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Der Friederich, der Friederich,
Das war ein arger Wüterich!
Er fing die Fliegen in dem Haus
Und riß ihnen die Flügel aus.
Er schlug die Stühl’ und Vögel tot,
Die Katzen litten große Not.
Und höre nur, wie bös er war:
Er peitschte seine Gretchen gar! (aus: Struwwelpeter, Die Geschichte vom bösen Friederich,
1. Strophe)

Kein Friederich der Welt ist weiter vom Struwwelpeter-Friederich entfernt als Joachim-Friedrich Martin Josef Merz, der Bundesvorsitzende der CDU und Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Zumindest hinsichtlich seines öffentlichen Auftretens als Führer der größten Oppositionspartei im Bundestag. Ob er im trauten Heim Fliegen die Beine ausreißt oder gar sein Gretchen peitscht, das wissen wir nicht, wollen es allerdings nicht hoffen! An Profil und Beliebtheit hat er jedenfalls nicht zugelegt, seit er Spitzenmann der Union ist. Er ist, was sein Auftreten angeht, das Gegenteil von einem Aggro-Rumpelstilzchen, er kommt eher wie ein Gesundheitssmoothie mit Ingwer, Shiitake Pilzen, Kurkuma, Maca Pulver und Weizenkeimen daher – stärkt die Immunabwehr, schmeckt aber gruselig! Ich könnte ihn mir gut als einen verhärmten  schwedischen evangelischen Pastor vorstellen, der einen Stock verschluckt hat, und bei dem man nicht weiß, ob er die christliche Nächstenliebe nicht am ehesten im Fegefeuer verwirklicht sieht. Also als eine Figur, wie sie uns in dem einen oder anderen Wallander-Roman von Henning Mankell begegnet. Oder schräger formuliert:  Wenn Merz im Bundestag am Rednerpult steht, erkenne ich weder Aura noch Charisma. Es ist, als läse ein Untoter die Zahlen des Pegelstands des Rheins bei Wesel vor.

Dabei bräuchte es jetzt einen Merz in Top-Form. Die GRÜNEN im Umfragetief, ihr Superminister angezählt und hüfthoch in einem Sumpf aus Vetternwirtschaft, die SPD eher zurückhaltend-kleinlaut und die FDP ein schwankendes Rohr im Wind – mal kratzbürstig-aufmüpfend, dann wieder stromlinienförmig im Kielwasser mitschwimmend.
Merz haut nicht das handwerklich schlecht gemachte, ökologisch unsinnige, sozial katastrophale und volkswirtschaftlich wahnsinnige „Heizungsgesetz“ in Stücke, sondern mahnt die Entscheidungskraft des Kanzlers an. Anstatt den grünen Sumpf aufzudecken und dann trockenzulegen, reibt er sich an Petitessen. Habeck hätte er schon längst durch die Arena schleifen müssen, denn entzaubert hatte der sich schon von ganz allein.
Was bremst Merz aus, warum hält er sich so zurück, wo doch die Stunde der Opposition gekommen und die Ampel angezählt ist?
Einige Überlegungen – ohne hierarchisch zu sortieren:
1. Die CDU hat sich in den Merkel-Jahren so vergrünt, dass eine scharfe Abgrenzung kaum mehr möglich ist. Zudem will Merz die Option einer Koalition mit den GRÜNEN nach der kommenden Bundestagswahl offenhalten.
2. Die CDU hat es in den Merkel-Jahren versäumt, ein mehrheitsfähiges und zugleich trennscharfes Profil zu entwickeln, das auf allen wesentlichen Politikfeldern eine deutliche Kontur der Partei aufzeigt, zugleich aber bei einer Regierungsübernahme in weiten Teil der Bevölkerung konsensfähig wäre. Ein solches Programm hat Merz bisher nicht vorlegen können.
3. Merz hat von seiner (Aufsichtsrat- )Tätigkeit bei BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt, die Erkenntnis mitgebracht, das alles, was heute unter dem Label „Klimaschutz und Energie“ läuft, ein hochprofitables Invest sein kann. Diverse Fonds investieren in das „Klima-Business“ und finanzieren GRÜNE Think-Tanks und Organisationen. Merz will Investitionen nicht durch eine konsequente Kritik an der GRÜNEN „Ökowende“ gefährden.
4. Habeck hat sich mit Elga Bartsch eine ehemalige BlackRock Managerin ins Haus geholt und sie zur Abteilungsleiterin (eine Ebene unter Staatsekretär) für Volkswirtschaft (Grundsatzabteilung) gemacht. Vielleicht bremsen ihn Funk-Kontakte zur ehemaligen BlackRock-Kollegin aus.
5. Schaut man in die Länder (und Kommunen), erkennt man, dass die CDU nach (fast) allen Seiten hin offen ist für Koalitionen. Diese Offenheit führt, neben einigen positiven Aspekten, aber auch zu einer gewissen Beliebigkeit im Auge der Wählerinnen und Wähler. Als Gegner sieht Merz an erster Stelle die AfD, nicht aber die GRÜNEN. Dies bringt Merz in die Position, das Wählerreservoir rechts der Mitte der AfD zu überlassen und verführt ihn dazu zu meinen, die CDU könne links von der Mitte ein Wählerpotential ausschöpfen. Da sind aber wiederum die grünen und linken Wählerschichten vor. Merz (und mit ihm die Fraktion) sitzt in einer selbst gestellten Falle.

So ist F. Merz eher „lame duck“ als böser Friederich. Und eben auch immer ein wenig langweilig. Ein wenig vom bösen Friederich täte dem politischen Klima in der Bundesrepublik aber gut. Er muss Habeck nicht gleich die Beine oder Arme ausreißen. Ihn ordentlich zu grillen, wäre schon mal ein Anfang!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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