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Sekte: „Das Wort kommt vom lateinischen „secta“ und bedeutet „Richtung“ oder „befolgter Grundsatz“. Mit „Sekte“ wird meist eine Glaubensgemeinschaft bezeichnet, die sich von einer größeren Gemeinschaft (man sagt auch „Mutterreligion“) abgespalten hat. Oft glauben die Mitglieder einer Sekte, den besseren oder einzig richtigen Weg zum Heil oder zur Erlösung gefunden zu haben.“ ***

Ich benutze den – nicht unproblematischen – Begriff „Sekte“, der eindeutig negativ konnotiert ist, hier als Arbeitsbegriff zur Annäherung an ein Phänomen. Sekten (egal ob religiös oder säkular) weisen, bei allen Unterschieden, gemeinsame Merkmale auf: ein häufig dichotomisches Weltbild (Gut/Böse), eine zentrale Idee (Weltrettung durch Kampf gegen die Klimakatastrophe), einfache Erklärungsmuster für komplexe Probleme, Überhöhung der eigenen Gruppe (Aufwertung) und gleichzeitige Abwertung anderer Auffassungen, die gerne mit simplifizierten Kampfbegriffen belegt werden – und den Hang zu Verschwörungstheorien. Weht Sekten ein starker Wind entgegen, muss er ihrer Auffassung nach Ausdruck bzw. Folge einer Verschwörung sein, deren Ziel die Auslöschung zentraler Figuren der Sekte oder der Sekte als Ganzes ist.
Was ist aber nun kennzeichnend für Verschwörungstheorien? Auch hier nur einige Merkmale, wie sie die NRW-Landesregierung nennt:
Eine Verschwörungstheorie erklärt einen gefühlten oder echten Missstand. Eine kleine, aber mächtige Gruppe manipuliert dabei im Verborgenen die Bevölkerung. Bei einer Verschwörung besteht oft die Annahme, dass staatliche Kontrollinstanzen entweder versagen oder ein Teil davon sind.
Die Verschwörungstheorie stützt sich auf Belege, deren Glaubwürdigkeit aber zweitrangig ist. Verschwörungstheorien beruhen deshalb auch auf Fake-News oder Pauschalisierungen.
Auf Kritik wird mit einer Flut von Gegenargumenten reagiert. Die Kritik wird als Zeichen dafür gesehen, wie manipuliert der Rest der Welt ist.
Auch wenn sich etliche Punkte widerlegen lassen, glaubt die Person weiter an die Verschwörungstheorie“ ****

Auffällig ist, dass die GRÜNEN in letzter Zeit verstärkt mit Verschwörungstheorien hausieren gehen, was wesentlich zwei Gründe hat: die GRÜNEN geraten seit ihrem Eintritt in die Ampel verstärkt unter politischen Druck – und dies sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments. Energiepolitische Entscheidungen Habecks oder der GRÜNEN in der Landesregierung von NRW sind auf großen Protest in der Ökologiebewegung gestoßen, weil sie teilweise im Widerspruch zum Naturschutzgedanken stehen oder weil scheinbar feste Grundsätze der GRÜNEN über Bord geworfen worden sind (Stichworte: Protest gegen Entscheidung zu Lützerath, Protest gegen LNG-Terminals auf Rügen, Kritik von Umweltverbänden gegen geplante Landschaftseingriffe durch Ausweitung von Windkraft-Anlagen an Land). Gleichzeitig hat der innenpolitische Druck zugenommen. Stichworte sind hier die ampel-internen Konflikte wegen des „Heizungsgesetzes“ und die Vetternwirtschaft im Habeck-Ministerium (Stichwort: Graichen).
Zweitens ist es so, dass seit langer Zeit die GRÜNEN erstmals wieder deutliche Verluste bei Wahlen hinnehmen mussten (Bremen), Kritik an ihnen bzw. bestimmten Entscheidungen und Gesetzesvorhaben nun auch aus den Reihen wohlgesonnener Redaktionen kommt und zudem ihre Umfragewerte im Sinkflug sind.
Die Ursache für diese Entwicklungen suchen die GRÜNEN aber nicht in ihrem politischen Handeln und ihrer politischen Kommunikation, sondern bei „Feinden“ von außen, die sich gegen sie oder ihre hehren Ziele verschworen haben. Dazu drei Beispiele:
Beispiel 1) Im Zusammenhang mit der zunehmenden Kritik an seinem Staatssekretär Graichen und den familiären Verfilzungen im Ministerium verstieg sich Habeck zu der Äußerung, die Kritik sei durch Lügen von „mitunter rechtsextremen Accounts“ und „prorussischen Accounts“ befeuert worden. Und hinter den kritischen Positionen gegenüber der „Wärmepumpenstrategie“ konnte er natürlich nur eine Karbon-Mafia vermuten, die seine „Wärmewende“ hin zu Wind- und Sonnenenergie hintertreiben wollte.
Natürlich sind es zunächst einmal die „Rechten“, die Habecks Vetternwirtschaft kritisieren, dann das momentane aktuelle Feindbild: der RUSSE. Und natürlich die Karbonfreunde, die angeblich zurück ins Kohlezeitalter wollen. Mehr Verschwörungstheorie geht nicht. Keine Selbstbesinnung, keine sachliche Reaktion auf die von vielen unterschiedlichen Seiten (Bauwirtschaft, Haus- und Grundeigentümer, Handwerk, Kommunalverbände und Energieversorger u.a.) geäußerte Kritik an den Mängeln seines „Heizungsgesetzes“. Stattdessen Verschwörungsgeraune. Keine sachliche Reaktion auf den Filz in seinem Ministerium – stattdessen der durchsichtige Versuch der Ablenkung durch ein Feindbild. Dass auf Social-Media-Kanälen auch der eine oder andere Rechte oder Rechtsextreme oder Putin-Freund unterwegs ist, ist so banal wie billig. Es ist der klassische Versuch Habecks, durch Abwertung der Kritiker die eigenen Fehler und Versäumnisse zu kaschieren. Eine typische Verschwörungstheorie als Leitgedanke des Handelns und Reagierens! Typisch sektenhaft!

