5
(4)

Das Panama-Syndrom

„Oh, wie schön ist Panama“ ist eine der beliebtesten illustrierten Kindergeschichten von JANOSCH. Es geht um Freundschaft, um Heimat und Fremde, um das Weggehen und das Ankommen, um das Reisen und das Bleiben und um das Suchen nach Glück. Die beiden Freunde Kleiner Bär und Kleiner Tiger machen sich eines Tages auf den Weg nach „Panama“. Sie verlassen ihr Häuschen am Fluss, denn der Duft einer Bananenkiste mit der Aufschrift „Panama“ scheint dem Kleinen Bären ein Hinweis auf das Land der Träume und der Verheißung zu sein. Bär und Tiger ziehen, mit wenig Habseligkeiten ausgestattet, los, um ins vermeintliche Paradies „Panama“ zu kommen, gelangen bald hierhin, bald dorthin, werden von den Tieren, denen sie begegnen, in alle möglichen Richtungen geschickt, bis sie schließlich wieder an ihrem Häuschen angekommen sind. Das ist mittlerweile durch Regen und Sturm arg beschädigt. Aber vor dem Haus finden sie den Wegweiser, den sie vor dem Beginn ihrer Reise aus der Bananenkiste angefertigt haben, und auf dem Wegweiser steht: PANAMA. So glauben sie, am Ziel ihrer Reise angekommen zu sein, reparieren ihr Häuschen und leben glücklich und zufrieden in ihrem „Panama“.

Es steht zu vermuten, dass die gegenwärtig Regierenden diese Kindergeschichte von Janosch zum Leitfaden ihres Selbstverständnisses und ihrer Politik genommen haben. Schaut man nämlich genauer hin, dann geht es der gegenwärtigen Regierung wie Bär und Tiger. Sie hat ein großes Ziel vor Augen, nämlich die Transformation der deutschen Gesellschaft, die moralische Rettung der Welt und die Rettung des Klimas. Auf dem Weg dorthin sollen viele Einzelziele erreicht werden, so etwa der Neubau von 400 000 Wohnungen im Jahr, der Zuwachs an Elektromobilität, die Reduktion des CO2-Ausstoßes, die Klimawende und dergleichen mehr. Allerding: Es gibt – in der Realität – kaum ein Ziel, das nicht verfehlt worden ist.

Von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr sind wir äußerst weit entfernt. Nach Berechnungen des Info-Instituts werden 2023 voraussichtlich 245000 Wohnungen fertiggestellt, 2024 noch 210000 Wohnungen und 2025 nur 175000 Einheiten. Ein Scheitern auf ganzer Linie also! Ähnlich deprimierend und am Ziel vorbei: die Lage der E-Autos. Die Elektroautos machen immer noch einen geringen Anteil am Fahrzeugbestand aus, wogegen Diesel- und Benzinfahrzeuge weiterhin stark nachgefragt werden. Gemessen am Gesamtbestand von über 48 Millionen PKW haben E-Autos einen Anteil von 1,3 Prozent, bei den Neuwagen/Neuzulassungen ist der Anteil höher, ging aber zuletzt zurück. Der Anteil an Neu-Zulassungen von E-Autos (incl. Hybrid) fiel im Januar 23 sogar zurück auf 15% (im Dezember 22 waren es noch 21 Prozent). Die Zielmarke (15 Millionen Stromer bis 2030) wird nicht erreicht werden. Die Nachfrage wurde bisher nur durch eine starke Subventionierung angetrieben.

Die Energiewende: Mit Verabschiedung des „Heizungsgesetzes“, das zur Klimaverbesserung beitragen soll, indem Wärmepumpen favorisiert werden, hat es einen Boom beim Einbau von Gasheizungen und von Ölheizungen gegeben.

Ohne Einfuhren von Gas (LNG aus den USA), von Kohle (Polen) oder Atomstrom (Frankreich) ist stabiles Wirtschaften in Deutschland nicht mehr möglich. Solange das Problem der Speicherung nicht gelöst ist (im industriellen Maßstab betrachtet), werden die sog. Alternativen Energien (Sonne, Wind) unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit weiterhin Zukäufe nötig machen, um genügend Strom bereitzustellen und die Schwankungen im Netz auszugleichen! Der Glaube, andere Länder würden Deutschland auf diesem Energiepfad folgen, ist ein Irrglaube und schönfärberischer Selbstbetrug!

