0
(0)

Umfragen-Umfragen

Glaubt man der BILD und den Umfragen, auf die sie sich bezieht (INSA, 22.8.), sind fünf Wochen vor der Bundestagswahl die Parteien der Luftpumpe und der Teflonpfanne gleichauf mit jeweils 22 Prozentpunkten, wogegen die Plapperpuppen-Partei mit 17% leicht abgehängt ist.
Aber Vorsicht! Erstens handelt es sich um Momentaufnahmen und keine Hochrechnungen auf der Basis von tatsächlich abgegebenen Stimmen (Auszählungen in Wahllokalen). Zweitens sind es keine Prognosen auf der Basis von Befragungen unmittelbar nach dem Wahlgang vor den Wahllokalen. Drittens gibt es Abweichungen (im Plus- und Minusbereich) zwischen dem „Stimmungsbild“ und der tatsächlichen Stimmabgabe. Bei der letzten Bundestagswahl betrug die durchschnittliche (!) Abweichung, quer über alle Institute gerechnet, immerhin 1,47 Prozent. Und zuletzt: Schaut man auf die Ergebnisse anderer Institute, ergeben sich teilweise deutlich unterschiedliche Werte. Allensbach ermittelte am 19.8. noch folgende Ergebnisse: CDU 27% und SPD 19,5 %. Lediglich für die GRÜNEN sind die Ergebnisse bei beiden Instituten nahezu identisch (17% zu 17,5%).
Allerdings ist bei aller Vorsicht, was die Umfragen angeht, eines unzweifelhaft: Sowohl CDU/CSU als auch GRÜNE verlieren seit Wochen an Zustimmung, die SPD holt auf, wobei die Zustimmung zu der Kandidatin und den beiden Kandidaten durchaus nicht identisch ist mit der Zustimmung zur jeweiligen Partei. Kurz gefasst: die SPD profitiert von ihrem Kandidaten, er scheint die Zustimmung zur Partei nach oben zu ziehen, ohne dass schon entschieden ist, ob es für eine Mehrheit der Partei ausreicht und es sich nicht nur um eine Wiederholung des „Schulz-Effektes“ handelt, sich also an der Wahlurne letztlich doch nicht auszahlt.
Vielleicht lohnt es sich deshalb, mal einen Blick auf die Kandidaten und ihre jeweilige Partei zu werfen.

