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Weder Artischocken, Auberginen, Avocados noch Paprika oder Zucchini können heute Kunden eines Gemüsestandes verunsichern, haben doch auch sich hauptsächlich durch Convenience-Lebensmittel ernährende Käufer einen Wiedererkennungseffekt dank der bunten Bildchen auf den Verpackungen der (Halb)Fertiggerichte.

Dass die Zubereitung solcher Gemüse dann trotz tausender Kochshows für viele eine unüberwindbare Hürde bleibt, ist anzunehmen. Ganz sicher scheint mir aber, dass so gut wie alle scheitern würden, eine Artischocke nicht nur zuzubereiten, sondern auch zu essen. Dass am Ende der Schuppenblätter Spuren von Fruchtfleisch sind, die man ablösen kann, indem das Blättchen zwischen den Zähnen abgezogen wird, ist für manche geheimes Herrschaftswissen.

Die exotischste aller Früchte heutzutage ist aber die Steckrübe. Immer wieder gibt es Unruhe an der Kasse, tauche ich mit dieser Rübe dort auf. „Was ist das… ähh… Sellerie?“ Ich: „Eine Steckrübe.“ „Frau Schürmann, weißt du was das ist?“ „Nee, Sellerie?“ Ich: „Steckrübe.“ „Was ist Steckrübe?“ Ich: „Kann man essen, kochen, braten, leckere Suppen mitmachen und sogar als Viehfutter verwenden.“ „Ahh… wie kocht man das?“ „Frau Schürmann, hast du das schon mal gekocht?“ „Nee, sieht unheimlich aus, da wüsste ich gar nicht, welcher Teil Abfall ist.“

Ich: „Ist wie eine Kartoffel, bloß härter. Schälen, würfeln. Wasser, würzen, kochen.“

Die Blicke der Umstehenden sprechen Bände. Als wenn ich einen abgeschnittenen Alien-Kopf nach Hause tragen wollte. Oder an der Fleischtheke frisches Schweinehirn und Lunge mit Zunge geordert hätte. Getrennt verpackt. Wahrscheinlich würde ich ähnlich irritiert schauen, wenn in Vietnam ein Kunde ein ausgebrütetes Vogelei, halb Ei, halb Vogel, aufs Kassenband legen würde oder in Stockholm eine Dose Surströmming explodieren würde.

Es ist doch aber nur eine Steckrübe, die Ananas Ostpreußens. Ein Wintergemüse.

Dann fällt es mir ein. Es liegt an meinem Alter. Steckrüben sind aus der Mode gekommen. Meine Generation musste noch Steckrüben essen, die oft holzig waren, zähe Strünke hatten, die wie Astgabel schmeckten. Steckrüben galten als Notzeit- oder Kriegsgemüse. Armeleuteessen.

Heute ist sie so ungewöhnlich, ausgefallen, fremdländisch, dass Käufer aus Hogwarts sein müssen und im Auftrag Lord Valdemorts bei den Muggels Rüben, vielleicht als Ersatz für Alraunen, zu schmuggeln versuchen.

Rezept Steckrübensuppe:

300 g durchwachsener Speck (Sojafreunde sind ab hier raus) Gemüsebrühe oder Fleischbrühe (Veganer sind ab hier doppelt raus) eine Steckrübe, geputzt, ca. 1 kg, 5 Kartoffeln, Salz, Pfeffer, einen Hauch Kümmel, eine große Zwiebel, Petersilie.
Den Speck klein schneiden, im Suppentopf anbraten. Mit Brühe auffüllen und ca. 30 Min. köcheln lassen.
Die Steckrübe schälen und in Würfel schneiden. Kartoffeln zerkleinern und zusammen mit den Rübenwürfeln zum Speck geben. Brühe auffüllen, bis der Eintopf so eben bedeckt ist. Vorsichtig salzen und pfeffern sowie den gemahlenen Kümmel dazugeben. Das Ganze köcheln lassen, bis das Gemüse nicht zu weich ist.
Zum Schluss eine große, gewürfelte sowie in Butter goldbraun gebratene Zwiebel zusammen mit viel frisch gehackter Petersilie hinzugeben und servieren.

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Von Heinz Niski

Handwerker, nach 47 Jahren lohnabhängiger Arbeit nun Rentner. Meine Helden: Buster Keaton, Harpo Marx, Leonard Zelig.

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Det.Kor.

steckrüben eintopf wunderbar

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