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Wenn man über Berlin schreiben will, fängt man am besten mit der „Alten Dame“ Hertha an, dem Klub, der in einer Dauerkrise steckt und im Moment vor Schalke Tabellenvorletzter und damit aktuell vom Abstieg bedroht ist. Während Union Berlin („Die Eisernen“) sich kontinuierlich nach oben gearbeitet hat und im Moment „Bayern-Jäger“ ist, ist von dem einstigen Hertha BSC-Anspruch, der Big-City-Klub zu sein, nichts übrig geblieben als die Erinnerung daran, dass der Verein zwar viel Geld verbrannt (Investor Lars Windhorst hat alleine mehr als 3 Millionen Euro locker gemacht), aber keine Erfolge vorzuweisen hat, sondern von Enttäuschung zu Enttäuschung taumelt und bestenfalls ein Appetithäppchen für die Boulevard-Presse ist. Der Rest ist Schaudern!
Der Klub steht symptomatisch für die gesamte BIG CITY, die am Sonntag zur Wahlwiederholung schreiten muss. Nach rund eineinhalb Jahren (September 21) die Wiederholung der Wahl. Schon wieder wählen also? Nein, eigentlich muss es heißen: Erst nach eineinhalb Jahren wieder wählen. Denn es bedurfte eines Gerichtsbeschlusses, der das Parlament dazu gezwungen hat, die Wahl erneut anzusetzen, weil die Mängel im September 21 so groß und vielfältig waren, dass das Ergebnis gerichtlich als nicht bestandsfest beurteilt worden ist. Dieses Landesparlament (was man ja leicht vergessen kann, weil man nur die Hauptstadt sieht, aber nicht das Bundesland Berlin) war nicht in der Lage, durch einen politischen Entscheid die Wahlwiederholung zu beschließen, sondern wartete doch tatsächlich den Ausgang einer Klage ab. Das sagt schon sehr viel über die Berliner Zustände. Vor allem auch über die GRÜNEN, die wegen der Teilhabe an der Regierungsmacht demokratische Prinzipien über Bord geworfen und ein Wahlergebnis gerne akzeptiert haben, dass ihnen Posten brachte, obwohl die Wahl gegen nahezu alle Normen einer demokratischen Wahl verstoßen hat. Diese Wahl war eben nicht nur einem Versagen der Verwaltung und der damaligen politisch Verantwortlichen geschuldet, sondern wurde von den aus dieser „Bananen-Republik-Wahl“ als „Sieger“ hervorgegangenen Parteien als legitim akzeptiert, weil es in ihrem Interesse war. Das Wahl-Verfahrensdesaster wurde ebenso akzeptiert wie die Tatsache, dass der für die damalige Wahl zuständige Innensenator Andreas Geisel nach dem Organisations-Gau nicht seinen Hut genommen, sondern lediglich das Ressort gewechselt hat und im jetzigen Senat für Bauen und Wohnen zuständig ist. Was aber wiederum dazu passt, dass die Erste Bürgermeisterin, nämlich Franziska Giffey, das Bundeskabinett aus bekannten Gründen verlassen hat, aber für die Hauptstadt und dessen Parlament wohl noch gut zu gebrauchen war.
Wie Hertha BSC, der Fußball-Klub, ist Berlin nicht nur im Dauerkrisenmodus, sondern auch eine große Geldverbrenn-Maschine. „Größter Empfänger von Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich im Jahr 2021 war nach vorläufigen Angaben mit rund 3,6 Milliarden Euro Berlin. (...) Der größte Geber war das Bundesland Bayern mit rund neun Milliarden Euro. „***
Nebenbei: Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2021 (aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor) übrigens „nur“ 199,67 Millionen EURO aus dem Lastenausgleich bekommen.

Nun kann man natürlich sagen, dass Berlin durch seine Funktion als Bundeshauptstadt Aufgaben zu finanzieren hat, die einer Unterstützung durch die anderen Länder bedürfen. Und man muss auch bedenken, dass Berlin innerhalb von 10 Jahren 400000 neue Einwohner bekommen hat, einen Zuwachs also, der die Einwohnerzahl der Stadt Bochum noch einmal um 40000 Einwohner übertrifft. Das rasche Wachsen in einer Größenordnung, die einer Stadt wie Bochum entspricht, bringt selbstverständliche große Herausforderungen mit sich – etwa in der Grundversorgung mit Schulen, Kitas, öffentlichen Einrichtungen, Verkehr und Infrastruktur. Diese Entwicklung trifft aber offensichtlich auf eine jahrelange Vernachlässigung der öffentlichen Verwaltung und der Daseinsvorsorge. Berlin war eben, um Klaus Wowereit zu zitieren, zwar „arm, aber sexy“. Und hat sich auf diesem Image ausgeruht! Wobei das Wirtschaftswachstum Berlins sogar über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Ob die Wahlen am kommenden Sonntag einen politischen Umschwung bringen werden, ist völlig offen. Von außen sieht es so aus, als habe sich die Stadt eingerichtet damit, dass ihre Verwaltung nicht funktioniert, es an allen Ecken und Enden brennt (nicht nur Silvester), dass Teile der Stadt schon nahezu als „unregierbar“ gelten und sich dort Parallelstrukturen verfestigt haben, dass das Schulwesen im Katastrophenzustand ist und es eine Spaltung zwischen den hippen Stadtvierteln und der Peripherie gibt. Von den Baustellen einmal ganz abgesehen.
Wenn den Kölnern das Motto zugeschrieben wird „Et hätt noch immer jot jejange“, dann passt auf die Berliner vielleicht die Haltung, die sich in der Zeile ausdrückt: „Det kannste unta Ulk vabuchen!“

***https://de.statista.com/statistik/daten/studie/71763/umfrage/geber-und-empfaenger-beim-laenderfinanzausgleich/

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ro.Bien.

Wieso? Ich dachte, ist schon klar, dass rot, grün,rot…weiter macht. Ich hoffe, die Grünen schmieren diesmal richtig ab. Aber bei all den Zugezogenen Besserverdienenden…

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Fra.Prez.

Kleine Korrektur: Windhorst hat mehr als 375 Mio. investiert. Angegeben 3 Mio. reichen bei Hertha und S04 höchstens für das Gehalt p.a. der Greenkeeper. Kleine Empfehlung hinterher: https://open.spotify.com/episode/4SNhGll8m7kxd06KXjPbhI Buschkowsky gibt die Antworten zu Eurem Text

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