5
(5)

Das Leibniz-Gymnasium feierte kürzlich den Abschluss von nicht enden wollenden Bauarbeiten. Während der Schulbetrieb weiterlief, flossen innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten 12 Millionen Euro in Neubauten und in die Sanierung des verrotteten Hauptgebäudes. Versäumnisse aus der Vergangenheit waren zu beseitigen – mitten in Buer.

„Es ist ein stolzer Tag, denn dieser Tag ist ja das Ziel eines ziemlich langen Weges, den wir gemeinsam zurückgelegt haben, über all die Höhen und Tiefen, die ein langer Weg so mit sich bringt.“
OB Welge

Zur Einweihung der neuen alten Aula brachte die OB sprachliche Unwuchten gewohnt souverän zu Gehör. Ein sehr großer Teil des „Wir“ war nicht mehr im Publikum vertreten, da bereits pensioniert. Ein noch größerer Teil des „Wir“ hatte die komplette Schulzeit auf einer Baustelle verbracht und ist wahrscheinlich Jahr für Jahr jenem Ort freudig entflohen – mit dem Abi in der staubigen Tasche. Die OB wäre nicht die OB, wenn sie bei der Feierstunde keine Anglizismen mitgebracht und eingesetzt hätte, um dem Banalen mehr Gewicht zu verleihen.

„Das ist nicht weniger als ein Neustart für das Leibniz-Gymnasium, das ist ein echter Re-Start! Und ein solcher Re-Start, der darf auch gefeiert werden!“
OB Welge

Da freuten sich die Feiernden – mitten in Buer.

Für die PP war die Veranstaltung Antritts-, Abtritts- und vor allem ein stark verspäteter Gegenbesuch. Die Noch-Hausherrin des benachbarten Polizeipräsidiums tätigte diesen vermutlich unwissentlich, denn in längst vergangenen Zeiten diente die Polizeikantine etlichen Schülern der Oberprima des Leibniz-Gymnasiums als inoffizielle Mensa vor den nachmittäglichen Sportkursen. Damals, also Jahre vor der Geburt der PP, saß die Zukunft der Zivilgesellschaft noch vereint mit den uniformierten Hütern der öffentlichen Ordnung am selben Tisch, dieselbe Speise und so manches Bier miteinander teilend – mitten in Buer.

Am Pfingstsamstag, dem Tag der offenen Tür und dem Tag der Kurzurlaubmegastaus, störten kaum herumstreunende Personen bei der Besichtigung der altehrwürdigen Räumlichkeiten. So geht Terminplanung! Es ergab sich dadurch eine spontane Innenschau der seltenen Art, in einem Gebäude, das sich stark zum Besseren hin verändert hat und in dem nur vereinzelt ergraute Personen in gebückter Haltung leise tuschelnd langsam durch die Gänge ihrer längst vergangenen Schulzeit flanierten. Eine Zeitreise – mitten in Buer.

 

Blaupause von 1906

Ende der 1960er Jahre war das heutige Leibniz-Gymnasium ein Ort, der neu mit Leben gefüllt werden musste. Die im Laufe der Zeit vom Hindenburg- zum Städtischen- und schließlich zum Max-Planck-Gymnasium umbenannte Jungenlehranstalt zog aus dem Gebäude Breddestraße 21 aus. Am Ende der Goldbergstraße war ein Neubau entstanden neben dem ebenfalls neu erbauten Haus des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums für Mädchen. Zurück blieb eine anfangs namenlose Schule in einem verrotteten Gründerzeitgebäude – mitten in Buer.

Es dauerte ein paar Jahre, bis der erste Schulleiter Dr. Helmut Weigel den Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz als Namensgeber vorschlug. Warum, wieso, man weiß es nicht mehr. Vielleicht lag es daran, dass Leibniz ein Wegbereiter der „Aufklärung“ war, denn das Leibniz wurde zum ersten Gymnasium in Buer, das die Koedukation einführte, nachdem ein Experiment mit Schülerinnen der Buerschen Mädchen-Realschule erfolgreich verlaufen war. Wie immer man sich das konkret vorzustellen hat: so oder so ähnlich steht es als Nebenbemerkung in einigen Chroniken – mitten in Buer.

