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Ja, ja – das von Gott berufene englische Volk in Gestalt von Fußballfans, bewehrt mit schlechten Gebissen, schlechtem Atem, Plauzen, dass die Leberzirrhose ihre pure Freude hat, allesamt 5-Sterne-Gourmets und Inhaber von Platin-Kreditkarten, diese Neo-Adonis-Typen haben natürlich das gute Recht, Kritik zu üben an Gelsenkörki, der „langweiligsten Stadt“, in der sie je waren (so konnte man lesen). Die werden froh sein, wenn sie in ihre Hauptstadt zurückkehren, wo Menschen aus Freude am Einfachen und Nachhaltigen mitten in der Metropole in improvisierten Zelten aus Plastiktüten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wo man gerne ins Krankenhaus zum Sterben geht, wo man sich über die köstlichen Fish& Chips freuen kann, die  – vor Fett triefend und in Zeitungspapier eingewickelt –  dem Körper einen Vitaminschock verpassen, dass es für eine ganze Woche reicht, und wo man gerne ein paar Pfund auf die Theke legt, um den Geschmack der Fisch- und Pommes-Fusion-Küche mit einem Bier hinunterzuspülen, das einen mit dem zarten Hauch abgestandenen Spülwassers erfreut. Einschub:  So, ich hoffe, dass ich jetzt kein Vorurteil über DIE Engländer ausgelassen habe! Doch noch eine Fortsetzung:  Und nach des langen Tages Mühen kann man sich noch an dem Gezänk einer degenerierten royalen Unterhaltungstruppe erfreuen. Welch ein Leben also!  Und klar: da kann man schon mal großkotzig über eine Stadt wie „Gelsenkörki“ ablästern! Das ist in Ordnung und – wenn auch pauschal – im Kern ja nicht falsch!

Nur:  Das alles, was hier schief läuft oder hängt,  wissen wir schon lange! Warum?  Weil wir hier leben. Und weil wir, in regelmäßigen Abständen, das, was wir wissen und täglich erleben, auch noch in Gestalt von Untersuchungen, Erhebungen, Statistiken und Meinungsumfragen um die Ohren gehauen bekommen! Wir wissen, dass wir unter den gegebenen Umständen einen Kampf führen, den wir nicht gewinnen können: Einen Kampf gegen Vermüllung und Vergammelung ganzer Stadtviertel, gegen schlechtes Benehmen und Regellosigkeit, gegen die Probleme, die ein überbordender Zuzug von Menschen in die Stadt mit sich bringen, die in die Sozialsysteme einwandern, aber nicht unsere Lebensart akzeptieren wollen, gegen Schlaglöcher und marode Häuser, gegen Armut, für die wir nicht verantwortlich sind.

Dagegen ist die Kritik einiger Tagestouristen (woher sie auch kommen mögen) lächerlich und banal!

Was wir aber vermehrt kritisieren müssen und können, ist der immer wieder festzustellende Versuch einiger Verantwortungsträger aus dem Bereich der Politik und Verwaltung, all diese Probleme zu verschweigen, zu verharmlosen, nicht zur Kenntnis zu nehmen und dann auch noch gerne die in die Ecke stellen, die die Probleme offen ansprechen.

Und wir müssen Kritik üben an denjenigen, die meinen, Gelsenkirchen müsse sich vergleichen mit Düsseldorf, Köln oder Münster, die in Werbefilmchen ein Bild der Stadt pinseln, das in etwa so realistisch ist wie die Annahme, dass der FC Schalke 04 spätestens in zwei Jahren deutscher Fußballmeister ist.

Selbstbewusstseins und Realismus – da haut uns diese Kritik von Tagestouristen doch nicht um. Deshalb:

Cool bleiben- Aufstehen-Krönchen richten-Weitermachen!

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Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ro.Bien.

Donnerwetter. Cool finde ich den Vergleich mit “Blade Runner”-Wetter. Benutze ich seit Jahren. Dafür kann Gelsenkirchen aber nix – das ist Klimawandel – und den ÖPNV ist Wissing schuld und die Logistik die UEFA.
Nur das Lager Trabrennbahn hat GE zu verantworten.

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markenware

 Nach meiner Erinnerung hat die Trabrennbahn 2006 ganz gut funktioniert.

Die Wiese war knackevoll mit volltrunkenen, fast nackten Prolls unter glühender Sonne, die ein „shithole“ hinterlassen haben. Aber die waren unter sich und unter Kontrolle und zogen in einem riesigen Pulk mit Polizeibegleitung langsam zu Fuß über die Feldmarkstraße gen Bahnhof. Diese Verzögerung allein dürfte dem Fernverkehr entgegen gekommen sein.
Allerdings, das Spiel fand früher statt, und das Wetter war super.

