Gegen Mitte der vergangenen Woche erreichte mich auf elektronischem Wege die Botschaft eines Kameraden aus früheren Schulzeiten, er sei am Abend auf dem hiesigen Feierabendmarkt und ob ich nicht hinzukommen wolle. Nun bin ich selbst nicht ein eifriger Besucher dieser Art von Veranstaltungen, aber es reizte mich doch, den alten Freund zu treffen. Und so begegneten wir uns an der, zugegeben, recht überschaubaren Ansammlung von Ständen, auch gerne Bierwagen genannt, die einer Wagenburg zur Abwehr eines Angriff der Komantschen gleichend, in einer Runde aufgestellt waren und in deren Mitte sich Sitzbänken befanden, durchaus mit weißen Siedlern besetzt. Alsbald begann ein munterer Austausch von Erinnerungen an die Schulzeit, zumal ein weiterer Kamerad aus diesen Zeiten zu uns stieß. Auch Gedanken an die Planung einer gemeinsamen Reise wurden ausgesprochen.
Inzwischen hatte sich die Dunkelheit über den Platz gelegt. Und plötzlich hörten wir Rufe, Sprechchöre, Wortfetzen, teilweise elektronisch verstärkt. Schließlich tauchten aus der Nacht Menschen auf, nein, nicht die Komantschen! Ein Demonstrationszug kam am Platz vorbei, an die hundert Menschen, begleitet von Polizeifahrzeugen. Unruhe kam unter einem Teil der Feierabendmarktgäste auf, ja, ich bin geneigt zu sagen, eine gewisse hysterische Stimmung machte sich breit gegenüber den Demonstrierenden, die in Richtung Hans-Sachs-Haus zogen und, soweit mir akustisch überhaupt verständlich, friedlich, ohne jeden Hauch von Gewalt, gegen eine Impfpflicht und die Corona-Politik der Regierung protestierten. Allein – schon die Inanspruchnahme von Grundrechten, das der Demonstrationfreiheit, der Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit, schien für einige der Siedler in der Wagenburg bereits unerträglich zu sein und löste eine Art verbalen Brechreiz aus. Stinkefinger wurden gereckt, Buh-Rufe erschollen und kulminierten schließlich in dem Appell „Fickt euch selber!“
Ich sagte in Richtung eines der Ficker-Schreier: „Habe ich auch schon mal probiert, mich selbst zu ficken, habe ich aber nicht hingekriegt!“ Aber eingehüllt in seinen Zornes-Kokon verstand er mich wohl nicht, meine Aussage blieb ohne Antwort.
Auf dem Heimweg kam ich ins Grübeln! Gemeint war – mit dieser Aufforderung bzw. Redewendung – ja wohl nicht eine Form der Selbstbefriedigung, sondern – im landläufigen Sinne – tatsächlich der Vollzug des sexuellen Aktes, den zwei oder mehr Beteiligte gemeinsam vollziehen. Aber der Schreier hatte ja nicht gerufen: Fickt doch miteinander! Nein! Mit sich selber sollte es getan werden. Ob das ging? Ich wollte es herausfinden! Aber ohne es zunächst selbst zu versuchen.
Am Tag danach hängte ich an verschiedenen Stellen in der Stadt kleine Plakate auf, auf denen nebst meiner Rufnummer stand: Menschen für Interviews gesucht, denen es mindestens einmal gelungen ist, sich selbst zu ficken. Hautfarbe, Religion, Geschlechtszugehörigkeit, Herkunft, geimpft oder ungeimpft: völlig egal! Hauptsache erfolgreich selbst gefickt!