Aufkleber von 1985

Die fehlende Identifikation mit Leibniz war von Anfang an ein herausstechendes Merkmal dieser Schule. So scheiterten viele bereits bei der korrekten Schreibweise. „Leipnitz“ buchstabierten manche Schüler den Namen ihrer Schule schon vor der Zeit, als in den Grundschulen noch nicht „Schreiben nach Gehör“ praktiziert wurde. Späteren Schülergenerationen in den 1980ern gelang es schließlich, eine Verbindung zu einem gleichnamigen Produkt eines Butterkeksherstellers herzustellen. Der Aufkleber „Schule mit Biss“ klang lecker, war in ganz Buer an jeder Ampelanlage zu finden und zeugte von der Unkenntnis über das Lebenswerk des Namensgebers, das so gut wie nie zum Hauptunterrichtsgegenstand an dieser Schule gemacht wurde. Die Schüler anderer Buerscher Gymnasien sprachen herablassend vom Keksgymnasium – mitten in Buer.

Die aufgehobene Geschlechtertrennung machte aus dem Gebäude, an dem bis dahin nur „Jungen nackt Turnübungen vollzogen“ (so die Herleitung des Begriffes Gymnasium aus dem Altgriechischen), im Laufe der Zeit eine Schule für Kinder aus den nördlich der Emscher gelegenen Stadtteilen. Deren Eltern besaßen selten viel Geld und noch seltener ein elitäres Verständnis von Bildung. Das Leibniz diente zum Beispiel denen als Sprungbrett in eine Nicht-Arbeiter-Karriere, die in der Zeit nach dem Kurzschuljahr in der Volksschule als unterfordert aufgefallen waren. Für die meisten Familien war das bis Anfang der 1960er erhobene Schulgeld an Gymnasien oftmals Grund genug, die Realschule als das Ende der Bildungsfahnenstange für ihre Sprösslinge anzusehen. Das Geld alleinerziehender Mütter reichte damals ganzsicher nicht für bestmögliche Bildungschancen ihrer Nachkommen aus. Weitere Familienmodelle kamen in der damaligen bundesdeutschen Realität kaum vor. Sowohl der Pillenknick als auch die Auswirkungen der 68er-Revolution standen noch bevor. Ohne die Empfehlung des Volksschullehrers war der Besuch eines Gymnasiums sowieso unmöglich. Das Wort „Gastarbeiterkind“ war und blieb im gymnasialen Schulsystem unbekannt. Alles hatte seine Ordnung und befand sich sicher verschlossen in den dafür vorgesehenen Denkschubladen – mitten in Buer.

1969 wählten viele Willy und nahmen in den folgenden Jahren neue Bildungs-Chancen für ihre Nachkommen wahr. So platzte das Schulgebäude des Leibniz in den 1970ern unmittelbar aus allen Nähten. Die bauliche Lösung kam 1972, war schnell, kostengünstig und hieß „Pavillons“. Das war eine beschönigende Beschreibung für provisorische Nur-Parterre-Gebäude, die in Fertigbauweise auf einem Nebengrundstück errichtet wurden und eine Übergangslösung darstellen sollten. Der neu entstandene sogenannte kleine Schulhof beherbergte die gesamte 5zügige Unter- und Teile der Mittelstufe. Leichtbauwände mit Leichtbautüren, Leichtbauböden und Leichtbaudecken waren dem Schulalltag nicht immer gewachsen. So manches Loch im Baukörper entstand und wurde selten sofort ausgebessert. Undichte Flachdächer, feuchte Wände, knarrende Böden, Türblätter mit versehentlich oder mutwillig beigebrachten Zusatzöffnungen, sowie abgefallene Waschbecken individualisierten sehr bald die Unterrichtsräume. Über den Zustand der Toilettenanlage soll der Mantel des Schweigens ausgebreitet werden. Nur so viel: Nein, es war noch viel ekliger. Die Achtsamkeit dem baulichen Umfeld gegenüber war nicht sehr ausgeprägt – mitten in Buer.

