„Bundesweit sind Stand Mitte Juli bereits 859 Kommunen der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ beigetreten. Die GRÜNEN fordern, dass Gelsenkirchen endlich nachzieht und stellen deshalb einen entsprechenden Antrag für den nächsten Verkehrsausschuss Anfang September. (…) Der Beitritt zur Initiative ist daher als aktives Bekenntnis zur Verkehrswende, zum Klimaschutz und für mehr Sicherheit im öffentlichen Verkehrsraum zu werten.“ ***
So beginnt bzw. endet die aktuelle Pressemitteilung der Gelsenkirchen GRÜNEN zur Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“. Tolle Sache! Wer möchte schon in einer „lebensunwerten“ Stadt oder Gemeinde sein Dasein fristen (nicht nur weil der Begriff „lebensunwert“ historisch kontaminiert ist). Und da steckt auch mal wieder das ganze grüne Programm drin: die Verkehrswende, also die marode Bahn und die E-Autos mit ihren riesigen Batterien (Kobold, Kobold!), die an den Ladestationen sauberen Kohlestrom aus Polen und ganz friedlichen Atomstrom aus Frankreich tanken, und natürlich der Klimaschutz, also das Fracking-Gas aus den USA, der vermehrte Rückgriff auf Braunkohle und die geplanten Gaskraftwerke, um die Energieversorgung in der Grundlast abzusichern, wenn die flatterhaften Energiequellen Wind und Sonne wegen Windflaute oder Sturm und des nachts, wo bekanntlich ab und zu und gelegentlich (aber nur in Ausnahmefällen!) die Sonne nicht scheint, eine Versorgungslücke produzieren.
Problematisch ist allerdings der dritte Punkt: die Sicherheit im „öffentlichen Verkehrsraum“! Nein, da sind von den GE-Grünen nicht die berüchtigten Verrichtungsboxen gemeint. **** Sondern in erster Linie natürlich der automobile Straßenverkehr. Da kann Gelsenkirchen sicherlich auch noch zulegen und einiges verbessern! Die Suche nach einem Parkplatz ist in der Innenstadt z.B. manchmal eine fürchterliche Qual, so dass der eine oder andere Fahrzeugfahrende und viele weibliche Fahrzeugfahrende zu Fahrzeughaltenden werden! Und oft treten zu Fuß Gehende oder mit dem Rad Fahrende als Störfaktor auf, weil sie Automobilistinnen und Automobilisten einfach Platz wegnehmen, so dass diese gezwungen sind, in der zweiten Reihe auf der Straße zu Parkenden zu werden.
Manchmal ist in Gelsenkirchen die „Sicherheit im öffentlichen Verkehrsraum“ aber nicht nur unter automobilistischen Gesichtspunkten gefährdet, sondern auch in Freibädern. Auf den Lokalseiten einer Tageszeitung heißt es dazu u.a.: „Auch in Gelsenkirchens Freibädern geht es mitunter aggressiv und respektlos zu. An manchen Tagen werden gar Dutzende Störer rausgeschmissen. (…) Zumeist handele es sich bei den Störern auch in Gelsenkirchen um „Männer und Jugendliche mit Migrationshintergrund“.*****
Da muss dann leider einigen Verkehrsteilnehmenden vermehrt die Freiheit genommen werden, ihre Individualität mit Fäusten auszuleben, um dadurch die anderen Anwesenden kulturell zu bereichern, was natürlich schade ist, wo man sich doch gerade im Freibad frei bewegen und sich hautnah kennenlernen kann – sozusagen auf Badetuchfühlung! Aber gewisse Verkehrsformen gehören im Miteinander dazu – auch in einem Freibad. Wie eben auch im Straßenverkehr! Und da sollten die GRÜNEN ihren Text auf der Webseite doch in dieser Richtung ergänzen, denn das Anliegen ist ja im Interesse aller.
Sicherheit im öffentlichen Verkehrsraum, auf der Straße wie auch im Freibad – wer kann schon was dagegen haben!
Ich jedenfalls nicht!
**** https://de.wikipedia.org/wiki/Verrichtungsbox
HOLOW TALK:
*hollow (Adj.): hohl, leer, dumpf, bedeutungslos
Der Artikel der Redaktion HerrKules basiert auf einer (falschen) Prämisse, die die Initiative m.E. so nicht im Auge hatte. Es geht allein um kommunale Befugnisse rund um die StVO. Das ist sehr zurückgenommen. Das ist bei dem Begriff “Lebenswertes Leben” auch ernüchternd. Das wird im Artikel deutlich. Und das ist richtig so. Aber mit einer umfassenderen Forderung, die sich der Autor wünscht, lässt sich der Initiative nicht beitreten. Da muss ich die Grünen mal in Schutz nehmen. Mehr geht nicht. Sonst könnte der Rat aus dem Grund überbordender Forderungen, die sich lebensnah an der Realität orientieren, bereits die Beitrittsforderung ablehnen. So ist halt Politik!
Kritisieren lässt sich an der PM der Grünen allerdings, dass sie auf das beschränkte Forderungskonzept der Initiative (s.u.) nicht hinweisen.
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Die Forderungen der Städteinitiative lauten offiziell: “Die Gründerstädte der Initiative hatten sich damit zur Aufgabe gemacht, den Städten und Gemeinden in Deutschland mehr Entscheidungsfreiheit bei der Anordnung von Tempolimits innerorts zu verschaffen.”