Beispiel 2) Während des Jewrovision-Contests in Frankfurt am Freitag vergangener Woche wurde Claudia Roth konsequent ausgepfiffen – vom Beginn ihres Grußwortes an, das sie an die Teilnehmer richten wollte. Auch wurden Plakate hochgehalten, auf denen zu lesen war, dass sie unerwünscht sei. Grund für diesen Protest ist die „eigentümliche “ Haltung Roths gegenüber Israel und den Juden einerseits und ihr Geplänkel und politisches Gekuschel mit Vertretern des Iran, der  bekanntlich die Auslöschung Israels als Staatsziel hat, andererseits. Die Kritik beruht darauf, dass Roth im Bundestag eine mit Mehrheit angenommene Resolution NICHT unterstützt hat, die sich gegen die Boykott-Bewegung gegenüber jüdischen Produkten gewandt hat (Anti-BDS-Resolution im Bundestag 2019). Zudem wird ihr vorgeworfen, als Staatsministerin für Kultur viel zu spät und zu lasch (trotz etlicher Hinweise) auf anti-semitische Darstellungen auf Kunstwerken der documenta reagiert zu haben. Ihr freundschaftlicher Umgang mit Vertretern des iranischen Mullah-Regimes kommt hinzu. Sie hat sich als „Freundin“ Israels und des Judentums aus der Sicht vieler Juden unglaubwürdig gemacht. Ihr Auftritt bei der Veranstaltung in Frankfurt wurde als durchsichtiger und billiger Versuch gewertet, sich „Lieb Kind“ zu machen.
Dass (junge) Jüdinnen und Juden Claudia Roth nicht liebhaben, sondern ausbuhen, passt so gar nicht in das grüne Selbst- und Weltbild. Die politischen Fehlleistungen Roths werden erst gar nicht thematisiert. Sondern auch in diesem Fall kann die Ursache der Kritik nur eine Verschwörung gegen Roth und die GRÜNEN sein. Deshalb springt der Alt-GRÜNE Jürgen Trittin seiner politischen Freundin auch schnell mit einer kompostierten Verschwörungstheorie bei. Der Protest gegen Roth, so meint er auf twitter absondern zu müssen, sei „inszeniert“ gewesen, also nicht aus ehrlichem Herzen gekommen, sondern gesteuert. Hanna Veiler schreibt zum Protest gegen Roth in der heutigen taz in einem Kommentar u.a., die Buhrufe seine keine „Inszenierung“ gewesen, sondern vielmehr „(…) eine natürliche Reaktion auf Ungerechtigkeit und die Missstände in Deutschland. Die junge jüdische Generation jedoch fordert ihre Rechte ein. Juden in Deutschland müssen Antisemitismus und das Hofieren von jenen, die ihn verbreiten, nicht schweigend hinnehmen. Denn ja, in einer Demokratie dürfen auch Juden wütend sein.“
GRÜNE können sich offensichtlich nicht vorstellen, dass eine „grüne Staatsministerin“ auf – übrigens natürlich völlig legitimen – Protest seitens junger Jüdinnen und Juden trifft. Ob jetzt der Zentralrat der Juden oder gleich die „jüdische Weltverschwörung“ hinter dem Protest steckt – das lässt Jürgen T. offen. Verschwörungsgeraune natürlich! Erst mal einen Ballon steigen lassen und hoffen, dass andere darauf einsteigen. In die Welt grüner Vorstellungen passt der Gedanke nicht, dass man Kritik an ihnen üben könnte. Sie sehen sich selbst als Kaste der Sakrosankten.

