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Franz Kafka, Kleine Fabel

Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, dass ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du musst nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie. (1920/ Titel von Max Brod)

Der kurze Kafka-Text, dem Max Brot den Titel „Kleine Fabel“ gegeben hat, ist eine Parabel. Sie hat eine Bildebene und eine Deutungsebene, die sich durch Analogieschlüsse ergeben. Ausgangspunkt kann das Wort Mauer sein.

kafka DenkmalWenn wir die Maus als Partei sehen, dann ist sie – als Analogie verstanden – die Merz-CDU auf ihrem langen Weg, das Verhältnis zur AfD zu klären. Das Problem scheint gelöst zu sein, als – unter dem Begriff „Brandmauer“ – die Abgrenzung erfolgt, allerdings mit der (durchaus realitätsnahen!) Einschränkung, es könne Situationen geben, in denen, weil es dem Wohl aller dient, etwa in einer Kommune, ein Zusammenwirken mit der Partei der Aussätzigen doch erfolgen könne. Statt als Befreiungsschlag zu wirken, erweist sich die Idee von der „Brandmauer“ nun als Falle, weil sie die Bewegungsfreiheit einschränkt. Was bei Kafka die Katze mit ihrem zynischen Rat ist, sind im „wirklichen Leben“ die anderen Parteien (des „linken“ Lagers), die nun über die Maus herfallen wegen eines Beschlusses in Thüringen, wo im Landtag die CDU gegen die Ramelow-Minderheitsregierung eine Senkung der Grunderwerbssteuer mit den Stimmen der AfD und der FDP durchgesetzt hat.

Nun fliegen also die zu erwartenden Vokabeln durch den Raum, um die CDU, besonders den Vorsitzenden Merz, zu diskreditieren und zu Freunden der Rechtsaußen hochzujazzen: von historischem Versagen ist die Rede, von einem Tabubruch, von einer fatalen Entscheidung, von einer Normalisierung des Rechtsextremismus und der gleichen mehr dröhnt es aus den Reihen der SPD und der GRÜNEN. Und der Chef der linken Minderheitsregierung, Ministerpräsident Ramelow, spricht von einem schwarzen Tag.

Klar, ist es ja auch! Besonders für ihn, der von den Wählern nicht mit einer Mehrheit ausgestattet worden ist und der sich gegen eine Koalition mit der CDU und der FDP entschieden hat, was er ja nach der Wahl hätte tun können. Stattdessen hat er sich für eine „linke Option“ ohne Mehrheit entschieden – mit einer geschrumpften SPD und einer kleinen, aber machtgeilen Partei der GRÜNEN. Ramelow hätte auch die Option gehabt, für den Antrag der CDU auf Senkung der Grunderwerbsteuer zu votieren. Dann wäre der politische Klamauk, den Linke, Grüne und SPD jetzt veranstalten, aber nicht bühnenreif geworden.

Die Hysterie, die wir erleben, hat in Wahrheit andere Ursachen als die Abstimmung in Thüringen. Geht man von der jetzigen Stimmungslage der Bevölkerung aus, verliert das SPD-GRÜNE-LINKE-Lager fast im Stundentakt Mehrheiten und Mehrheitsoptionen. SPD und GRÜNE befinden sich im freien Fall, die Linke steht vielleicht sogar vor dem politischen AUS, wenn Frau Wagenknecht tatsächlich noch in diesem Jahrhundert eine Partei gründet. Das Geschrei, das jetzt gegen die CDU ertönt und sich als „Kampf gegen RECHTS“ maskiert, ist nichts anders als das ängstliche Pfeifen vor dem Gang in den dunklen Keller des Machtverlustes, es ist die Angst vor einem Paradigmenwechsel, der damit verbunden ist, dass all die Blütenträume zerplatzen, dieses Land in eine Musterausstellung verquaster Ideologie ohne Realitätsbezug zu verwandeln, in dem grüne und linke Küchenjungen und Spülhilfen  ihre politische Bettelsuppe den Wählern als Resultat des Wirkens von 5-Sterne-Köchen verkaufen wollen.

Grüne, Linke und SPD sind, um in der Analogie der Parabel zu bleiben, die Katze, die der CDU-Maus ihren Rat gibt, um sie zu fressen, um sie klein zu machen, um ihren Vorsprung bei Umfragen (und bei Wahlen) zu zerbröseln. Die Falle ist aufgestellt – die CDU muss nur noch hineinlaufen oder gefressen werden. Das täte sie, wenn sie dem nun aufgebauten Druck nachgibt!

In einem Punkt passt die Kafka-Parabel natürlich nicht in unsere gegenwärtige politische Situation, denn dann bräuchte es noch ein Tier, das die AfD repräsentiert. Das kann man aber Kafka nicht vorwerfen. Bestenfalls mir und meiner Ausgangsüberlegung. Deswegen mache ich – bei allem Respekt vor dem von mir hochgeschätzten Franz Kafka – einen Vorschlag für einen neuen Schluss-Satz: „Von der der anderen Straßenseite her schaute dem Drama der Höcke-Vogel zu – und lachte!“

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Die SPD Bundestagsfraktion beruft sich auf Otto Wels

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Heinz Niski

Dieser sprunghafte Anstieg von Widerstandskämpfern gegen alles, was „Nazi“ ist oder zu „Nazi“ gemacht wird, kann doch nur noch durch Massenhysterie oder moralische Panik erklärt werden. Wahrscheinlich ist es ein deutsches Phänomen, beide Spielarten zu mischen und daraus was Neues zu schaffen. Hysterisch-moralische Massenpanik… abwarten. Ich würde mich nicht wundern, wenn es bald neue Spielarten von Hexenwahn gibt. Er hat „Frieden“ gesagt, er ist ein Nazi, ein Putinist. Spannende Zeiten.

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Bea.Kru.

Mir dünkt, als hätte ich die Fabel im damaligen Deutschunterricht auch mal bearbeitet. Kann das sein, B. M.?comment imagecomment image

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