5
(2)

Was haben die Wörter Palimpalim und Ritzeratze gemeinsam? Das erste Wort stammt aus einem der bekanntesten Sketche von „Didi“ Hallervorden, das zweite aus dem dritten Streich, den Wilhelm Buschs Lausbuben Max und Moritz verüben, nämlich das Ansägen einer Brücke („Ritzeratze voller Tücke in die Brücke eine Lücke“).  Die beiden Wörter haben gemeinsam, dass sie lautmalerisch (in der Fachsprache: onomatopoetisch) versuchen, ein Geräusch wiederzugeben, das bei einem Vorgang entsteht oder mit der Sache bzw. dem Gegenstand verknüpft ist, den wir mit einem bestimmten Geräusch verbinden. Bei Busch ist es das Geräusch der Säge, die im Holz der Brücke hin- und hergezogen wird. Bei Hallervorden ist es das Geräusch der Klingel, das beim Öffnen der (im Sketch imaginierten )Ladentür entsteht. Solche onomatopoetischen Elemente kennen wir als festen Bestandteil von Comics (wusch, zack, boing), aber auch aus der Alltagssprache: Das Tatütata der Feuerwehr oder des Polizeiwagens, das Miau der Katze und das Wauwau des Hundes, aber auch das „peng, peng“, wenn Kinder das Knallgeräusch einer Schusswaffe imitieren (ergänzt oder ersetzt durch ein „piu, piu“). Und auch der alte deutsche Schlager hat einiges an Onomatopoesie zu bieten. Den Herzschlag beschreiben Loni Kellner und PeterFrankenfeld so (ich zitiere): „Bum-budi-bumm-budi, Bumm-budi-bumm-budi, bupbup -bu!“(Song-Titel:Bum-Budi-Bu, das kann gefährlich sein).
All das sind Versuche, ein Geräusch in ein „Sprach-Bild“ zu fassen und es „nachzuahmen“.
Bundeskanzler Scholz verdanken wir die Einführung solcher lautmalerischen Elemente in die Sprache der gegenwärtigen Politik. Als Bundesfinanzminister hatte sich Scholz bereits aus dem Arsenal militärischer Begriffe bedient, als er nämlich das erste von ihm und Peter Altmaier vorgestellte Hilfsprogramm in der Corona-Pandemie-Zeit nach der von der US-Armee im Korea- und Vietnamkrieg eingesetzten Panzerfaust „Bazooka“nannte und damit wohl seine nahezu militärische Kampfkraft unterstreichen wollte, um das Virus zu besiegen.
Schon damals versuchte er allerdings, die Wirkung seines Bazooka-Programms durch Rückgriff auf sprachliche Comic-Elemente zu betonen: „Wumms“, das war der Klang seines Programms. Irgendetwas zwischen dem Sound einer Abrissbirne, die eine Hauswand zum Einsturz bringt, und dem Explosionsklang einer Sprengung und einem KO-Schlag der mit einem Boxhandschuh bewehrten Faust.
Nun ist Scholz aber endgültig bei der Comic-Sprache angekommen: „Doppel-Wumms“. So nennt er das 200-Milliarden-Programm, mit dem die „Ampel“ Wirtschaft und Bevölkerung durch die gegenwärtige Krise aus Inflation, exorbitant steigenden Energiepreisen und heraufziehender Rezession führen will. Das ist mehr als ein „Peng“, „Boing“, „Kawumm“ oder ein „Piupiu“, ein „ritzeratze“ oder ein „palimpalim“: das ist schon keine „Bazooka“ mehr, sondern ein onomatopoetischer Bombeneinschlag.
Scholz ist auf dem Weg, der Comic-Sprachen-Kanzler zu werden, der angesichts der „Zeitenwende“ und der höchsten Inflation seinen Sprachgebrauch aus Comics bezieht. Dabei ist das Sprachelement „wumms“ ja durchaus vielfältig einsetzbar. Folgt man Scholz, dann könnte man doch sagen, die Sprengungen der Pipelines (durch wen auch immer!) waren ein „Vierfach-Wumms“!
Also:  vorwärts zum politischen Comic-Sprech mit Knall, Peng, Kawumm, Bumm, Krach, Ploing, Platsch, Blubber, Blubber!

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 2

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
5 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Heinz Niski

Der wird doch wohl nicht nach der Regierungsumbildung oder den Neuwahlen Nachfolger von Erika Fuchs werden?

https://rp-online.de/kultur/buch/70-jahre-micky-maus-uebersetzerin-erika-fuchs-machte-die-enten-gross_aid-62380131

0
0
Ro.Bien.

Das ist dieselbe Handschrift eines teuer bezahlten, einseitig begabten Kommunikationsberaters , wie bei der Giffey – wenn nicht gar ne ganze Agentur. Garantiert. Soviel „Kreativität“ haben die Beamten nicht. Zweimal hats gefunzt – und schon wird die immer selbe Schiene geritten. Der Doppelwumms war nun einer zuviel. Werden sich jetzt wohl ne andere Strategie oder Agentur suchen müssen.

0
0
Ali-Emilia Podstawa

„Simple Sprache wird zum Herrschaftsinstrument“
„Politiker reden mit Wählern, als wären diese schwer von Begriff. …Die Bereitschaft zum Nachfragen, die Lust auf den zweiten Gedanken sollen gar nicht erst entstehen.“
Aus: „Die infantile Gesellschaft“ – von Alexander Kissler, 2020)

0
0
M.A.

Der Gabentisch ist öd und leer. Die Leute glotzen blöd daher.
Da lässt der Olaf einen krachen. Die Leute fangen an zu lachen.
So kann man auch mit kleinen Sachen, dem Michel eine Freude machen.
(frei interpretiert)

0
0
Jo.Scho.

So einen “ Doppelwumms “ würde ich zunächst mit einem Granateinschlag der “ Dicken Berta “ assoziieren ..comment image
comment image

0
0