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Ist das nicht recht eigentümlich: Auf der einen Seite die von Repräsentanten des Staates beschworene Solidarität mit Israel, vor Pathos triefend, den Schmerz der Anteilnahme in großen Lettern versprachlichend, die schon fast ein Ritual gewordene Formel von der Staatsräson, deren wichtiger Bestandteil das Existenzrecht Israels sein soll. Und auf der anderen Seite das große Schweigen der ansonsten doch fast unangenehm sprechwilligen Intelligenz, der Künstler aller Genres, der Autoren, der woken Parteigänger aller Menschen, die von irgendwem falsch angeschaut oder angehustet worden sind und dadurch in ihrer Befindlichkeit, in der Seele gar verletzt wurden und deshalb Fürsprecher an der medialen Front brauchen, die ihnen gerne beipflichten und ihre Stimme für sie öffentlich erheben!

Tief eingebrannt in unser aller Gedächtnis wird dieser 7. Oktober sein – auf ewig.“

So beginnt Bundespräsident Steinmeier am 22.10.23 in Berlin seine Rede auf der „Kundgebung für Solidarität und Mitgefühl mit Israel“. Das ist so eine typisch vollmundige Phrase von Steinmeier – ein Ewigkeitsversprechen, darunter macht es der Bundesuhu nicht.

Wo doch der 7.10. nur so besetzt ist mit wichtigen (auch internationalen) Feiertagen, so etwa dem (mittlerweile abgeschafften) Nationalfeiertag der ehemaligen DDR (GRÜNDUNG 1949), dem internationalen Welttag für menschenwürdige Arbeit, dem Weltbaumwolltag und Welttag des Wohn-und Siedlungswesens. Aber dieses „ewig“ ist ja eine Zeitadverbiale biblischen Ausmaßes, ist göttlicher Natur (Gott, der schon vor der Schöpfung und dem Beginn der Zeit da war). Und dann die Formulierung „in unser aller Gedächtnis“. Wie die Zeitleiste (ewig) so ist auch das Konstrukt eines kollektiven Gedächtnisses, das auf diesen Tag auf „ewig“ die Erinnerung wachhält, ein Versprechen, das schon an dem Tag, an dem Steinmeier den Satz sagt, keine Gültigkeit hat und haben kann, weil es dieses kollektive Gedächtnis im Sinne ewiger Anteilnahme nicht gibt, denn der Terror gegen Juden und den Staat Israel hat bereits seinen Widerhall auf deutschen Straßen gefunden. Und nicht erst seit dem 7.Oktober 2023. Schon vor zwei Jahren (am 12. Mai 2021) zogen Judenhasser durch die Straßen Gelsenkirchens und riefen unbehelligt von der Polizei „Hamas, Hamas – Juden ins Gas:“ Und wie in diesen Tagen sah man auch damals Flaggen des Libanon, der Türkei, Flaggen von arabischen Staaten. Und die Fahnenträger und Schreihälse waren keine Rechten, keine Nazis und auch nicht einfach nur „junge Männer“, sondern Migranten, viele von ihnen hier aufgewachsen und zur Schule gegangen, Mitbürger eben! Es mag sein, dass viele sich auch noch in paar Jahren an diesen 7.Oktober erinnern werden – aber mit welchen Erinnerungen und welchen Gedanken? Mit Jubelgedanken über den erfolgreichen Angriff auf jüdische Zivilisten, Jubel über Mord, Verschleppung, Verstümmelung, Vergewaltigung jüdischer Menschen. Die Phrase Steinmeiers hält der Realität nicht stand!

Wie auch weitere Sätze in seiner Rede!

Die Geschehnisse in Israel, die Nachrichten und Bilder, die uns erreichen, schmerzen auch uns hier in Deutschland zutiefst.“ Dem „ewigen“ Erinnern entspricht hier der Schmerz, der die Deutschen „zutiefst“ ergreift. Abermals konstruiert Steinmeier ein WIR („schmerzt uns“), das es nicht gibt. Diese Gesellschaft ist hinsichtlich der Solidarität mit Israel gespalten – in doppelter Weise! Nicht nur dadurch, dass wir vieltausendfach Israel- und Judenhasser ins Land gelassen haben, die ihren Anti-Semitismus nicht an der Staatsgrenze abgestreift haben, sondern, das haben die Demonstrationen der letzten Tage gezeigt, auch hier kultivieren und an die nachwachsenden Generationen weitergeben. Und diese Strömung verbindet sich mit einem Teil der linken, grünen, woken und kulturellen Schickeria, deren Repräsentanten (gleich welcher Geschlechtszuordnung) – von Ausnahmen abgesehen – zu den Verbrechen der Hamas schweigen, wie etwa auch die Kulturszene in Gelsenkirchen, oder sie sogar rechtfertigen als Element des „anti-kolonialistischen Kampfes“, als Element des Kampfes gegen die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel, den Besatzer- und Apartheitsstaat.