Pavillons auf dem kleinen Schulhof Ende der 1980er

Ein paar Jahre darauf entstand aus einem ähnlichen Baumuster die „Pappschachtel“, also jener von der Sparkasse ausgemusterte temporäre Fertigbau, der als soziokulturelles Zentrum gespendet wurde und an der De-la-Chevallerie-Straße Stadtgeschichte schrieb. Dort hatte unter anderem Herbert Grönemeyer Auftritte, bevor er berühmt wurde – und bevor das Ganze in Flammen aufging. Wieso, warum, man weiß es nicht genau – mitten in Buer.

Anstatt langfristig zu denken und massive Gebäude zu errichten, wurde Geld für Technik und neue Unterrichtsmethoden ausgegeben. In einem der Pavillons befand sich das einst hypermoderne Sprachlabor, in dem Schüler selbständig ihre Englisch- oder Französischkenntnisse vertiefen sollten, während sie mit einem Kopfhörer und Mikrophon ausgestattet jederzeit von dem veranstaltenden Lehrkörper abgehört, verbessert, zurechtgewiesen oder sonst wie erschreckt werden konnten. Das Sprachlabor gab nach wenigen Jahren und einer insgesamt gesehen lächerlich geringen Nutzungsdauer den Geist auf. Schon damals veraltete die Technik sehr schnell im Schulalltag beziehungsweise brach einfach zusammen, wenn Samthandschuhe nicht zur vorgeschriebenen und mitgelieferten Grundausstattung gehörten – mitten in Buer.

Das Leibniz wurde durch die Pavillons zur Schule der langen Wege. Es gab nun zwei räumlich getrennte Schulhöfe und keine unmittelbare Verbindung der Einzelgebäude miteinander. Der Bürgersteig entlang der Breddestraße wurde zur Pilgerstrecke für Lehrer und Schüler, immer vorbei an der Villa Hausnummer 23, die der Schulerweiterung bis heute trotzt. Als Mitte der 1970er die große Sporthalle am Sportplatz an der Vinckestraße eingeweiht wurde, wuchsen die Entfernungen noch weiter. Immerhin konnte der Sportunterricht wenigstens aus dem Hauptgebäude ausgelagert werden. Dort gab es nur einen fast quadratischen Raum unterhalb der Aula, der Turnhalle genannt wurde. Er dunstete, wie alles in dem verrotteten Altbau, noch den Mief und den dort verflossenen Schweiß des Kaiserreiches aus. Da der Platz im Hauptgebäude für die Oberstufe kaum ausreichte, stellten die Schulplaner einen weiteren Pavillon auf dem Schulhof des Hauptgebäudes auf. Auch dieser Fix-und-Fertigbau war wie die anderen Pavillons von außen mit dunkelgrüner Lackfarbe versiegelt. Der morbide Charme des Neubaus führte zur innerschulischen Benennung „Die Baracke“ und gab der damaligen Schülerzeitung ihren Namen, die in den umliegenden Geschäften verkauft wurde – mitten in Buer.