Teflonpfanne alias Olaf Scholz

Zunächst einmal ist daran zu erinnern, dass die SPD einen Kandidaten ins Rennen geschickt hat, dem sie bei der Wahl zum Vorsitzenden nicht das Vertrauen geschenkt hat. Und es ist zugleich anzumerken, dass die beiden Vorsitzenden, die man ihm vor die finanzministerielle Nase gesetzt hat, nicht nur insgesamt in der politischen Landschaft eher blasse Figuren (geblieben) sind, sondern zudem, von der einen oder anderen links-krawalligen Suada der Vorsitzenden einmal abgesehen, kaum zur politischen Debatte der letzten Monate inhaltlich beigetragen haben. Was gut ist, denn wer nichts zu sagen hat, sollte sowieso lieber schweigen! Das gilt auch für den zeitweilig von den Medien hochgejazzten Kevin Kühnert, dessen antikapitalistische Banalitäten offensichtlich mittlerweile als eher störend für den Wahlkampf von Scholz angesehen werden, so dass man ihm ein Schweigepflaster auf den Mund geklebt hat. So kann Olaf Scholz (in Osnabrück geboren, aber in Hamburg aufgewachsen) in Ruhe seine „hanseatische“ Gelassenheit und Distanziertheit zelebrieren, ohne dass er sich mit parteiinternen Inhalten und Quertreibern auseinandersetzen muss, die den Eindruck erwecken wollen, die SPD sei eine „linke“ oder gar „marxistisch orientierte“ Partei.
Scholz hat aus verschiedenen Gründen an Zustimmung gewonnen: sowohl Baerbock als auch Laschet haben seit ihrer Nominierung Fehler hingelegt, von denen Scholz profitiert. Er ist stark, weil die anderen schwächeln. Er wirkt souverän, gelassen, überlegt, und – ein sehr großer Vorteil seines Amtes – er ist derjenige, der sich vor die Kameras stellt und mit Geldscheinen wedelt, egal ob es um Corona geht oder die Opfer der Flutkatastrophe. Olaf gibt gerne…vor allem das Geld von anderen Leuten (Steuerzahlern) aus! Der größte Vorteil aber ist: seine nicht unbeträchtlichen Fehler liegen lange zurück oder sind teilweise „abstrakt“, meint: vom Alltag der Menschen so weit entfernt, dass sie nicht (mehr) auf ihn zurückfallen oder ihm nicht angekreidet werden. Das betrifft sowohl den G20-Gipfel in Hamburg während seiner Zeit als Erster Bürgermeister als auch seine CUM/EX- und Wirecard-Vergesslichkeit, wo alle Fehler, seiner Meinung nach, andere zu verantworten hatten oder haben. Alle Vorwürfe sind an ihm abgeprallt! Tobias Betz vom ARD-Hauptstadtstudio kommentierte Scholz´ Auftreten im Untersuchungsausschuss zu Wirecard so:
Der Fall Wirecard ist einer der größten Finanzskandale Deutschlands. 24 Milliarden Euro Schaden mindestens. Alles passierte vor den Augen der zuständigen Behörden, die ihren Aufgaben in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt gerecht geworden sind. Und deshalb gibt es sehr wohl einen politisch Verantwortlichen – und das ist in diesem Finanzskandal der Bundesfinanzminister.
Aber Olaf Scholz macht es sich einfach. Nicht zuständig, nicht involviert, eher in einer Beobachterrolle. Dabei hätte er sehr wohl eingreifen können – und müssen. (…) Aber zu dieser Art der Fehlerkultur, der kritischen Selbstreflexion ist Scholz anscheinend nicht bereit. (…) Bloß keine Fehler machen, schon gar keinen Fehler zugeben. Die eigene Person schützen, er ist schließlich Kanzlerkandidat. Und zwar einer, der damit wirbt, große Regierungserfahrung zu haben. Aber zu Führungsstärke gehört eben nicht, alles abzubügeln und abzuwehren.“**
Scholz hat nicht das Charisma eines Willy Brandt, den man mögen und verehren konnte, er hat nicht die schneidig-rhetorische Kraft eines Helmut Schmidt, dem man Respekt zollen konnte, und auch nicht die manchmal zur Schau gestellte und inszenierte proletarisch anmutende Polterigkeit und Schnöseligkeit eines Gerhard Schröder, dem man natürlich politische Fehlentscheidungen übel nehmen konnte und ankreidete. An Scholz läuft alles ab wie das Öl in der Teflonpfanne. Das ist sein Markenzeichen. Und er ist in seiner Rolle einfach gnadenlos emotionsfrei und langweilig. Wie seine Partei. Und deshalb passen sie zueinander. Und offensichtlich auch zu rund 20 % der Wählerschaft!