Beispiel 3) Wir sind an anderer Stelle schon ausführlich auf den Fall Aslan eingegangen, wollen ihn hier deshalb nur noch einmal unter dem Aspekt der Verschwörungstheorie aufgreifen. Frau Aslan hat für ihren tweet zum „braunen Dreck“ der Polizei viel Kritik einstecken müssen. Auch das ist für GRÜNE nicht nachvollziehbar, wo sie doch eine GUTE ist, die gegen Rassismus aufsteht. In einer Stellungnahme des Kreisverbandes Gelsenkirchen heißt es: „Der folgende Shitstorm ist für die GRÜNEN der Versuch Probleme kleinzureden, anstatt sie ernsthaft anzugehen. Co-Vorstandssprecher Dennis Nawrot kritisiert, dass das Innenministerium diesem so schnell nachgegeben hat.“ Was gut zu dem oben genannten Verschwörungsmerkmal passt, staatliche Kontrollinstanzen versagten oder seien Teil der Meinungsmanipulations-Maschine.
Auch hier sehen wir das bekannte Muster wie in den beiden vorangegangenen Beispielen: die Kritik an Aslan wird nicht aufgenommen, noch nicht einmal in Ansätzen – wozu übrigens gut passt, dass die Gelsenkirchener GRÜNEN die Kommentarfunktion zu ihrem Aslan-Beitrag  „eingeschränkt“, also nur für einen erlesenen Kreis geöffnet haben! Sofort wird unterstellt, den Kritikern sei eine Debatte über Rassismus nicht wichtig, sondern man wolle das Problem des Rassismus “kleinreden“. Es ist für GRÜNE nicht vorstellbar, dass an einer GRÜNEN (Frau Aslan ist Mitglied der Partei) überhaupt inhaltlich berechtigte Kritik erfolgen kann. Deshalb werden alle Kritiken mit einer Soße überzogen, der Soße der Pauschalisierung: Diese Pauschalisierung der Kritiken bzw. der Kritiker will diese in ein bestimmtes Licht stellen, nämlich die Behauptung, die Habeck (siehe oben) offen ausspricht, wenn er sagt, die Kritik an Graichen sei aus einer „rechtsextremen Ecke“ gesteuert. Im Begriff des shitstorms steckt auch das Element der von Trittin behaupteten „Inszenierung“, also einer abgesprochenen Aktion zum Kleinschreiben des Rassismus-Problems. Als Sahnehäubchen dann die kühne These, Innenminister REUL sei vor diesem Mob eingeknickt, was unterstellt, dass Reul nicht fach-und sachgerecht gehandelt hat, sondern einer bestimmten politischen Agenda folgt (gegenüber „den Rechten“ eher klein beigibt).

Die GRÜNEN leben, wie für Sekten üblich, in einer hermetisch verschlossenen Gedankenwelt. Ihre Mission ist die Rettung des Planeten vor dem Klimawandel, die säkulare Erlösung der Menschheit vom Übel. Kritik an ihrer Handlungsweise kommt einem Tabu gleich, kann also nicht berechtigt sein – und auch sachlich nicht richtig, ist folglich nichts anderes als eine weltliche Form der Lästerung, ist Häresie, ist politisches Ketzertum.

Wer aber meint, auf dem Weg zur Rettung der Menschheit zu wandeln, muss auf Dauer von Hybris zerfressen werden.
Und wir wissen: auf Hybris folgt immer eine Nemesis!

*** https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/321116/sekte/
****alle Merkmale aus https://sekten-info.nrw.de/praevention/checklisten/checkliste-verschwoerungstheorien

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Fra.Prez.

Brilliant!

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Ro.Bien.

Beispiel 3:
„Hass auf Deutsche“ kommentierte gestern die öffentlich rechtliche Anstalt in der aktuellen Stunde einen Beitrag.. Und bezog sich auf zwei türkische Autofahrer, die in einer Bochumer Tiefgarage einen 58-jährigen kaltblütig ermordete. Das Motiv: Verkehrstreitigkeiten mit mutmaßlicher Annahme, das Opfer hätte Fotos von ihnen gemacht. Eine Fehlannahme.
Passt das in Bild von Bahar Aslan?

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Klau.Holl.

möglicherweise. Dieses Bild von Deutschland, uns Deutschen und der „Hass“ hat irgendwo ein Vorbild im linksextremen Milieu. Und wenn man Straftaten nicht verfolgen will, weil man das als racial profiling sehen kann, dann ist diese Entwicklung kein Wunder. AfD zu wählen und ihr hinterher zu laufen, ist auch keine Lösung.
Und zu behaupten, das Union und FDP die AfD stark redet ist Quatsch. Es ist eher die Verunsicherung der Bevölkerung durch die Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik aber auch durch die Einwanderungspolitik linker Ideologen spielt der AfD in die Hände.

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Fra.Prez.

Bravo!

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Ste.Lau.

Bernd ist großartig!

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Ro.Bien.

Der Begriff linker Ideologien bedarf einer punktuellen Erklärung. Ich bin ganz und gar nicht gegen linke Strömungen – nur generell gegen radikales Gedankengut.

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Klau.Holl.

 ich meine alle die Linken, für die die Union schon rechts und nicht mitte ist, da sie sich ja selber in der Mitte verorten

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