Fassade Ende der 1980er

Die Wände des Hauptgebäudes waren bis Ende der 1970er großflächig und nahezu überall mit abfallendem Putz und Schimmel garniert. Außen hatte Jahrzehnte alter Feinstaub das Mauerwerk patiniert. Die Stadtverwaltung verordnete dem Gebäude irgendwann eine Schnellsanierung mit dem Schwerpunkt auf dem ersten Teil des Wortes. Es wurde vieles ohne Rücksicht auf die Innenarchitektur konsequent mit Leichtbauplatten verschlimmbessert, ein flaschengrüner PVC-Noppenboden vollflächig verlegt und jede Menge Latexfarbe auf den Innenwänden verteilt, um den schlimmsten Verfall zu kaschieren. Von außen erhielt das Gebäude an den verputzten Flächen einen grünen Anstrich, während das freiliegende Mauerwerk mit einem Terrakottaorange überstrichen wurde. Die beiden naturwissenschaftlichen „Hörsäle“ waren von der Renovierungsaktion ausgenommen. Sie verströmten weiterhin den Charme und das Aroma eines Originalraums aus dem 19. Jahrhundert, wie von Justus Liebig persönlich gestaltet, der der Erfinder dieser Art Unterrichtsraum mit Pult, Experimentiertisch, Absaugvorrichtung und zwei Schiebetafeln war. Die Schnitzereien und Signaturen auf den Holzflächen des Gestühls und Getischs schienen manchmal noch in Sütterlin verfasst zu sein. Auf dem Gang zu „den Naturwissenschaften“ konnte man in altersschwachen Vitrinen Präparate von allerlei einst lebendigen tierischen Organismen und Gliedmaßen bewundern, die in mit gelblichen Lösungen gefüllten Glasgefäßen schwammen. In einer Raumecke stand „Ivan“ herum. Ivan war die Bezeichnung für ein echtes menschliches Skelett, das von einem Metallgestell gestützt als Vorgänger der Körperweltenausstellung Gunther von Hagens‘ gelten kann. Es handelte sich um eine allerdings unfreiwillige Körperspende eines in Buer gegen seinen Willen umgekommenen russischen Zwangsarbeiters, so wurde vermutet – mitten in Buer.

Die 1980er begannen und ein 3stöckiger Neubau für die naturwissenschaftlichen Fachräume entstand. Das Gebäude wurde fast pünktlich fertiggestellt und blieb sogar unter den veranschlagten Baukosten. Damit entstand eine Verbindung zwischen den verstreuten Gebäudeteilen. Erstmals war es möglich, in einem mehrminütigen Fußmarsch einmal quer durch alle Gebäude von einem Lehrerzimmer zum anderen Lehrerzimmer zu gelangen, ohne bei schlechtem Wetter einen Regenschirm – bis dahin das Markenzeichen jedes Lehrers am Leibniz – mitnehmen zu müssen. Bei der Eröffnung gab es wie neulich einen Tag der offenen Tür, aber mit Vorführungen und Experimenten. Im neuen Chemieraum ging das erste Lehrer-Experiment richtig ab und hinterließ einen dunklen Fleck an der Raumdecke, der bis zur Pensionierung des Kollegen nach ihm benannt blieb. Ein paar Unterstufenschüler testeten die Haltbarkeit der in den Fluren befindlichen Garderobenstangenbefestigungen, indem sie sich daran hochzogen. Bei einem halben Dutzend Halbwüchsigen gleichzeitig gaben die Halterungen nach. Es zeigte sich, dass der Anteil des Zements in den betroffenen Wänden eher sparsam bemessen war. Der unterschrittene Kostenrahmen hatte also schnell eine Erklärung gefunden – mitten in Buer.

Auch der Neubau des heutigen Kunstmuseums mit seinem Museums Café (im Schülerjargon „Mukaff“ genannt) erweiterte Mitte der 1980ern die Räumlichkeiten des Leibniz inoffiziell. Freistunden wurden nicht mehr in den Räumen der Schülervertretung in den feuchten Kellergewölben verbracht. Direkt neben Günther Ueckers benagelten Klavier von 1964 wurde exzessiv Kaffee geschlürft und die Bude zugequalmt. Zum Glück waren die Siebdrucke von Anton Stankowski an den Wänden hinter Glas. Sogar Unterrichtsstunden kleiner Kurse fanden dort statt – also im Mukaff, seltener im Museum. Kleine Interessenskonflikte zwischen Schülern und Schulleitung wurden offen ausgetragen. Die spontane Abiturparty des Jahrgangs, in dem der spätere jüngste Gelsenkirchener OB aller Zeiten Teil des Ganzen war, wurde mit Nachdruck und durch uniformierte Helfer vorzeitig beendet, weil in der überfüllten alten Turnhalle zur Musik einer Band auf dem Holzboden im Takt herumgesprungen und die Statik des Gründerzeitgebäudes überprüft wurde. Sie hielt – mitten in Buer.

