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Alle Großen der SPD, die jemals Kanzler waren, haben etwas hinterlassen. Einen Satz oder eine Tat. Oder beides. Wie Willy Brandt. Er hat uns – als Mahnung und Bitte um Vergebung zugleich – den Kniefall in Warschau vom 7.12.1970 vor dem Mahnmal zum Gedenken an den jüdischen Ghettoaufstand von 1943 hinterlassen – als Tat. Und als Satz „Mehr Demokratie wagen!“ Helmut Schmidt hat uns als Tat den NATO-Doppelbeschluss hinterlassen. Und als Satz „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Und als zweiten Satz: „Die heutige politische Klasse in Deutschland ist gekennzeichnet durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei und durch ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten.“

Und Gerhard Fritz Kurt „Gerd“ Schröder? Er wurde bekannt durch den hemdsärmeligen Gartenfest-Satz „Hol´ mir mal ´ne Flasche Bier!“ Ein Satz, der, vertont durch Stefan Raab, sogar zum Charts-Hit wurde. Und als Tat bleibt zu vermerken, dass Schröder 2003 die Option eines Krieges gegen den Irak ablehnte und sich für diese Entscheidung starker Kritik ausgesetzt sah, aber standhaft blieb! Das ist aber in Vergessenheit geraten! In Erinnerung ist er (fast nur noch) als Gas-Gerd und Putin-Freund, als alter Mann mit junger Frau und als gestylter Brioni-Träger. Und da Undank der Welt Lohn ist, wurde er für seinen Gas-Deal mit Russland zunächst gefeiert, denn sowohl die Privathaushalte als auch die Industrie nahmen das preiswerte Gas gerne an. Und auch ein auf Kohle gegründeter Gelsenkirchener Fußballverein nahm die Gazprom-Millionen als Sponsoren-Kohle gerne und machte für den Konzern auch ebenso gerne Werbung! Aber dann verdammte man Gas-Gerd wegen seiner Nähe zu Putin, als dieser seine Truppen in die Ukraine einmarschieren ließ. Aus dem Gefeierten sollte ein Gefeuerter werden, ein Verfemter, der kontaminiert war mit der Putin-Seuche! Aber es funktionierte nicht mit dem Rausschmiss aus der SPD – und freiwillig wollte er nicht gehen. Was bedeutet: Gerd Schröder ist jetzt 60 Jahre Parteimitglied. Und die Satzung der Partei sieht vor, dass eine derartige Treue mit einer Ehrung verbunden ist. Was eine Ehrung sein sollte, wird aber jetzt zum Eiertanz – auf rohen Eiern! Jetzt muss der eben noch Verfemte, den man nicht rausschmeißen konnte, sogar geehrt werden, was ihm – satzungsgemäß – eben zusteht.

Und so hebt sich der Vorhang zu einem Schmierenstück, das nicht nur Gerd Schröder gegenüber unwürdig ist, sondern vor allem gegenüber der ältesten demokratischen Partei Deutschlands selbst. Der zuständige Ortsverein Hannover-Oststadt-Zoo konnte sich nicht auf eine Zeremonie einigen, so dass nun der Bezirksverband Hannover einspringen muss. Eine Urkunde soll er bekommen, aber den für ein solches Jubiläum vorgesehenen Festakt nicht. Stattdessen eine nicht-öffentliche kleine Veranstaltung mit maximal 50 Gästen!

Schröder werde nun, so Lars Klingbeil, seines Zeichens SPD-Chef, „wie jedes andere SPD-Mitglied behandelt“. Seine Urkunde bekommt er – das ist sein gutes Recht! Aber verstecken vor der Öffentlichkeit will man ihn schon, den politisch Besudelten! Wie erbärmlich! Wenn ein Clown in einen Palast einzieht, wird er nicht zum Prinzen, aber der Palast wird zum Zirkus. Und wenn man Schröder in einer Hinterzimmer-Kneipe versteckt, wird aus ihm kein „einfaches“ Parteimitglied, aber die Partei wird zu einem kleingeistigen Hinterzimmer-Verein!

Wir wissen natürlich nicht, ob Schröder überhaupt hingeht und an dem schäbigen und lächerlichen Eiertanz teilnimmt, bei dem ein „Ehrloser“ geehrt wird. Wenn er etwas jünger wäre, könnte ich mir ihn gut vorstellen, wie er mit nacktem Oberkörper auf einem Pferd, das ihm Putin geliehen hat,  in die Kneipe einreitet und den Ortsvereinsvorsitzenden anraunzt mit dem Satz „Hol´ mir mal ´ne Flasche Bier!“

 

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Er könnte ja auch auf einem Steiff Tier Tiger in den Saal rein rollen, unter einem Arm den Originaltext von Willy Brandts Berufsverbote Erlass und mit dem anderen einen SPD-Wendehals schwingend, ganz in der Tradition der Wattenscheider Gänsereiter, die zu Pferd Gänse von Leinen pflücken mussten.

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Ro.Bien.

Mir ist für immer sein Bild volltrunken unterm Hagebuttenstrauch eingebrannt.

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Pet.Teut.

„Die heutige politische Klasse…“ sagte im Grunde schon alles über die Unsäglichkeiten, die der „Souverän“ heute über sich ergehen lassen muss.comment image

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Dagm.Lau.

Die Worte Helmut Schmidts sollte jeder Politiker auf seinem Schreibtisch mit einem Spiegel stehen haben.

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