Mir ist trotzdem schleierhaft, warum mit diesen speziellen Erfahrungswerten von damals und dem ständigen Verkehr während der Fußball-Saison ganz allgemein der Transport so katastrophal versagen konnte.

BTW: Die Mobilfunknetze schienen auch überlastet zu sein; hat jemand was mitgekriegt?

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Ro.Bien.

 tja. Ohne Sonne ist eben allet nix. Von super sprechen vielleicht Engländer – dat stimmt. Frostbeulen wie ich sind dauergefrustet und frieren bei dem Dreck-Sommer. Ganz ohne Gelsen.

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Ro.Bien.

Aber, dass Gelsen jetzt international sein #401-Image weltweit verbreitet ist doch super! Auch wenns anschließend bis auf ein Gefühl niemand mehr erinnert! Aber: Das Internet vergisst nix – und das Schlechteste behält mehr Aufmerksamkeit als das Beste! Schreibt Bücher, macht euren Doktor drüber, Jugend!

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Dagw.Lau.

„Probleme, die ein überbordender Zuzug von Menschen in die Stadt mit sich bringen, die in die Sozialsysteme einwandern, aber nicht unsere Lebensart akzeptieren wollen“: Das ist der Kern des Gelsenkirchener Problems, der durch falsche kommunale Entscheidungen/Politik letztlich zu dem potenziert wird, was uns aktuell hinterher laufen lässtâ€comment image

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Ali-Emilia Podstawa

Nanana…
Das ist viel zu unterkomplex. Das muss dir nochmals genauer erklärt werden. Melde dich bitte unverzüglich bei Genossin Saskia Esken beim Grundkurs “Staat, Partei und Demokratie für einfach gestrickte Bürger*innen” an.

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Last edited 3 Monate zuvor by Ali-Emilia Podstawa
Dagw.Lau.

Ich kann gar nicht Strickencomment image
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Werden mir die Bürgerrechte entzogencomment image

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Ali-Emilia Podstawa

Seufz. Grundschule, zweites Schuljahr: Textiles Gestalten. Wegen Regelschmerzen immer gefehlt?

Kannst du wenigstens kneten? Dann nimm den Kurs “Staat, Partei und Demokratie für die Masse”.

Als Parteisoldat*in weiß/bunt frau/man gar nicht, wo man anfangen soll mit die Bildung bei all den Defiziten unter den alternden Eingeborenen und EIngeboreneninnen.

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Last edited 3 Monate zuvor by Ali-Emilia Podstawa
Ali-Emilia Podstawa

Die folgenden Worte aus der Feder des WAZ-Redaktionsleiters möchte ich noch nahtlos hinzufügen:

“Welche Rolle es darüber hinaus gespielt haben mag, dass die Fan-Zone auf dem zentralen Heinrich-König-Platz erst am 21. Juni eröffnet wird, sei mal dahingestellt. Die mehr als 1000 (größtenteils) englischen Fans jedenfalls waren ziemlich irritiert darüber.”

Vielleicht haben planlos Planende den Urlaubsplan der ausführenden Planerstellungskommision für die Planfeststellung der “Fan-Zone” mit dem EM-Spielplan verwechselt. Vielleicht hätte zur früheren Eröffnung aber auch ein weiterer verkaufsoffener Sonntag irgendwo in der Verwaltungshölle beantragt werden müssen und das Formular war nicht auffindbar. Oder die Stadtverwaltung hatte Schiss, dass der zentrale Platz der Altstadt schon wieder, diesmal ganz kreativ, umgebaut werden könnte.
https://magazin-herrkules.de/2021/07/03/traum-haft-nacht/

Wer weiß das schon?

Undenkbar ist nichts mehr und passieren kann neuerdings alles, was vor nicht allzu langer Zeit undenkbar erschien. Bis dahin einfach weiter drehen im Teufelskreis, aus dem uns die zunehmend dysfunktionalen öffentlichen Systeme in absehbarer Zeit wohl nicht mehr entlassen werden.

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Ali-Emilia Podstawa

Im Ruhrgebiet fährt man Auto, weil man sonst nicht da ankommt, wo man eigentlich hin wollte. Wieso wussten die Engländer das nicht?

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Clem.Gedön.

hast recht Bernd, ein Freund von mir gibt dazu noch zu bedenken:
“Die UEFA macht (wenn es wie beim CL Finale läuft) direkt alles dicht. Keiner hat Lust im/am Stadion zu verweilen wenn Du keine GEtränke/Essen bekommst. Dann wollen halt 52K Leute schnell weg.”

