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Die hiesige Kaufhof-Filiale gehört in die Gruppe 1 der insgesamt 52 Filialen, die geschlossen werden. Das sind die Filialen, die bereits zur Mitte des Jahres schließen. Die Gruppe-2-Filialen folgen dann in ein paar Monaten. Anhand des „Kaufhofs“ könnte man jetzt darüber diskutieren, ob das Konzept des „Vollsortimenter-Warenhauses“ zukunftsträchtig ist oder nicht. Aber die Debatte will ich nicht führen, jedenfalls hier und heute nicht. Mir sind ein paar persönliche Erinnerungen im Moment lieber:
In früheren Zeiten haben wir häufiger in der „Galeria“ eingekauft: Kleidung für die Kinder und Spielzeug; gelegentlich schon mal Schreibwaren für die Schule, obwohl wir da in anderen Geschäften in GE bereits deutlich besser bedient und auch fündig wurden. Auch in der Haushaltswarenabteilung haben wir einiges erstanden.
Ich gestehe aber, dass ich seit Jahren schon den „Kaufhof“ (ob mit „Galeria“ im Namen oder nicht) nur selten besucht habe. Als es im Obergeschoss noch „Saturn“ gab, war der „Kaufhof“ für mich eine Art Durchlaufstation. Vielleicht sind aber doch ein paar Kunden im „Kaufhof“ selbst hängengeblieben. Als „Saturn“ schloss (2022), war mir klar, dass auch der 1967 eröffnete „Kaufhof“ sich nicht mehr lange halten würde. Die Konfektionsabteilung für Herren wurde immer weiter ausgedünnt, das Angebot war für mich eher uninteressant. Die Palette der Sportartikelabteilung war „überschaubar“. Insgesamt strömte das Geschäft eine Aura des Niedergangs aus.
Und ansonsten? Als besonders freundlich sind mir etliche der dort Tätigen nicht in Erinnerung. Manche strahlten ein gewisses Desinteresse aus. Aber das will ich nicht verallgemeinern. Ein Verlust ist die Schließung der Kaufhof-Filiale sicherlich für die Mitbürger, die nicht (mehr) mobil sind oder nicht „online“ einkaufen wollen oder können. Mal abgesehen davon, dass das Stöbern in einem Geschäft, das Ertasten der Ware, die Möglichkeit, die Qualität eines Produktes zu „erfühlen“ von anderer (sinnlicher) Qualität ist als das Betrachten eines Produktes auf dem Bildschirm.
Ich verbinde mit dem Kaufhof vor allem Erinnerungen an meine Tage als Oberstufenschüler gegen Ende der 60er Jahre. Da war es für eine gewisse Zeit „Mode“, nach dem Unterricht am Samstag (Hallo, ja, das gab es mal, das war sogar die Regel!) die paar Schritte vom „Grillo“ in die Stadt zu machen, ins „schicke“ neue Kaufhof-Café zu gehen, sich dort in die Polster zu lümmeln und eine Cola zu genießen. Was auf Dauer nicht so gut ankam, denn wir waren nicht nur viele Jugendliche und sicher auch manchmal laut, sondern die meisten von uns (das Taschengeld war knapp) hielten sich recht lange an nur einem Getränk fest und blockierten so die Sitze derjenigen Kunden, die nach einem anstrengenden Einkauf Erholung bei Speis und Trank finden wollten. Schließlich, das Wort „Hausverbot“ wurde vermieden, gab uns die Geschäftsleitung deutlich zu verstehen, wir sollten doch bitte einen anderen Ort für unsere vormittäglichen Vergnügungen am Samstag suchen. Wir haben diesen „sanften Rauswurf“ überlebt. Und der „Kaufhof“ unsere (Nicht-)Anwesenheit auch!
Dass der „Kaufhof“ nun schließt, ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Zeiten einer der einstmals attraktivsten Einkaufsmeilen im Revier lange vorbei sind: WEKA, Boeker, Sinn, um nur drei größere Handelshäuser zu nennen, sind ebenso Vergangenheit wie etliche kleinere, teilweise alteingesessene Geschäfte: (Preute, WMF). Diese Zeiten sind wohl nicht mehr rückholbar. Und ob neue Konzepte für die Kaufhof-Immobilie tragfähig sind, wird sich erst noch herausstellen müssen.
Mit der Schließung der Kaufhof-Filiale verlieren rund 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Arbeitsplatz.
Es bleibt nur, ihnen alles Gute für ihre weitere (berufliche) Zukunft zu wünschen!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ali-Emilia Podstawa

Mit der komplett besetzen Familienkutsche zwei Mal im Jahr (im Sommer- und Winter-Schlussverkauf) an einem verkaufsoffenen Samstag direkt morgens nach Öffnung hinunter ins Kaufhof-Parkhaus. Von dort mit Unterstützung eines Aufzugführers per Fahrstuhl hinauf in die große, weite Welt der Fachabteilungen. Kleidung wurde vor allem nebenan bei C&A gekauft. Etwas anderes erlaubte das Budget nicht. Wenn genügend Plastiktüten gefüllt waren, das Mittagessen in der benachbarten Kaufhalle in der Hähnchenbraterei auf der Zwischenetage stehend eingenommen. Ein Familienritual nicht weniger Zeitgenossen. Anschließend alle wieder ab in den Kaufhof-Lift und runter ins Parkhaus. Für 50 Pfennig, durchs heruntergekurbelte Fenster gereicht, gestattete der Parkhauswächter die Ausfahrt über die Rampe nach oben. So sah die Moderne der 1970er aus. – Der Kaufhof hat es nun auch geschafft, verabschiedet sich nach einem halben Jahrhundert aus der Realität und gesellt sich damit zu den Erinnerungen. Da bleibt er dann noch eine Weile.

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Last edited 1 Jahr zuvor by Ali-Emilia Podstawa
Wo.Hein.

So bitter, wie treffend, mit einem Hauch Sentimentalität, lesenswert…

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So.Jo.Tien.

Unter 80 % Kaufkraft in GE seit Jahren. WUNDER gehen anders.

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Fra,Prez.

Kaufhof, Karstadt, Galeria – die tiefen sentimentalen Seufzer in den Kommentaren kann ich nicht teilen. Galeria war zuletzt ein marodes Überbleibsel aus der Konsumwelt der alten Bundesrepublik. Spießig, langweilig, verstaubt, wenn auch allgegenwärtig. Die Bedürnisse der Menschen haben sich verändert, aber der Laden blieb BRD. Von den Trümmern, damit meine ich die architektonische Grausamkeit der sog. Innenstädte, werden wir noch Jahrzehnte etwas haben. Scheußliche Aussichten.

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