Das ist auch heute noch gut zu wissen, denn dort ist mittlerweile die Schulbibliothek untergebracht. Und direkt darüber befindet sich die frisch renovierte Aula. Sie ist und war schon seit Gründung des Leibniz-Gymnasiums für eine Schule dieser Größe viel zu klein, hat aber ein sehr schönes, symbolträchtiges Buntglasfenster, ist fast vollständig mit Holz ausgekleidet und bekam nun eine Bühne, neuste Veranstaltungstechnik vom Feinsten und einen Yamaha-Flügel für 50 Kilo-Euro spendiert. Ein neuer Kulturort für Buer, der regelmäßig auch für außerschulische Konzerte und Theateraufführungen zur Verfügung stehen könnte, soll nach dem Wunsch des amtierenden Schulleiters Michael Scharnowski entstanden sein; so hofft er zumindest – mitten in Buer.

Dokumentation der Bauarbeiten

In den 1990er brannten die Pavillons ab. Warum, wieso, man weiß es nicht genau. Sie wurden durch einen Leichtbau mit Satteldach ersetzt. Der Rest der Gebäude wurde weiter auf Verschleiß gefahren. Nach dem Jahrtausendwechsel folgten Jahrzehnte, in denen schließlich ein mehrstöckiger Neubau entstand, sowie ein weiteres Gebäude mit einer Cafeteria. Alles Zweckbauten ohne einheitlichen Baustil. Derweil wurde in Containern auf den Schulhof des Hauptgebäudes weiter unterrichtet, während das alte Gemäuer Flügel für Flügel komplett geräumt, der Putz von den Wänden geklopft und alle Räume kernsaniert wurden – ungefähr 15 Jahre lang. Viele Jahrgänge in diesem Jahrtausend haben ihre Schulzeit am Leibniz ausschließlich auf einer Baustelle verlebt. Nun scheint das letzte bisschen altes Leibniz-Feeling Geschichte zu sein, jenes immer-unfertige, chronisch-morsche, dauer-ungepflegte Erscheinungsbild – mitten in Buer.

Teilrekonstruktion der ursprünglichen Gestaltung

Ein Rundgang durch die Flure des restaurierten Hauptgebäudes erfreut diejenigen, die das Elend der 1970er und 1980er noch kannten. Innen sind kleine Details freigelegt worden, die teils Fragmente der originalen Gestaltung von 1908 zeigen oder dieser nachempfunden wurden. Der Fußboden ist im ursprünglichen Stil neu verfliest worden, die Türen nach alten Mustern neu hergestellt.

Treppenhaus mit Fragmenten der ursprünglichen Gestaltung

Die Steintreppen sind von ihren PVC-Noppen befreit und behutsam aufgearbeitet worden. Die Gewölbe wurden hell gestaltet. Die Klassenräume sind technisch auf dem neusten Stand. Zwischentüren aus Glas wurden an verschiedenen Stellen so eingefügt, dass die ursprüngliche Raumwirkung nicht beeinträchtigt wird. Ornamente und Details sind herausgearbeitet worden, die zuvor mit Farbe zugeklatscht waren. Dinge wurden ans Licht gebracht, die Jahrzehnte hinter Trockenbauplatten verborgen lagen.

Saniertes Mauerwerk

Außen wurde die einst aufgebrachte Fassadenfarbe entfernt, wo Ziermauerwerk nun – frisch restauriert und neu verfugt – erstrahlt. Das hässliche Grün ist einem hellen Mintfarbton gewichen. Ein Baudenkmal im Neuzustand für 8 Millionen Euro – mitten in Buer.