Darüber hinaus fordern sie: “Über das Thema der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hinaus werden in der StVO vielfach Themen auf eine Weise reguliert, die den Kommunen unnötige Hürden in den Weg legt und sachgerechtes Handeln teilweise unmöglich macht. Beispiele hierfür sind die Anordnung von Bewohnerparken, von Fußgängerüberwegen oder von Busspuren. Die Initiative fordert auch hier die Schaffung von zielgerichteten, flexiblen und ortsbezogenen Handlungsspielräumen für die Kommunen – genau so, wie es die Menschen vor Ort brauchen und wollen.”
http://lebenswerte-staedte.de/de/
Der Initiator der Initiative ist laut Städtetag die Agora-Verkehrswende. Ziel ist es, dass die Städte selbständig Tempo 30 einführen können.
https://www.mobilitaetswerk.de/aktuelles/2022-05-tempo-30-auf-allen-staedtischen-hauptverkehrsachsen-staedteinitiative-will-lebenswertere-staedte-durch-angemessene-geschwindigkeiten/?fbclid=IwAR2SwyS_3cVsvtQESkQBfJag2naIyyiLsfwffHlrCI8O6I-jtERIgUtEXdk
Pro und Contra TEMPO 30 hier
https://www.mobilitaetswerk.de/aktuelles/2022-05-tempo-30-auf-allen-staedtischen-hauptverkehrsachsen-staedteinitiative-will-lebenswertere-staedte-durch-angemessene-geschwindigkeiten/?fbclid=IwAR2SwyS_3cVsvtQESkQBfJag2naIyyiLsfwffHlrCI8O6I-jtERIgUtEXdk
Die GRÜNEN in Würzburg haben es verstanden. Es geht um Tempo 30. Bei den GRÜNEN-Antrag aus GE taucht “Tempo 30” nicht ein einziges Mal im Text auf. Was soll man daraus ableiten. Die GE-GRÜNEN wollen für die Stadt nicht die Ermächtigung der Stadt zu Tempo 30-Straßen?
https://gruene-fraktion-wuerzburg.de/staedteinitiative-lebenswerte-staedte-durch-angemessene-geschwindigkeiten/?fbclid=IwAR0T1W3NB2k5e001dNfzQdsgRWYUDg9RTpzLHtOwNWTvSWpc-qZGULPMcb8
„Der Artikel der Redaktion HerrKules basiert auf einer (falschen) Prämisse, die die Initiative m.E. so nicht im Auge hatte. Es geht allein um kommunale Befugnisse rund um die StVO.“
Natürlich liegst du mit dieser These völlig richtig. Um diese falsche Prämisse konstruieren zu können, habe ich auch nur den ersten und letzten Satz der Pressemeldung zitiert und alles Inhaltliche dazwischen weggelassen! Siehe das Zeichen (…), das auf die Einkürzung bzw. die Auslassungen verweist
Warum habe ich das gemacht?
Zunächst, weil der Beitrag in der Rubrik „Hollow Talk“ erscheinen sollte, also unter der Überschrift dumm, überflüssig, hohl (wie erläutert wird*). Also im Grunde liefere ich Geschwätz ab. Und dies deshalb, weil ich die Pressemitteilung der GRÜNEN – genauer: den Antrag – für Geschwätz halte. Es ist eine wohlfeile Deklaration ohne Nährwert. Da, wo es konkret werden muss, schweigen die GRÜNEN, worauf du in deinem zweiten Beitrag korrekt hinweist. Der Antrag ist also nichts anderes als politische Show, eine papierene Deklaration. Und ein Dokument der politischen Heuchelei.
Vor etlichen Monaten haben die GRÜNEN im Rat einen Bürgerantrag in Bausch und Bogen abgelehnt, der in die Zielrichtung der jetzigen Resolution – und darüber hinaus gegangen ist (Attraktivität der Innenstadt, autofreie Zonen etc.). Noch nicht einmal eine Überweisung in einen Fachausschuss war ihnen der Antrag wert. Das ist politisch völlig legitim, aber dann soll man doch jetzt nicht die dicke Umwelthose anziehen und den anderen Parteien Vorwürfe machen, mit denen man gemeinsam den Bürgerantrag versenkt hat.
Neben diesen politischen Aspekten, das sage ich frank und frei, wollte ich mir die Möglichkeit der semantischen Spielerei mit den “Verkehrsflächen” nicht nehmen lassen!
Danke für deine konstruktiven und informativen Reaktionen auf den Beitrag!
BM
Korrekt! – Plausibel aber auch die Weber-Terrassen-Aktion ab dem 04.08. auf Höhe Nr. 17 – 20. Ich nehme das als städtische Antwort auf Euren Antrag, der sich nicht traut das Ganze realpolitisch in einem kommunal-parlamentarischen Verfahren durchs Rathaus zu kultivieren. Das ist wohl eine Auswirkung einer gesellschaftlich-sozialen Erschöpfung, die sich u.a. darin ausdrückt, dass GE selbst mit der Tempo-30 meidenden Begrifflichkeit maximal Platz 860 der Gemeinden einnehmen würde, die diesen Antrag auf mehr kommunal selbstbestimmtes Tempo im öffentlichen Verkehr unterstützen würde. Nach #401GE wäre #860 der nächste Meilenstein in der fulminanten Stadtgeschichte eines Strukurwandels in Zeiten der Apokalypse, die in GE laut Echsenmann Michael Hatzius (in den Mitternachtsspitzen vor den Sommerferien) bereits grassiert. Die Untoten meiden folgerichtig die Stadt. Verkehrswende macht demnach überhaupt keinen Sinn mehr.
https://insaneurbancowboys.de/2023/06/29/weber-terrassen/
Du solltest das mit Hatzius nicht überbewerten. Gelsen ist bundesweit als asozial berüchtigt. Das kaut der Gaukler als kleinen Lacher fürs Publikum zwischendurch gerne ab.