Die politische Zerrissenheit des Landes schreitet voran, seitdem die Ampel-Fraktionen regieren. Die AfD erlebt einen rasanten Aufschwung, große Teile der Bevölkerung wenden sich vom parlamentarischen System und seinen Parteien ab. Die wiederum nichts anders zu sagen haben als die ewige Beschimpfung abweichender Meinungen als „Nazitum“.

Die Liste könnte verlängert werden, etwa um das Scheitern in der Migrationspolitik oder der Außenpolitik, im Bereich der Bildungspolitik (soweit der Bund verantwortlich ist), des Anwerbens von Fachkräften, um den Pflegenotstand.

Aber die Regierenden leiden am Panama-Syndrom: Die Regierung steht, um im Bild zu bleiben, wie Tiger und Bär vor einem verfallenen und verfallenden Haus, das mit großen Mühen erhalten werden soll, dessen Wände aber schon porös sind und dessen Scheiben Risse zeigen oder fehlen. Dieser Realität stellt sich die Regierung nicht – und dies angesichts etlicher Zeichen einer sich zur Krise ausweitenden wirtschaftlichen Entwicklung, die dadurch gekennzeichnet sein könnte, dass Industrien abwandern (hoher Energiebedarf, hohe Strompreise), weil sie in anderen Ländern Wettbewerbsvorteile zu finden hoffen.

Der trüben Realität stellen die Regierenden ihre eigene, mit der Situation fremdelnde Sicht gegenüber. Sie haben, symbolisch gesehen, das Schild mit der Aufschrift „Panama“ in der Hand und glauben sogar, dass sie, wie Bär und Tiger, die sich in Panama wähnen, einen großen Schritt hin auf das angestrebte Paket an Zielen gemacht zu haben. Die Regierenden richten sich in der farbenfroh lackierten Sicht auf sich selbst und ihr Tun ein. Und was das Schild in Janoschs Geschichte leistet, nämlich Tiger und Bär glauben zu lassen, sie seien am ersehnten Ort angekommen, leisten bei uns willfährige Hofschreiber in den Printmedien und den „öffentlich-rechtlichen“ Anstalten, die sich nur in der Anzahl der Bücklinge unterscheiden, die sie vor den Regierenden machen.

Was uns in der Geschichte von Janosch liebenswert und positiv erscheint, eine Selbsttäuschung, die zum Glücklichsein führt, führt im wirklichen Leben aber in die Katastrophe. Die Zeit der Kinderbuchlektüre und der Einschätzung der Wirklichkeit im Stile von Tiger und Bär sollte beendet werden. Tiger und Bär sind herzensgut und von liebenswerter Naivität und beglückender Realitätsferne und Verträumtheit. Das führt die beiden Freunde weiter auf ihrem Pfad zum Glück – in der Wirklichkeit des Jahres 2023 und seiner Folgejahre führen diese Eigenschaften und Verhaltensweisen jedoch in die ökonomische und gesellschaftliche Katastrophe! Ein Mangel an Sachverstand, ideologische Verblendung, Hypermoral, Selbstüberhöhung und Selbstüberschätzung sind keine tragfähige Basis für erfolgreiches Regierungshandeln.  Nichts macht das deutlicher als das rasante Tempo des Ansehensverlustes, den die jetzige Regierung erleidet.

Alles das aber, was wir an den Figuren in Janoschs Geschichte positiv finden, kann in der Realität nur zu Kopfschütteln führen. Bestenfalls!

Wahrscheinlich aber eher zur Verachtung!

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 4

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
3 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Fra.Prez.

Eine ebenso schöne, wie zutreffende Metapher

0
0
Ro.Bien.

Erinnert mich irgendwie an die alteingesessenen Gelsenkirchener mit ihrer Familienbande, die trotz sinkenden Schiffes gut gepolstert in der letzten Ecke Platz genommen haben und meinen, hier sei es doch wirklich ganz heimelig. Die oben an Deck haben halt Pech gehabt.

3
0
Wo.Hein.

Starker Beitrag! Treffend, analytisch und gleichzeitig motivierend. Danke!

0
0