Aula und Haupteingang

Bleibt nur eine Träne im Knopfloch. Der Dachboden ist nicht mehr zugänglich! Der Ort, an dem das einstige Konservatorium zur Keimzelle der Gelsenkirchener Musikschule wurde – in jedem Raum stand ein Klavier – verbirgt abgeschirmt von der Öffentlichkeit die Spuren seiner Geschichte. Aus Brandschutzgründen können die verwinkelten Räume mit ihren Dachgauben von den Schülern nicht mehr belebt werden. Alles verblieb dort in dem teilabgerissenen Zwischenzustand, als man bei der Sanierung Hausschwamm im Dachstuhl entdeckte und beseitigte. Auch der „Geheimgang“, eine sehr steile Steinwendeltreppe, die auf den Dachboden führt, ist nicht mehr geöffnet. Der Musikraum, aus dessen Fenstern man über die Dächer von Buer blicken konnte, während der Musikpädagoge sich bemühte Interesse für Musiktheorie bei seinen Schülern zu wecken, ist nicht mehr zu besichtigen – mitten in Buer.

Auch der Kunstraum unter dem Dach, in dem Jürgen Kramer jahrelang zur Zeit der „Neuen deutschen Welle“ – ganz in schwarz gekleidet und mit schwarz gefärbten Haaren – als Kunstpädagoge am Leibniz wirkte, bleibt leider verschlossen und ist vorerst nicht mehr nutzbar. Vielleicht gibt es irgendwann die zeitlich begrenzte Möglichkeit, dort oben Werke Jürgen Kramers auszustellen. An einer seiner Wirkungsstätten, in Räumen mit halb abgerissener Vergangenheit, hätte ihm das vermutlich gefallen – mitten in Buer.

P.S. https://leibniz-gymnasium.net

P.P.S. „Mitten in Buer“ lautet der Titel der aktuellen Selbstdarstellung des Leibniz-Gymnasiums. Die Baugeschichte der Schule kommt darin nicht vor. So kam eins zum anderen …

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 5

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Ali-Emilia Podstawa

Gelsenkirchen-Fan, Schreiberling*in, Nicht-Binär, Teil-Analog

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
8 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Mi.Lied.

Der etwas längliche Artikel hinterlässt Fragen über Fragen.
Wird es künftig auch HerrKules-Beiträge ohne ätzende Anmerkungen zu Frau Zur geben?
Wie ist es möglich, dass eine Schule mit über 1.000 Schülerinnen und Schülern „weite Wege“ hat?
Wird es ähnlichlautende Beiträge auch noch zu allen anderen Schulen mit Instandhaltungsrückständen geben?

0
0
Ro.Bien.

Sicher. Sie war ja kürzer da, als vorher gewettet. Die PP.

0
0
Mi.Lied

schade, ich hätte wenigstens erwartet, dass der Sinn einer Einbindung von Frau Zur – ob ätzend oder nicht – in einem Text zu der Historie einer Schule irgendwie inhaltlich erläutert werden würde.

0
0
Heinz Niski

meine Glaskugel sagt: es wird sicher ab und zu und zwischendurch immer wieder auch andere Formate geben als nur längliche. Mit und ohne Ätzmittel, mit und ohne Vermessungen der Welt. Wir müssen wegen unserer dünnen Personaldecke aber davon absehen, jede einzelne Schule und ihre baulichen, finanziellen, pädagogischen, personellen Mängel zu beschreiben. Wir bitten um Entschuldigung.

0
0
Mi.Lied

Zwinkersmilie

0
0
Cle.Gedön.

alle Tage sind gleich lang, aber unterschiedlich breit

0
0
Mi.Lied

Na gut, mit dieser qualifizierten Erläuterung ist der Text endlich zu verstehen. Dankefür

0
0