HerrKules:
Herr Tersgelund, hat ja nicht lange gehalten, das Streetart Rad, von Ostern bis September, nach 6 Monaten schon ein Relaunch?
Hraven Tersgelund:
6 Monate sind ein halbes Jahr oder 180 Nächte oder 360 Tage und Nächte. Für die Zerstörungssucht, das destruktive Potenzial der Gelsenkirchener Bürger eine erstaunliche Halbwertszeit.
HerrKules:
Sie reden sich Ihren Misserfolg schön, mit Kunst Vandalismus, Verrohung, antisoziales Verhalten heilen zu können. Die “Broken Window Theorie” spiegelt sich doch im Tempo, in dem ihr.. ähh.. ihr Werk dekonstruiert wird.
Hraven Tersgelund:
Es spiegelt eine große Sehnsucht wider, nackte Körper, vor allem Frauenkörper, zu zerstören. Daneben gibt es Menschen, die sich an einem vor sich hin rostenden herrenlosen Rad nicht stören, aber die Metamorphose zu etwas, nicht sofort erklärbaren, als Angriff auf ihre Ordnung sehen.
HerrKules:
Vielleicht lehnen die Menschen einfach nur ab, was nicht monetarisierbar ist, was sich Marktmechanismen entzieht?
Hraven Tersgelund:
Vielleicht. Die Rückmeldungen der Nachbarn, Passanten, Kunden der Sparda Bank bestätigen das nicht. Die beklagen unisono fehlenden Bürgersinn, mangelhaft geschulte Ästhetik, hohe Zerstörungslust.
HerrKules:
Wir drehen uns im Kreis. Was planen Sie als Nächstes?
Hraven Tersgelund:
Nichts. Ich freue mich, dass Gilla, Easy, Chris, Avesta und viele andere Bekannte und Unbekannte etwas beigetragen haben zu diesem “Work In Progress” Ding und meditiere darüber, welcher unbekannte Politiker der Stadt seine schützende Hand darüber gehalten hat.
HerrKules:
Vielen Dank für das Telefonat.
Hraven Tersgelund:
Beste Wünsche nach Gelsenkirchen.
Anonymität fördert spezielle Formen der Selbstüberschätzung. So glauben viele Tagger, dass ihre ästhetische Schulung sie berechtigt, architektonische Ensemble wie z.B. das Emscherpumpwerk, mit S04 Symbolen verändern zu dürfen.
https://www.eglv.de/emscher/faszination-transformation/leuchtturmprojekte/gelsenkirchen-pumpwerk/
Vielleicht wurde Krickes restaurierte “Große Raumplastik Gelsenkirchen” vor dem Bildungszentrum deshalb so rustikal eingezäunt?
An dem Streetart Rad kann man nicht nur immer wieder die “Broken Window Theorie” real erfahren, sondern auch verschiedene Vandalen- und Diebesgruppen ausmachen. Die einen versuchen Fahrradteile abzumontieren, andere stehlen Figuren, Skulpturen, Bilder, Texte, darunter nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene. (!)
Manche Freunde des Vandalismus testen aus, wie weit sie mit ihrem Zerstörungen gehen können, ab wann sie mit welchen Sanktionen zu rechnen haben, z.B. einige pubertierende Innenstadt Gangs. Andere zerstören zielgerichtet alles, was Nacktheit darstellt. Irgendjemand sticht immer wieder mit einem Werkzeug auf den Frauenkopf ein, verdreht ihn, scheint ein Problem damit zu haben.
Unter Diebstahl fällt sicher die Demontage des grünen Erdgeistgesichtes, welcher ohne Werkzeug nicht von der Bodenplatte zu lösen war. Gemeineigentum zu stehlen, zu zerstören, scheint gerade in Gelsenkirchen weit verbreitet zu sein und korrespondiert mit der exzessiven Vermüllung öffentlicher Orte.
Wer solche Bürger hat, muss sich um die immer schneller drehende Abwärtsspirale keine Sorgen machen.