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Was bis jetzt biologisch bei Menschen als unmöglich erschien, nämlich halb-schwanger zu sein, ist der FDP zumindest politisch gelungen: Eine energiepolitische Halb-Schwangerschaft!
Gelungen ist dieses Wunderwerk der FDP auf ihrem 47. Ordentlichen Bundesparteitag (21.4.-23.4.23) in Berlin. Sie hat dort – nahezu einstimmig – einen Beschluss gegen das unter dem Decknamen „Gebäudeenergiegesetz“ firmierende Habeck-Horror-Heizungspaket (ab jetzt HHH) zur Enteignung von Wohneigentümern gestimmt, dem wenige Stunden vorher die FDP-Mitglieder im Kabinett noch zuggestimmt hatten, um dann allerdings unmittelbar nach der Zustimmung zu Protokoll zu geben, dass es noch Diskussionsbedarf zu dem Gesetz gäbe und das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.
Auf dem Parteitag wurde nun ein Beschluss gefasst, der genau diese Ankündigung im Parlament umsetzen soll. Am interessantesten ist dabei im Grunde nicht der kleine Forderungskatalog, sondern die Einleitung des Antrags. Dort ist zu lesen:
Der ursprüngliche Entwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steht exemplarisch für die falsche Klima- und Energiepolitik der Grünen: Dogmatische Vorfestlegungen auf einzelne Technologien, planwirtschaftliche Regelungswut bis ins Detail und ignorante Überforderung der Betroffenen. Eine solche Politik erzeugt unnötig hohe volkswirtschaftliche Kosten der CO2-Vermeidung und fehlende Akzeptanz bei den Menschen. So wird aus Deutschland kein Vorbild beim Klimaschutz, sondern ein abschreckendes Beispiel.“ ***
Diese Einleitung benennt treffgenau den Wesenskern gegenwärtiger grüner Energie- und Wirtschaftspolitik. Diese ist ideologisch geleitet, nicht von der Sache und den technischen Gegebenheiten und den Anforderungen der Klimaschutzes her entwickelt und verfolgt – nahezu als Reminiszenz an die Politik der SED – eine Ausrichtung an Plan-Kennziffern, ohne deren Erreichung und vor allem Erreichbarkeit auf der Grundlage konkreter Einschätzungen der Wirklichkeit zu überprüfen. Besonders die GRÜNEN werfen immer wieder mit neuen Kennzahlen um sich, ohne deren Erreichbarkeit überhaupt zu überprüfen. Etwa im HHH, wo davon die Rede ist, dass neue Heizungen mindestens für 65 % auf klimafreundliche „Brennstoffe“ ausgelegt sein müssen. Von wem und wie die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um das zu ermöglichen, bleibt in den Habeckschen Planspielen außen vor. Weswegen es im FDP-Antrag richtig heißt: „Bevor der Staat den Bürgerinnen und Bürgern detaillierte Vorgaben für ihre Heizungskeller macht, muss er Erfolgsbedingungen einer klimafreundlichen technischen Infrastruktur schaffen.“ ***
In (s)einem wohltuend unaufgeregten Kommentar formuliert Jörg Quoos, der Chef der WAZ-Zentralredaktion, diesen Sachverhalt heute so: „Das Prozedere läuft immer noch falsch. Verantwortliche Politik klärt erst alle Rahmenbedingungen und entscheidet dann, ein derart ambitioniertes Programm auszurollen. Das wäre nicht nur vernünftig, sondern verhinderte auch, dass den verunsicherten Leuten der gute Wille zum klimafreundlichen Verhalten ausgetrieben würde.“****
Soweit – so gut!
Auf der Grundlage des Antrages hat die FDP auf dem Parteitag die Mitglieder ihrer Bundestagsfraktion „gebeten“ („Die FDP bittet daher die Bundestagsfraktion…“) den Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung nicht zu verabschieden, was in der Konsequenz natürlich ein völliges Scheitern des Gesetzes bedeuten würde, denn ohne die FDP reichen die Stimmen für die Ampel-Parteien nicht. Eine Nicht-Zustimmung wäre aber letztlich der Einstieg in den Ausstieg der FDP aus der gegenwärtigen Ampel-Regierung! Dazu aber ist die FDP (noch) nicht bereit, weil sie, die vergangenen Landtagswahlen haben das gezeigt, sich nicht sicher sein kann, wieder in den Bundestag einzuziehen, wenn es zu Neuwahlen käme.Im Grunde aber ist das Zusammengehen von FDP und GRÜNEN jenseits eines Machtkalküls eigentlich ausgeschlossen, jedenfalls wenn man annehmen will, dass die FDP ihre eigenen Worte ernst nimmt. Etwa folgende Sätze aus dem Leitantrag des Parteitags:
„Wir Freie Demokraten wollen das Geschäftsmodell Deutschland erneuern und unseren Wirtschaftsstandort zukunftsfähig machen: Mit neuen Konzepten auf der einen Seite und der Rückbesinnung auf unser Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft auf der anderen. Statt eines „Weiter so“ müssen wir das Fundament unseres Wohlstands neu legen. Mit mehr neuen Ideen, mehr Tempo, mehr Mut, mehr Freiräumen und mehr Unternehmergeist. Fortschritt muss wieder bei uns stattfinden. Mit Innovation made in Germany wollen wir Vorreiter bei Zukunftstechnologien werden und im globalen Rennen aufholen.“
Bei der kommenden Debatte um das HHH wird sich zeigen, wieviel die Worte wert sind, die auf dem Parteitag der FDP in Beschlüsse gestanzt wurden. Es wird sich zeigen müssen, ob die FDP ein zahnloser Papiertiger ist und halb-schwanger bleibt wie bisher. Oder ob sie zurückfindet auf den Pfad einer Freiheitspartei, die aber unter Freiheit nicht nur die Freiheit des Profit-Heischens versteht, sondern in erster Linie die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, denen zugestanden wird, ihre eigenen Entscheidungen zu fällen – übrigens auch mit dem Recht, falsche Entscheidungen treffen können!
Dazu muss die FDP aber aus dem Zustand der Halb-Schwangerschaft heraus – notfalls auch um den Preis des Austritts aus der Regierungskoalition!

