HEUTE: Von Stan zu Loretta oder Der Hahn, der ein Recht darauf hat, Eier zu legen und ein Küken auszubrüten
A) Geschlecht, biologisches
Im Deutschen sind mit biologischem Geschlecht (Englisch “Sex”) alle körperlichen, geschlechtsspezifischen Merkmale gemeint. Gemeinhin wird damit eine natürliche Binarität von Mann/Frau konstruiert, die sich nach Erkenntnissen der Inter*-Forschung nicht (mehr) halten lässt.
B) Geschlechtsidentität
Unter Geschlechtsidentität versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Dieses kann mit dem Geschlecht, das einem Menschen bei seiner Geburt zugewiesen wurde übereinstimmen – muss es aber nicht. Es muss außerdem nicht zeitlich stringent erfahren werden. Geschlechtsidentität manifestiert sich u.a. in der Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Repräsentanz nach außen.
Quelle zu A) und B):
Sauer, Arno (2018): LSBTIQ-Lexikon. Grundständig überarbeitete Lizenzausgabe des Glossars des Netzwerkes Trans*Inter*Sektionalität (http://transintersektionalitaet.org/?page_id=36). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn.
Monty Python , Das Leben des Brian: Loretta- Szene
Hallo, ich frage für einen Freund!
Der hat eine künstliche Hüfte, einen Herzschrittmacher, eine Insulinpumpe, zwei künstliche Kniegelenke, ein Zungen- und ein Nasenpiercing und ein Hörimplantat. Habe ich etwas vergessen? Ich glaube der hat auch ein paar Kronen im Mund. Und eine Brille.
Er möchte wissen, ob ein Cyborg als eigenständiges Geschlecht anerkannt ist oder ob er sich festlegen muss auf eine tradierte Rolle. Wie oft kann diese Festlegung gewechselt werden? Er fühlt sich bei Vollmond häufig menstruisig, in Körperscannern mechanisch und an Geldautomaten heterosexuell aufgeladen.
Darf er bei Vollmond Frauentoiletten benutzen? Wird eine monatliche an- und abschwellende Reformulierung akzeptiert oder ein anderer Turnus festgeschrieben? Doktor Sommer hilf.
Hallo, ich antworte an Stelle von Dr. Sommer:
mit der Loslösung von der Vorstellung der binären Geschlechterzuweisung in Mann und Frau (siehe oben Quelle A), so wie es etwa traditionell die Bibel darstellt, kommt es, wie uns die Quelle B lehrt, auf die “Wahrnehmung des eigenen Körpers und seine(r) Repräsentanz nach außen” an.Wenn sich ihr Freund, unabhängig von der Zahl seiner Ersatzteile bzw. künstlichen Körperteile, als Frau fühlt, egal ob Vollmond oder nicht, ist das sein gutes Recht und schließt die Benutzung von Frauentoiletten ein. In den anglo-amarikanscihen Ländern, namentlich USA, Australien und Britannien, werden bereits erste Prozesse geführt bzw. sind geführt worden um das Recht, als (biologischer) Mann, der sich aber als Frau fühlt, in Frauenhäusern oder anderen Einrichtungen, die eigentlich Frauen vorbehalten sind, unterzukommen. Es geht hier, darauf spielen Sie an, um die Frage, ob ein Geschlecht auch “fluid” sein kann (Sie sprechen von einer an- und abschwellenden Reformulierung). Wenn wir uns einmal darauf verständigt haben, dass es sich beim “Geschlecht” um ein Konstrukt, um eine soziale Zuweisung handelt, die ja zumeist bereits vor (Ultraschall), spätestens aber bei der Geburt durch Ärztin, Arzt oder Hebamme erfolgt (“Es ist ein Mädchen!”), dann ist in dieser Hinsicht fast alles möglich!
Wer das nicht anerkennen will, muss als transphob bezeichnet werden (Transphobie ist sozusagen die aktuelle Form des Rassismus, wie ich neulich las!).
Ich hoffe, dass meine Antwort Ihren Wissensdurst – Achtung! – stillen (!!) konnte!
Verstehe. Dann könnte der/die/das Schalker Bundesligakader ab morgen in der Frauenbundesliga spielen und hätte gute Chancen, mal wieder einen Titel zu holen. Oder wäre das phobisch-rassistisch-sexistisch-was-auch-immer-istisch?
Das wäre nicht irgendwie -istisch, sondern ist einfach völlig unrealistisch. Selbst wenn sich alle Spieler rasieren würden, hätte die gegenwärtige Mannschaft auch als Frauschaft gegen ein eingespieltes Frauenteam keine Chance; aber dieses Problem ist in einigen (anglo-amerikanischen) Sportverbänden aufgetaucht, weil plötzlich (ehemalige) Männer in Frauenteams mitspielen woll(t)en; noch einmal der Hinweis: es geht hier nicht um Transsexualität, also eine Geschlechtsumwandlung durch Einnahme entsprechender Präparate und operative Eingriffe, sondern darum, sich als “Frau” wahrzunehmen, wie es oben heißt, und Achtung:bei uns sind die rechtlichen Gegebenheiten andere als etwa in den USA, was dieses Thema betrifft.
Rechtlich ist das so ähnlich kribbelig wie die Antwort auf die Frage, ob z.B. ein Läufer/Springer mit einer Carbon-Feder-Prothese eines Unterschenkels an einem Wettkampf mit Nicht-Prothesen-Trägern. teilnehmen darf, etwa bei Lauf- oder Weitsprungwettbewerben (höhere Sprungkraft durch die Feder!).
Ich empfehle der Redaktion im Hinblick auf Artikel mit mehr Substanz zu diesem Thema folgende Lektüre:
Marge Piercy: Er, Sie und Es
https://argument.de/produkt/er-sie-und-es/
zum eigentlichen thema geht kaum etwas über das niveau von monty python hinaus, angesichts der allgemeinen entwicklung ist der film geradezu visionär- und besonders die anhängerinnenundaußen des marxismus in allen seinen spielarten und varianten sollten sich den film (falls sie humor haben und wissen, was ironie ist) zu gemüte führen!
ansonsten> ähnlich wie schon bei einem beitrag zum thema rassismus reicht dir unser beitrag nicht aus (oder wie hier: hat nicht genug substanz). das ist in ordnung, aber das ist mir zugleich jetzt entschieden zu wenig! das müsstest du dann doch inhaltlich unterfüttern, sonst erinnert mich das zu sehr an die alte pauker-tour nach einem beitrag: setzen, 5!deshalb nochmal die aufforderung, selbst etwas ausführlicher zu einem (zu diesem) thema stellung zu nehmen. aber dennoch: danke für deine anregung.