Luftpumpe alias Armin Laschet

Seit seiner Nominierung schwächelt die CDU/CSU. Das liegt durchaus an ihm. Aber nicht nur! Von Anfang an hat sich der gescheiterte Kandidat aus Bayern immer wieder als der bessere Kanzler inszeniert. Er verkauft sich als entschlossener Macher, der voran geht und Laschet wie eine lahme Ente aussehen lässt. Laschet selbst verkauft sich als der „Machtmenschliche“ (Titel der Biografie von T. Blasius), was aber nicht funktioniert, jedenfalls nicht in einem Land mit den Problemen, die wir haben und die auf uns zukommen, sowohl in der Innen- wie in der Außenpolitik. Wenn er beruflich menscheln will, dann hätte er Gemeindereferent, Sozialarbeiter oder Krankenhaus-Clown auf der pädiatrischen Abteilung werden sollen, nicht aber jemand, der meint, eine der größten Volkswirtschaften der Welt lenken und leiten zu können. Das „Menschliche“, das er sich wohl gerne zuschreiben lässt, sicherlich eingefärbt durch sein rheinisch-karnevalistisches Naturell, erscheint auf der Ebene der Politik nämlich eher als Wankelmütigkeit, Uneindeutigkeit und mangelnde Durchsetzungskraft. Als Werkzeug wäre er, bildlich gesehen, weder Hammer noch Amboss, sondern Luftpumpe!
Laschet hatte eine große Chance, nämlich die, seine Partei und damit das Land aus dem Tiefschlaf zu holen, in den Merkel Deutschland und das Parlament versetzt hat. Laschet hätte die Möglichkeit und Pflicht gehabt, deutlich zu machen, wofür die sozialdemokratisierte und vergrünte CDU in Zukunft stehen soll und wird. Er hätte klar machen können, was nach 16 Jahren Merkelei-Hypnose noch der Markenkern der CDU ist. Dies hätte er machen können durch Personal, also ein Team, mit dem er sich umgibt, und durch Themen und Inhalte, die er setzt. Beides hat er nicht getan! Man weiß nicht, wofür Laschet steht, weil er nicht weiß, wohin er die CDU führen soll. Er hätte, um nur ein Themenfeld zu nennen, deutlich machen können, in welche Richtung seine Corona-Strategie geht – in Richtung einer unendlichen Verlängerung von „Maßnahmen“ unterschiedlicher Art und einem Auf und Ab zwischen Lockerung und Lockdown oder in Richtung Selbstverantwortung der Bürger und dem Setzen auf die Freiheitsrechte. Dies wäre aber nur machbar, wenn er auch bereit und in der Lage wäre, sich deutlich von Merkel abzugrenzen!
Laschets „Positionslosigkeit“ oder „Positionsuneindeutigkeit“ scheint mir schädlicher zu sein als die „handwerklichen“ Fehler, die ihm unterlaufen sind (unvorteilhafte Bilder, falsche Akzentsetzung etwa im Kontext der Flutkatastrophe). Besonders der Versuch von Laschet und der CDU, im Gehege der GRÜNEN zu wildern, macht ihn zusätzlich konturlos. So scheint er zwischen halbgarer GRÜNEN-Nachahmung und bayerischer Kraftmeierei hin- und hergetrieben zu sein wie eine Flipperkugel, die – von äußeren Kräften angestoßen – zu ständigen Positionswechseln gezwungen ist.
Aber Flipperkugeln, das wissen wir alle, werden letztlich doch versenkt!