Bis heute hatte ich, von Rückmeldungen, die im wesentlichen aus Beschimpfungen, Einladungen zum Gruppensex und einem Angebot zum Abschluss einer Erotik-Telefon-Hotline bestanden, nur drei ernsthafte Anrufe: Eine Frau empfahl mir eine Broschüre ihrer religiösen Gemeinschaft. Den Namen der Gemeinschaft habe ich vergessen, es war irgendetwas mit einem blutigen Dornenweg. Dann rief ein Mann an. Er gab sich als 38jähriger Mitarbeiter einer Gelsenkirchener Sanitärfirma aus und meinte: „Sanitär, das ist Wasser , Gas, Scheiße, hahaha!“Seinen Namen wollte er aber nicht sagen: „Nennen Sie mich Sani-Manni!“ Er behauptete, sehr gelenkig gewesen zu sein, was in seinem Beruf von Vorteil sei, habe sich aber bei dem Versuch, die auf dem Plakat angesprochene Praktik durchzuführen, drei Lendenwirbel angebrochen („Scheiße, eben!“), hätte sechs Monate in der Reha verbracht, würde jetzt nur noch halbtags arbeiten können (im Büro!), hätte mittlerweile von der gewünschten Praktik völlig Abstand genommen und würde mir dringend davon abraten.
Der dritte Anruf war mir ziemlich peinlich: Mein Schulkollege, der mich zu dem Treffen animiert hatte, rief an und meinte, ich sei zu Schulzeiten schon ein ziemlich schräger Vogel gewesen, aber das toppe alles. Er habe, damit mein Ruf nicht noch weiter ruiniert würde, gemeinsam mit dem Dritten im Bunde bei unserem Treffen auf den ausgehängten Plakaten meine Rufnummer durchgestrichen und durch die der Stadtverwaltung ersetzt. Das wäre doch wohl ein Freundschaftsdienst der Extraklasse!
Ich konnte ihm nicht widersprechen!
Deshalb meine Bitte: Falls Sie so ein Plakat in der Stadt entdecken, reißen Sie es ab und werfen Sie es weg! Wenn Sie Zeit und Lust haben, können Sie ja zusätzlich auch noch einen Anruf tätigen.
Die Nummer der Stadtverwaltung lautet:
+49 (209) 169-0
datt hasse schön geschrieben
Unter dem Gesichtspunkt der Reinen Lehre (frei nach Prof. Börne, Tatort Münster vom 16.01.22) handelt es sich vorliegend offenbar nicht um eine Evaluation. Wer denkt, es könnte sich um Monitoring handelt, irrt ebenso. Vielmehr dürfte es sich gemäß der Reinen Lehre um Benchmarking („Lerne von den Besten!“) handeln. Dass dieses Unterfangen in einer Stadt am Ende der Liste der Städte mit Lebensqualität (401) überhaupt zu einem tragfähigen Ergebnis geführt hat („Mach et nich!“), erstaunt. Nachvollziehbar ist, alle weiteren zu Befragenden an die Stadtverwaltung umzuleiten, denn das könnte jedenfalls die seitens der Stadt bei der zweiten Studie zur Lebensqualität verweigerten Daten annähernd ersetzen helfen. Die Auskunft aller – bis auf einen >Scheißkerl< – "Wir haben es nicht geschafft!", kann in jeder Spalte durchaus als realistische Größe eingeordnet werden. Die Wähler haben – nach der Formel "Du bekommst die Politik und Verwaltung, die du wählst!" – sich das erklärtermaßen verdient.
