter gewesen sein. Aber ich kann auf solchen CT- Bildern nie wirklich etwas erkennen. Wäre ich schwanger gewesen und der Radiologe hätte mir gesagt „Ein Junge“ und mich gefragt „Haben Sie schon einen Namen?“, hätte ich wahrscheinlich gesagt: „Irgend so etwas wie Igor oder Sascha oder Nikita oder Juri.  Juri! Juri klingt gut!“

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Hast du nicht gefragt, ob es Putins Teufel oder Selenskyjs Engel waren?

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