Plapperpuppe alias Annalena Baerbock

Bei aller Unwägbarkeit der Voraussagen scheint eines klar zu sein: Wenn Laschet und Scholz nicht noch (mehr) fundamentale Fehler machen oder Ereignisse eintreten, die ausschließlich den GRÜNEN in die Hände spielen, werden die GRÜNEN die Bestwerte, die sie vor geraumer Zeit noch innehatten, nicht mehr erreichen. Und dies, obwohl sie immer noch (oder wieder) Unterstützung durch Meinungsmacher in den öffentlich-rechtlichen Medien und zahlreiche Journalisten in Presseorganen bekommen. Selbst die Naturkatastrophen in Deutschland, der Türkei, Griechenland, den USA und jüngst auf Haiti scheinen nicht genug Schubkraft zu entfalten, um den Absturz der GRÜNEN, wie er sich seit der Nominierung Baerbocks ereignet hat, umzukehren und die Zustimmung wieder ins Positive zu treiben. Baerbocks Unzulänglichkeiten und Peinlichkeiten sollen hier nicht erneut thematisiert werden.
Die GRÜNEN, das kann nicht übersehen werden, haben sich in den letzten Wochen allerdings auch wieder verstärkt als die Besserwisser und moralinsauren Weltverbesserer erwiesen, die mit Verboten liebäugeln und anderen Menschen gerne die Lebensweise vorschreiben wollen. Bezeichnend wie die GRÜNEN auf die anti-grüne Plakataktion „Grüner Mist“ reagiert haben – wenig souverän, wenig pfiffig, wenig gelassen. Der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Jan Phillip Albrecht, forderte alle Kommunen und kommunalen Unternehmen dazu auf, dem Vermieter der Werbeflächen, der Firma Ströer, keine Aufträge mehr zu geben, wenn die Firma nicht den Auftraggeber der Plakataktion nennen würde. Damit markierte er die Grünen letztlich als genau das, was ihnen bei der Plakataktion u.a. vorgeworfen wurde, nämlich eine Partei der Bevormundung und Verbote zu sein.
Vielleicht haben sich die GRÜNEN bei den Umfrageergebnissen aber auch einfach nur dort wieder eingependelt, wo sie in der Gesellschaft prozentmäßig hingehören. Dann war die „Hoch-Zeit“ in den Umfragewerten lediglich ein kurzzeitiger Ausreißer nach oben. Der Anspruch auf das Kanzleramt erwiese sich dann als das, was er war, Selbstüberschätzung und nervige Kraftmeierei. Wobei natürlich nicht vergessen werden sollte, dass selbst ein Ergebnis von 17%, gemessen am letzten Bundestagswahlergebnis, einen ungeheuren Zuwachs an Stimmen für die GRÜNEN bedeutet und damit ihren Einfluss und ihre Optionen bei Koalitionsbildungen deutlich verbessert. Die Frage ist eher die, jedenfalls für die GRÜNEN selbst, ob die Kandidatur der Plapperpuppe vielleicht die entscheidenden drei oder vier Prozent gekostet hat, um mit CDU oder zumindest SPD gleichzuziehen und am Ende auf Platz ZWEI zu landen, so dass bei einer Regierungsbildung an ihnen kein Weg vorbeigeführt hätte. Wahrscheinlich ist ihnen selbst mittlerweile klar, dass die aus ideologischer Fixierung erfolgte Wahl Baerbocks zur Spitzenkandidatin ein Fehler war (was sie nie zugeben würden) und Habeck für ein paar Prozente mehr gut genug gewesen wäre – wenn auch nicht mit mehr Eignung für das Amt des Kanzlers.

Fazit

Unabhängig davon, wer Kanzler wird: Klare Positionsabgrenzungen gibt es zwischen SPD, CDU und GRÜNEN (und auch FDP) letztlich nicht. Jeder kann mit jedem ins Bett, das gelegentliche Gerede von „Richtungswahl“ ist nur Gebrabbel. Gebrabbel als Teil einer Ablenkungsstrategie, die vernebeln soll, dass wir letztlich eine große Einheitssuppe serviert bekommen auf der Basis eines Grundrezeptes, das mal mit etwas mehr Gemüse, mal mit etwas mehr Zusatz von Sahne und mal mit etwas mehr Fleischeinlage variiert und serviert wird. Entscheidend ist dabei, dass wir, die Bürgerinnen und Bürger, die Wähler und Wählerinnen, die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, diese Suppe nicht nur auslöffeln, sondern auch noch bezahlen müssen.

Wer in dieser Gastwirtschaft Koch und wer Kellner ist, spielt dagegen schon keine Rolle mehr!

**https://www.tagesschau.de/inland/kommentar-wirecard-untersuchungsausschuss-101.html

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
1 Kommentar
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Mar.Kolb.

Das Fazit ist leider wahr. Deshalb sind auch viele Menschen unentschlossen 🤷‍♂️ und überlegen sogar, gar nicht zur Wahl zu gehen. In der gesparten Zeit kann Mensch sich eine leckere Bratwurst in der Teflonpfanne zubereiten, anschließend mit der Luftpumpe die Reifen seines Fahrrades in Ordnung bringen. Auf der Erzbahntrasse die Pfunde wieder abtrainieren und sich vom Fahrtwind den Kopf frei pusten lassen. Nach dem vielenorts Plapperei Kopfschmerzen verursacht.

0
0