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Der Gedanke an die Badetage meiner Kinderzeit in der Waschküche, in der Zinkwanne sitzend, löst bei mir noch heute Gänsehaut aus. Haut auf Zink in (Schmierseife) Korrektur: Kernseife, wenn es ganz übel kam, zusätzlich mit Wurzelbürste, schien elektrolytische Vorgänge auszulösen, die adstringierend von Kopf bis Fuß und bis in den Mund hinein wirkten.

Manchem geht es ähnlich, wenn er an das Geräusch von Kreide auf Schiefertafel denkt, solche Foltersituationen würden heute vor die UNO Menschenrechtskommission gebracht werden und sind zum Glück geahndet, verschwunden.

Geräusche haben die Neigung zu verschwinden. Wohin, ist nicht immer bekannt. Das nächtliche Blubbern einer Harley-Davidson im Innenhof zum Beispiel, hörte nach einigen Wochen auf, ohne dass ich es aufzeichnete und für die Nachwelt festhielt.

Die Schlafzimmergeräusche der Nachbarschaft haben ebenfalls sehr abgenommen, scheint ein allgemeiner Trend zu sein, weniger Lust, mehr Smartphone Blauschimmer.

Vor Corona gab es bis 23 Uhr das Summen der Schleifen drehenden Ferienflieger im 7-Minuten-Takt, nach 23 Uhr tief fliegende Propeller Transportmaschinen. Zu Beginn des Ukrainekrieges brummten Transportmaschinen zu jeder Zeit vorbei, verdrängten Naturgeräusche.

Elstern keckern ab und zu, Krähen kreischen auf den Schlafbäumen, Meisen, Mauersegler, Amseln, Stieglitze, Tauben meinen den Sound der Straße untermalen zu müssen. Es hupt sich durch die Straße, vermischt sich mit hämmernden orientalischen Bässen und Fahrern, die einander Wahrheiten über Fahrstile und die Berechtigung auf frei werdende Parklücken zurufen.

Wenn es still wird, so still, dass man sich schon zu fürchten beginnt, dann flattert wummernd ein Polizeihubschrauber über dem Haus auf und ab und nimmt die Angst vor dem Nichts.

Seit einigen Monaten gibt es eine Bereicherung der innerstädtischen Klanglandschaft.

Auf dem „Bauer Haus“, dem Ärztehaus in der Ahstraße, summt und surrt, quietscht, klirrt, scheppert je nach Gemütslage, Tageszeit, Temperatur, Windrichtung, eine einzigartige Klangmaschine Konzerte in die Wohnungen der Nachbarschaft. Gratiskonzerte. Niemand muss dafür zahlen, keiner kann sich dem aber andererseits auch entziehen.

Übel meinende Menschen streuen das Gerücht, dass es eine von diesen Wärmepumpen wäre, die eh nichts taugen und sehr bald überall wieder ausgebaut werden müssten, weil es keine Fachkräfte gäbe für die Wartung und Justierung der Anlagen.

Andere behaupten, dass es eine Mischung aus Cyber-Attacke und psychologischer Kriegsführung Putins sei, was ich aber bezweifele.

Wahrscheinlicher ist, dass akustischer Terror – richtig müsste es heißen, Lärmemissionen, die Gelsenkirchener an ihre große industrielle Vergangenheit erinnern soll, wo es qualmte, rauchte, stank und herumlärmte.

Vielleicht ist es aber auch nur ein Hinweis darauf, dass wir weder die Straßen- Schienen- Brücken- Digitale Infrastruktur instand halten können, schon gar kein Interesse haben,  Bürger vor unnötigem Lärm zu schützen.

Darauf erst einmal eine sich aufwölbende Fahrbahn mit aufgeworfenen Platten vor dem Wohnzimmer der Stadt, dem Hans Sachs Haus.

Es wächst zusammen, was zusammen gehört.

 

 

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Von Heinz Niski

Handwerker, nach 47 Jahren lohnabhängiger Arbeit nun Rentner. Meine Helden: Buster Keaton, Harpo Marx, Leonard Zelig.

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Det.Kort.

zinkwanne kenn ich auch waschküche früher wurde auch gebadet ja aber schmierseife nö fichtennadel badezusatz 1 tablette

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