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MEPHISTO

Ich bin keiner von den Großen;
Doch willst du, mit mir vereint,
Deine Schritte durchs Leben nehmen,
So will ich mich gern bequemen,
Dein zu sein, auf der Stelle.
Ich bin dein Geselle,
Und mach ich dir’s recht,
Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!

FAUST

Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
Dann mag die Totenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen.

Goethe, Faust I, Studierzimmer (stark gekürzt)

Der Pakt zwischen Mephisto und Faust (im Verlauf des Dialogs dann von Faust als „Wette“ bezeichnet) bindet Faust an Mephisto. Der des Lebens und des Studiums überdrüssige Gelehrte geht einen Vertrag ein, bei dem er letztlich nur Verlierer sein kann.

Im irdischen Leben – und erst recht in der Berliner Blase – geht es profaner zu als in Goethes Welttheater. Es geht um politische Mehrheiten, um Macht, um Wahlkampfvorteile, um Taktieren und „über Bande spielen“. Ein solches Spielchen hat auch Piratenkapitän Olaf Scholz nun eröffnet, der offensichtlich bemüht ist, seinen maroden Kahn mit dem Namen „Kabinett“ wieder flott zu machen, was bei all den Gespenstern und Untoten, die seine Schiffsmannschaft bilden, nicht ganz einfach ist.

Deswegen hat er dem CDU-Chef Friedrich Merz einen „Deutschlandpakt“ angeboten, ohne wirklich deutlich zu machen, was er denn genau darunter versteht und wer mit wem den Pakt abschließt. Der Begriff bleibt im Ungefähren und steht damit in der Reihe Scholzscher Wortkonstruktionen, hinter denen Inhalte schnell verblassen, die sich aber als Begrifflichkeit festsetzen und Gedankenschwere vortäuschen. Zeitenwende – Doppel-Wumms- Deutschlandtempo. Und jetzt eben Deutschlandpakt!

Natürlich ist es eine politische Leimrute, die Scholz da auslegt. Der Kanzler, dessen Schaluppe bei 16% dümpelt und dessen Mannschaft sich im Dauerstreit befindet, kann zwar im Bundestag eine Mehrheit hinter sich scharen, sieht sich aber im Bundesrat Mehrheitsverhältnissen ausgesetzt, bei denen die Regierung bei etlichen Vorhaben an der CDU und den Länderregierungen, an denen sie beteiligt ist, nicht vorbeikommt. Und selbst   SPD-geführte Länder stehen nicht stramm, wenn Kapitän Olaf mit der Augenklappe winkt! Vielmehr ist es so, dass die Länder zunächst ihre eigenen Interessen im Blick haben, weswegen sich SPD- und CDU-geführte Landesregierungen häufig gemeinsam gegen die Bundesregierung wenden oder ihr gegenüber mit Forderungen auftreten. Deswegen spielt Scholz mit einer virtuellen großen Koalition, an der die CDU beteiligt ist. Lässt die CDU sich darauf ein, kann sie im Bundesrat nicht auf die Blockade-Bremse treten. Lässt sie sich nicht darauf ein und die Regierung scheitert bei einigen Vorhaben im Bundesrat, steht schon jetzt fest, wer das „Deutschlandtempo“ blockiert hat: die CDU.

Die Vagheit des Begriffs, der bewusst nicht mit konkreten Inhalten gefüllt ist, erweist sich in doppelter Hinsicht als Vorteil:  So unkonkret der Begriff auch immer ist, so malt er doch noch mehr an die Wand als ein Angebot an die CDU. Indem Scholz mit einer virtuellen Großen Koalition einschließlich der CDU spielt, richtet er sich auch an die Koalitionäre  von FDP und Grünen, um sie zu disziplinieren: Seht her: Es ginge auch anders, also ohne euch beide, wenn denn die CDU ins Boot steigt.

Aber der Hauptstoß richtet sich zunächst einmal gegen die CDU. Wenn sie sich auf den Pakt mit dem Kanzler einlässt, ist es ein Teufelspakt. Denn die Hand, die Olaf Scholz der CDU vermeintlich reicht, ist ein Enterhaken!

Das ist, um auf den Anfang zurückzukommen, bei Goethe etwas anders gelagert. Zwar gibt Gott im „Prolog im Himmel“ Mephisto  „freie Hand“ für sein Spiel mit Faust, macht aber zugleich deutlich, dass Faust am Ende gerettet werden wird, wenn er sagt:

Und führ ihn, kannst du ihn erfassen,

Auf deinem Wege mit herab,

und steh beschämt, wenn du bekennen mußt:

 ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange,

  ist sich des rechten Weges wohl bewußt.“

Ob sich die CDU und Friedrich Merz in ihrem „dunklen Drange“des rechten Weges bewusst sind ?

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Chr.Hac.

Egal was passiert. Für die SPD sind nachher die anderen schuld.

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Pet.Teut.

Die freie Rede gehört nicht zu den Tugenden dieses Küchenkabinett-Vorsitzenden. Er bedient sich stattdessen einer durchkalkulierten „gelenkten Sprache“ (Günter Eich) mit dem Anspruch damit zu lenken und zu führen…
Da waren mir selbst die Cleverles Kohl und Schröder lieber.

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