Ich wuchs zu einer Zeit auf (1953*) als um mich herum neben tobenden, auf der Straße spielenden Kindern, Kriegsversehrte (fehlende Gliedmaßen, zerstörte Gesichter) das Stadtbild prägten. Die Kinder konnten im Gegensatz zu den heutigen, rückwärts laufen, Rollen vorwärts machen, fanden ohne GPS selbstständig zu Fuß nach Hause und wussten, dass man sich vor einer fallenden, explodierenden Atombombe schützt, indem man unter eine Schulbank kriecht oder sich eine Aktentasche über den Kopf hält.
So jedenfalls die Zivilschutztipps damals. Sirenen Probealarme wurden regelmäßig durchgeführt, die waren laut und gruselig, damit niemand vergaß, dass der Iwan Messer wetzend vor der Tür lauerte. Das war nicht wirklich schlimm, da Deutschland im Falle eines Angriffs von Freund und Feind durch Atombomben pulverisiert würde, noch bevor der Russe eine Tür eintreten könnte. So lebten wir trotz Kubakrise (Atomkrieg stand vor der Tür), Mauerbau (Atomkrieg stand vor der Tür), Prager Frühling (Atomkrieg stand vor der Tür), usw. usw. unser Leben, wussten wir doch, dass unsere Regierung unsere Geschicke aus einem atombombensicheren Bunker weiter weise lenken würde. Wir hatten Vorräte angelegt, so wie es uns die fürsorgliche Zivilschutzbehörde empfahl. Zucker, Salz, Mehl, Backe backe Kuchen.
Wir waren also gewappnet. Uns konnte keiner und niemand und nichts was anhaben.
Aber wie sieht es heute aus?
Folgt man den Erzählungen, wussten die Balten, Polen und Ukrainer immer schon, dass der Russe seine blutige Hand bis nach Lissabon ausstreckt. Die cleversten Deutschen waren die Grünen, die dies auch vor allen anderen wussten und deshalb die Ukraine schon sehr früh ideologisch und materiell aufrüsteten. Gut gemacht!
Über Nacht, unverhofft, aus heiterem Himmel und völlig unerwartet und grundlos fing der Russe seinen brutalen Angriffskrieg an. Manche behaupten, dass dieser Krieg eine Vorgeschichte hatte, aber das sind Russen-Bots und Putins Stiefellecker.
Man sagt, wenn die 160 000 ukrainischen Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, die zur Zeit in Deutschland sind, nicht an die Front geschickt werden und wenn die deutschen Bedenkenträger nicht schleunigst alle Waffen an die Front bringen… dann käme der Krieg auch nach Berlin, Cuxhaven, Wanne-Eickel.
Wie soll das gehen?
Eine pazifierte, überalterte Bevölkerung soll in den Partisanenkampf? Eine junge Generation, die Schreckhinweise vor Filmen und in Büchern braucht, soll plötzlich Bäuche aufschlitzen, Menschen aufhängen, in die Luft sprengen, Köpfe abschneiden? Transgender Frauen werden an die Waffe gezwungen?
Die Work-Life Balance vieler Schreibtisch Generäle und Tastatur Helden würde so durcheinander gewirbelt werden, dass sie sich wehmütig und ehrfurchtsvoll vor Horsti Schmandhoff verneigen würden.
Und vielleicht fällt ihnen dann ein, dass es doch da die vielen Migranten gibt, die fit aussehen, Zeit haben, könnte man die nicht, so wie in so vielen Kriegen zuvor, stellvertretend in den Tod schicken? So wie man es schon immer gemacht hat? Untertanen verkaufen für die Kolonialkriege. Die Unterschicht opfern?
Wir werden sehen.
Das postfaschistische Kleinbürgertum wechselt sein Outfit, seinen Dresscode, seine Sprache, sein politisches Milieu, modernisiert sich, erneuert sich. Bleibt sich im Kern treu.
Beständig.
Feiert sich.
Lobt sich.
Bescheinigt sich, zu den Guten zu gehören.
https://www.nzz.ch/feuilleton/ukraine-krieg-fuer-manche-wird-der-krieg-nie-enden-ld.1753155
Der russisch-ukrainische Krieg ist der unausweichlichste und vermeidbarste Krieg der Geschichte. Dies hätte verhindert werden können, wenn die NATO ihre Expansion bis an die Grenzen Russlands beschränkt und von der militärischen Aufrüstung der Ukraine Abstand genommen hätte. Dies hätte durch die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen verhindert werden können, die die aufständischen Donez- und Lugansk-Regionen wieder unter ukrainische Souveränität gebracht und gleichzeitig die Rechte und Autonomie pro-russischer Elemente in der Ukraine geschützt hätten. Minsk scheiterte, weil ukrainische Ultranationalisten die Umsetzung der Vereinbarungen sabotierten und der Westen sie damit ungeschoren davonkommen ließ. Der Krieg hätte durch ernsthafte Verhandlungen über die europäische Sicherheit abgewendet werden können, die die Ängste Russlands zerstreut und seine Interessen gegenüber der Ukraine respektiert hätten. Putins Invasion in der Ukraine war ein illegaler Akt der Aggression, aber er war alles andere als unprovoziert. Die Ukraine und der Westen tragen gemeinsam die Verantwortung für den Kriegsausbruch. Wichtig ist, dass der Krieg in wenigen Wochen hätte enden können, wenn die Friedensverhandlungen in Istanbul im Frühjahr 2022 erfolgreich gewesen wären. Diese Verhandlungen scheiterten, weil die Ukraine – mit westlicher Unterstützung – von einem Abkommen Abstand nahm, das den Schaden für ihre Territorialität und Souveränität begrenzt und ihre Beziehungen zu Russland stabilisiert hätte.
Aus: https://braveneweurope.com/geoff-roberts-the-ukrainian-counteroffensive-has-already-failed-the-west-could-limit-the-damage-by-opening-negotiations-with-moscow
Geoff Roberts ist emeritierter Professor für Geschichte am University College Cork und Mitglied der Royal Irish Academy
Schön geschrieben!
Nun bröckeln auch Mythen. Der beste Panzer der Welt, unser Leopard, brennt wie Zunder in der Ukraine. Der auch beste Panzer der Welt, der britische Callenger 2, der noch nie im Einsatz zerstört wurde, liegt seit gestern erstmals ausgebrannt in der Ukraine.
Ich denke, dass es allmählich Zeit wird, eine objektivere Berichterstattung in den Medien über den Krieg zu beginnen.
Brennender Challanger 2
Eine alte, weiße Boomerin sagt: “danke für den Beitrag”