***Quelle: Beschluss: Gebäudeenergiegesetz: Smarter Klimaschutz statt Angriff auf das Eigentum (FDP-Parteitag); Hervorhebungen durch mich, B.M.
**** WAZ, 24.4.2023, S.2

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geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Wer einen (Sozial)Staat als „Geschäftsmodell“ begreift, überlässt dem Markt die Regelung des Gemeinwesens, des Staates.
Wann kommen Forderungen aus der FDP, Judikative, Legislative und Exekutive zu privatisieren? Ist doch längst überfällig und wäre mal ne neue Aufgabe für Strazi, statt immer nur mehr Waffen zu ordern.

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Last edited 1 Jahr zuvor by Heinz Niski
Fra.Prez.

Erlaube mir eine Bemerkung. „Geschäftsmodell“ umschreibt in meinen Augen die Art und Weise, wie eine Gesellschaft (Staat) ihre Volkswirtschaft (Wirtschaftsstandort) im globalen Wettbewerb effizient organisiert, um den Wohlstand zu erwirtschaften, der das Soziale (Soziale Marktwirtschaft) ermöglicht. Wer darüber nölig ist möchte ich um die Skizze eines besseren und gerechteren Modells bitten. Und weil immer jemand nölig ist, besonders dann, wenn es etwas zu verlieren gilt (z.B. Komfortzonen, wie großer Wohlstand, viel freie Zeit, allerlei Verrentungswohltaten, Work-Life Balance, selbstbefeuernde Bürokratie, sinnstiftende Weltenrettung nach Michel Art und weiß der Geier was noch) baut sich von Zeit zu Zeit eine gewisse Schieflage auf, die das „Geschäftsmodell“ stresst. Nach den Schröder Reformen und 20 Jahre prächtiges Wachstum, kippt alles bedrohlich in Richtung Bequemlichkeit.

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Heinz Niski

Na ja.. man kann auch anders fokussieren und glauben, dass Jeff Bezos oder Elon Musk die besseren Staatsoberhäupter wären, weil sie effizient Gewerkschaften und Verwaltungen abschaffen würden, Staatsaufgaben outsourcen würden. Die Privatisierung der Gefängnisse führte in Amerika dazu, dass dort weltweit die meisten Bürger eines Staates im Knast sitzen. Die Amerikaner glauben an ihr Modell des Brutalo-Kapitalismus und lehnen Krankenversicherungen oder ein kostenloses Bildungssystem als sozialistischen Terror gegen die Freiheit ab.
„Geschäftsmodell Deutschland“ heisst nach wie vor auch trotz sozialer Marktwirtschaft, dass Risiken sozialisiert werden (to big to fail) und Gewinne privatisiert. Wenn du Hinweise auf solche Schieflagen als „nölen“ bezeichnest und „Nölern“ den Entwurf einer besseren Gesellschaft abverlangst, beschneidest du dich selber. Keine flammenden Franz Reden gegen Bürokratie und Selbstversorgungsmentalität von Politik und Beamtenapparat, da du vorab keinen besseren Gesellschafts- und Staatsentwurf geliefert hast.
Am effizientesten als Geschäftsmodell wäre übrigens ein Mafia-Staat. Anklage, Richter und Henker in einer Hand. Man erspart sich auch, über eine gerechte Gesellschaft nachzudenken.
Mein Hinweis war schlicht, dass eine Gesellschaft viele Bereiche nicht unter wirtschaftlichen, Profitmaximierungsaspekten sehen kann. Alte, Kranke, Schwache, Hilfsbedürftige würden schnell als „unwirtschaftlich“ gelabelt sein, Infrastrukturmaßnahmen, Gewaltenteilung, letztlich sogar das Modell Demokratie.

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Last edited 1 Jahr zuvor by Heinz Niski
Fra.Prez.

bei einem Anteil von 50% am Bundeshaushalt mit € 1.161 Billionen an Sozialausgaben halte ich Deine Sozialkritik am Geschäftsmodell Deutschland für stark übertrieben. Der Hinweis auf einen Mafia-Staat a´la Putin als Effizienzmodell muss ein Kurzschluss vorausgegangen sein.

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Heinz Niski

Rabulistik langweilt mich gerade.

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Last edited 1 Jahr zuvor by Heinz Niski