Dass es sich im Übrigen bei dem einen ansatzweise Erfolgreichem um einen von der chinesischen Sexualhygiene beeinflussten handeln könnte, dürfte sich als nicht ganz zutreffend herausstellen. Zwar tauchen bei ihm ansatzweise mit dem Element "Wasser" das zentrale Thema des Nieren-Ying und Yang, sowie die Essenz Jing auf, sowie der Rat dem Extremsport nicht zu frönen, da dies der Essenz schade. Nein, es dürfte sich naheliegenderweise eher um einen Anhänger der Römischen Sexualhygiene handeln, die ja bekanntermaßen auf die äußere Reinlichkeit ihren Fokus legt. Gas, Wasser, Scheiße spricht demnach eine deutliche Sprache. Es dürfte sich um einen reinkarnierten Römer handeln. Denn: "In der römischen Kultur wurden Unreinlichkeiten im Bezug auf Sexualität verabscheut; viele Bordelle hatten eigene Wasseranschlüsse (!) und Reinlichkeit war unter den römischen Prostituierten offenbar üblich. Prostituierte, die sich nicht pflegten, verloren schnell ihre Kunden. Vor allem Prostituierten, die Praktiken wie Fellatio oder Analverkehr ausübten, wurde eine gewisse Unsauberkeit nachgesagt." Für diese These spricht zudem, dass die Römer sich – wie renommierte Historiker seit geraumer Zeit annehmen – tatsächlich im übertragenen Sinne selbst gefickt haben. Anders, so die Experten, ließe sich der Untergang ihres Reiches nicht erklären. Womit wir – nach dem kleinen Ausflug in die Geschichte – wieder in der Gegenwart des Feierabendmarktes wären. Die Weiterleitung der Rückmeldungen an die Nummer der Stadtverwaltung ist aus dieser Perspektive der richtige Umgang mit dem Thema. Letztlich muss ja die (Stadt-)Regierung entscheiden – das hat das Beispiel Rom zeigen wollen – ob der Untergang eine vermeidbare Entwicklung darstellt, oder ob sich am Ende doch alle selber ficken, und damit die Essenz des Universums sinnlos verausgaben. Mit dem Ergebnis, dass nach dem ENDE (401) das AUS folgte.
Bei allem Gesagten, muss ich zum Schluss zugestehen, und so viel Wahrheitsliebe ist letztlich tunlich: Ehrlicherweise handelt es sich bei der Conclusio um eine gemischt chinesisch-römische Methodenlehre. Ob dies noch den Grundsätzen der Reinen Lehre (nach Prof. Börne) genügt, darf jeder selbst entscheiden.
Lieber Bernd, falls Du Deine Versuchsreihe fortsetzt, bitte ohne Einbezug der (Internet-) Öffentlichkeit !
😉
@Pet.Teu.
Dein hier geäußerter Wunsch, ich möge mich in dieser Angelegenheit, aus der Öffentlichkeit zurück ziehen, ist doch bereits weitestgehend erfüllt (Durchstreichung meiner Telefonnummer, Abhängen von Plakaten). Ich bin übrigens mittlerweile der festen Überzeug, dass Joachim S. richtig liegt, wenn er in seinem Beitrag u.a. begründet schreibt:„Die Weiterleitung der Rückmeldungen an die Nummer der Stadtverwaltung ist aus dieser Perspektive der richtige Umgang mit dem Thema.“
Aus sicheren Quellen im Rathaus weiß ich übrigens, dass die Zahl der Anrufer in dieser Angelegenheit recht hoch ist. Unklar ist wohl noch, ob die Oberbürgermeisterin die Sache an sich zieht oder ob sie durch das Gesundheitsamt oder das Referat Kultur bearbeitet werden soll.
Übrigens habe ich das Angebot eines chinesischen Kontorsionisten („Schlangenmensch“) bekommen, der sonst im Zirkus und in Varietés auftritt. Er würde einen öffentlichen Versuch in der Sache auf dem Heinrich-König-Platz durchführen, will aber eine nicht unbeträchtliche Gage mitnehmen. Die kann ich alleine nicht schultern. Ich habe bereits die heimischen Rotarier, den Lions-Club, die Soroptimistinnen und das Referat Kultur („Kulturcent“) um finanzielle Unterstützung gebeten, bisher aber noch keine Antwort bekommen. Vielleicht klappt es ja doch!
Nicht, daß sich das noch zu einer Köpenickiade aufwächst.. oder so.. 😏
Der vormalige Schuster Voigt, der sich als Hauptmann ausgab, besetzte mit einem Trupp das Rathaus von Cöpenick (alte Schreibweise) und verlangte die Herausgabe der Stadtkasse. Auf die Idee käme niemand in Gelsenkirchen, auch ich nicht, denn die Kasse ist bekanntlich leer.
Ein wahres Wort gelassen ausgesprochen. Wenigstens versorgt die EZB ihre Untertanen (noch ?)
mit den nötigen Zahlungsmitteln.
Wäre jetzt der Übergang von der Sexual- zur Sozialpolitik..Fiskal- was weiss ich. 😉