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emememememe
Mi.Lid.

Dass eine Fan-Zone auf dem HKP nicht für 20.000 Menschen geeignet ist, könnte natürlich der Grund sein. Direkt unverständlich ist das nicht angesichts der Erfahrungen aus der WM 2006.

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Mi.Rob.

Naja. Genießen wir diese Zeit lieber.
Der grosse Fussball ist wohl zum letzten Mal in der Stadt, zumal das nun 23 Jahre alte Stadion auch nicht jünger wird.
Den Campingwilligen zwischen 75 und 200 Euro abzunehnen, ist verständlich. Denn erstens sollen alle Behörden etwas zur Inflation und der gleichzeitigen Abwertung der Rentenansprüche beitragen.
Und Zweitens sieht man diese Gäste so oder so nie wieder.
Strassenräuber indes werden auch nicht glücklich, denn die Taschen der Tagestouristen dürften bereits ziemlich leer sein.
Ist halt beim Abziehen immer die Frage, wer zuerst Beute macht.

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Heinz Niski

Da prallen nun 2 Welten aufeinander. Die Oberbürgermeisterin lässt sich nicht durch die Berichterstattung “Einzelner” irritieren und findet, dass es alles eine tolle Sause war.
Mit “Einzelnen” sind wohl die WAZ gemeint, der Guardian, Sky, Vlogger, der WDR usw.
Frau Welges Beitrag wird kräftig auf Facebook geliked von Lokalpolitikern aus der SPD.
Hmmm…..
https://www.facebook.com/share/p/giJKRpWBXTxM5KJL/

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berichterstattung
Ro.Bien.

und Küppi: Mit sseinen zwei ersten Anworten in der TAZ, obwohl in seiner Heimatstadt die Schleusen genauso offen sind:
https://taz.de/Darmdurchschuss-fuer-alle/!6017347/

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Heinz Niski
Ro.Bien.

Da ist die Taz zu blöd nen ganzenn Satz abzuschreiben…

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Ro.Bien.

Unverschämtheit! Frau von und zu W. ist wohl was Besseres – die meisten Bilder sind aus Bür!

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Ro.Bien.

Wer zahlt denn dem “Hirt” jetzt die zerdepperte Außengastronomie – der serbische Präsisdent?

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Ali-Emilia Podstawa

Gerade sickert durch: Die Arminstraße wird albanisches Territorium, die Weberstraße geht als Entschädigung an Serbien, die Anker-Apotheke an der Straßenecke wird englische Besatzungszone. Das wird in die Geschichtsbücher eingehen als Gelsenkirchener Friede.

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Ali-Emilia Podstawa

In der Präambel des Gelsenkirchener Friedens taucht das Wort Kismet gleich viermal auf. Das wird alle überzeugen. Vor allem, wenn der Juwelier seinen Lagerbestand als friedenstiftenden Anteil zur Verfügung stellt. Es ist an alle gedacht worden.

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Ali-Emilia Podstawa

Der Verbandskasten im Posthörnchen war viel zu schnell leer. Das soll nie wieder passieren.

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Heinz Niski

Was sicher war, ist und bleibt: die Sonne geht im Osten auf, Amen sagt man in der Kirche und der Gelsenkörki dreht durch, wird zum Lokalchauvinisten, wenn Außenstehende auf einen Mangel, ein Defizit hinweisen.
Da werden alle Register gezogen, alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den “Nestbeschmutzer” in die Schranken zu weisen, ihm beruflich und / oder sozial zu vernichten. Das war bei Topsy Küppers / Georg Kreisler so, https://isgblog.hypotheses.org/date/2021/11 , man schämte sich für den “Gelsenkirchener Barock”, hasste Kritiker der 70er Jahre Abriss-Stadtsanierung als “Ungelsenkirchenerisch” und und und.
Dieses Virus befällt auch Leute, die sonst sehr analytisch sind, klar denken.
Man will nicht wirklich die Stadt aus ihrem Loch holen. Man hat sich eingerichtet und wir alle wissen: woanders ist ja auch Scheiße.

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Ro.Bien.

na bitte. Geht dochcomment image. Wasn Taxi-Teller ist, wusste ich bis heute auch noch nicht. Und jetzt wollen sie alle hier wohnen, die Engländer.
https://www.youtube.com/watch?v=lm8r3Fga2F4

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Norbert Melcher

Den interessierten Gelsenkirchen Fans empfehle ich den lesenswerten Artikel von Sebastian Biehl auf achgut.com: „Gerechtigkeit für Gelsenkirchen“!

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