Doch nicht genug der schönen Versprechen (ewiges Gedächtnis, tiefster Schmerz) – wenn Steinmeier etwas großmannssüchtig und lächerlich zugleich posaunt: „Wir sagen unseren Freunden in Israel und allen Jüdinnen und Juden: Ihr seid nicht allein! Wir stehen in diesen furchtbaren Stunden an Eurer Seite. Euer Schmerz ist unser Schmerz.“

Die „Vereinnahmung“ des Schmerzes der Juden, die Behauptung, die Deutschen machten den Schmerz der Juden zu dem ihrigen, ist, gelinde gesagt, eine Anmaßung sondergleichen. Die Deutschen, als Täter von einst, jetzt so geläutert, dass sie sich gleichsam den Schmerz der Juden von heute „anverwandeln“? Oder muss man schon sagen: ihn einverleiben, ihn okkupieren, anstatt ihn zu respektieren – in stiller Demut und Anteilnahme! Und durch praktisches Handeln – in Politik und Alltag!

Diese Sätze sind Steinmeier-Phrasen, die vor Schmalz nur so triefen – in völliger Verkennung der Realität! Gleich die Juden auf der ganzen Welt will Deutschland schützen und retten? Wie steht denn Deutschland Israel in diesen Stunden zur Seite? Erwägt die Regierung Waffenlieferungen an Israel? Hat sie eine diplomatische Offensive gestartet, die dafür sorgen soll, dass der Hamas zumindest ein großer Teil des Geldes gesperrt wird, das aus Deutschland und Europa über Umwege („soziale Hilfsprojekte“) in die Hände der Terroristen gelangt? Und warum hat man jahrelang weggesehen, wenn Anhänger des Islam anti-semitische Hetze verbreiten – egal ob bei Kundgebungen und Demonstrationen oder beim Freitagsgebet! Wegschauen, kleinreden, verharmlosen und Kritiker des Islam desavouieren – das war die Strategie der politischen Elite! Aber deutliche Kritik an dem Antisemitismus, der auf dem Boden des Islam wächst? Selbst in seiner Rede nennt Steinmeier das Kind nicht beim Namen, wenn er sagt: „Wir dürfen keinen Antisemitismus dulden – keinen rechten, keinen linken, keinen alten und keinen neuen.“ Dass die Mörderbanden der Hamas im Namen Allahs morden – kein Wort dazu! Dass bei Demonstrationen gegen Israel, auch in den letzten Tagen in Deutschland, der Ruf erschallt „Allah ist groß!“, scheint Steinmeier nicht gehört zu haben! Zumindest will er es nicht aussprechen!

Etwas weniger Pathos wäre sinnvoll, dafür etwas mehr Realitätsbezug! Etwas weniger von dem Schwall emotional aufgeladener Versprechen, die nicht einzuhalten sind oder die bundesdeutsche Wirklichkeit verkennen, wäre hilfreich! Und dafür klare Kante auch in Richtung von antisemitischen Mitbürgern, die dem Islam anhängen!

Und überhaupt weniger von diesen grässlichen Reden in dem immer gleichen Betroffenen-Ton, vorgetragen, dass einen der Schlaf überkommen kann, wenn man nicht aufpasst!

Aber das ist von „unserem“ Bundes-Uhu vielleicht schon zu viel verlangt!

 

https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2023/10/231022-Kundgebung-Dt-Israelische-Gesellschaft.html;jsessionid=4A75812686514857DEB591BCF0E5CCD7.internet961

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Chri.Hac.

Auf den Punkt!

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Ro.Bien.

ich kann dieses verlogene Geschwätz nicht mehr ertragen und schalte sofort ab. Von Steinmeier habe ich noch nie was gehalten. Und von diversen Anderen auch nicht.

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