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Der Beitrag „Zwischen Alarmismus und Schönfärberei. Zu einigen Aspekten der Corona-Politik“ (5.4.2021) thematisierte die Fragwürdigkeit der Inzidenzwerte als Hauptfaktor für Corona-Maßnahmen, vor allem die Lockdown-Entscheidungen, thematisierte die Problematik der „Intensivbettenzahl“ und ging kurz auf die Impfungen in den Hausarztpraxen ein.

Der heutige Artikel rückt die politische Instrumentalisierung der Inzidenzwerte in den Vordergrund. Beide Artikel sollen sich gegenseitig ergänzen.

 

Die folgenden Überlegungen beruhen auf den heute vom RKI herausgegeben Werten (Stand vom 5.4.2021*) und den politischen Positionierungen, wie sie über das Osterwochenende erfolgt sind. Beginnen wir mit den Zahlen. Zunächst: Die aktuellen Ergebnisse stehen im Widerspruch zu ihrer Dramatisierung, wie sie von politischer Seite über Ostern  erfolgt ist, denn quer durch alle Bundesländer ist seit dem 2. April zunächst ein leichtes Absinken der 7-Tage-Inzidenz zu erkennen gewesen  (Abbildung 2/RKI*). In der Folge liegt der 4-Tage-R-Wert  bei 0,96, der 7-Tage-R-Wert sogar nur bei 0,90.**

Was jetzt auf den ersten Blick ganz positiv klingt, wird vom RKI mit folgendem Hinweis bzw.  Ausblick auf die nächsten Taage („grauer Bereich“) eingeschränkt*:

Abbildung 2: Darstellung der übermittelten COVID-19-Fälle/100.000 Einwohner über 7 Tage in Deutschland nach Bundesland und Meldedatum in den Gesundheitsämtern (05.04.2021, 0:00 Uhr). Für den grau markierten Bereich ist in den Folgetagen noch mit nachübermittelten Fällen und damit mit einer Erhöhung der Inzidenz zu rechnen.“

Dies bedeutet, dass in den noch verbleibenden Tagen dieser Woche (grau markiert)  zu den tagesaktuellen Inzidenzwerten Fälle aus den Tagen vor, über und nach Ostern nachgetragen werden. Durch die Addition der tagesaktuellen Werte und der nachgetragenen Werte steigen natürlich im Laufe der Woche schon aus rein rechnerischen Gründen die Inzidenzzahlen auf jeden Fall wieder mehr oder weniger heftig an, was den Befürworten eines erneuten und harten Lockdowns in die Karten spielt. Das RKI dazu:

„Rund um die Osterfeiertage ist bei der Interpretation der Fallzahlen zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufsuchen, dadurch werden weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt. Somit werden weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet. Zudem kann es sein, dass nicht alle Gesundheitsämter und zuständigen Landesbehörden an allen Tagen Fallzahlen an das RKI übermitteln.“

Interessant sind dabei zwei Aspekte: Natürlich zunächst der Aspekt, der auf die zu erwartenden Steigerungen der Fallzahlen durch Nachmeldungen abhebt (Kumulation der Werte statt Verteilung). Dann aber auch der Hinweis, dass ein Zusammenhang besteht (was an anderer Stelle von uns schon betont worden ist ***) zwischen Anzahl der Testungen und dem Anstieg der Fallzahlen (…werden weniger Proben genommen …werden weniger Erregernachweise gemeldet).Es ist also nicht verwunderlich, dass die Ausweitung der Tests ebenso zu erhöhten Fallzahlen führt wie die Nachmeldungen und deren Addition zu den Tageswerten.

Das hat zur Konsequenz, dass in den nächsten Tagen bis zum Ende dieser Woche und dem Beginn der kommenden Woche damit zu rechnen ist, dass der Inzidenzwert auf einen neuen Spitzenwert zulaufen wird, der all denen Recht zu geben scheint, die weitere Einschränkungen fordern, weil die Infektionswerte so dramatisch steigen! Was der Kanzlerin und den Hardlinern wie Söder in die Hände spielt, wenn sich die Bund-Länder-Runde in der kommenden Woche trifft. Hier liegt wohl der entscheidende Grund dafür, dass sich Kanzlerin Merkel umgehend gegen Laschets Vorschlag ausgesprochen hat, sich bereits in dieser Woche zu treffen! Und wenn jemand wie Karl Lauterbach das Trompetensignal zum letzten Gefecht gibt (zum „letzten harten Lockdown“ aufruft),  dann geht es um einen Zeitpunkt für den Beschluss von Maßnahmen, der kurz nach einem Peak liegt, also einem Scheitelpunkt, nach dem und mit dem sich eine weitere Schließung des Landes rechtfertigen lässt (einschließlich von Ausgangssperren).

Wenn dann, etwa im Verlauf des Monats Mai,  der Inzidenzwert wieder sinkt –  wegen des wärmeren Wetters, wegen der wachsenden Zahl von Geimpften  oder wenn, was bei Mutationen eines Virus nicht unüblich ist, die Mutationen das Virus schädigen und  das Risikopotenzial nicht erhöhen, sondern verringern, weil sog. „Kopierfehler“ auftreten, die die Überlebensfähigkeit des Virus beeinträchtigen und es funktionsunfähig machen –  können die Lockdown-Fetischisten das als ihren Erfolg verkaufen, was aber nicht ihren Maßnahmen  zuzuschreiben ist, sondern den genannten Faktoren. Bleiben die Werte dann stabil niedrig und sinken über einen warmen Sommer sogar weiter, bestehen gute Aussichten für die Lockdowner, sich bis zur Bundestagswahl im September zu retten. Wenn bis dahin  allerdings immer noch keine überzeugende Langfrist-Strategie existiert, stürzt das Land in einen Lockdown ganz anderer Qualität, nämlich den seiner Selbstaufgabe.

Und in seinen Ruin – in sozialer und ökonomischer Hinsicht!

*https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Apr_2021/2021-04-05-de.pdf?__blob=publicationFile

 

**Der R-Wert  steht  für die Reproduktionszahl. Diese bezeichnet die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt von einem mit dem Corona-Virus Infizierten angesteckt werden.  Liegt der Wert unter 0, steckt  eine infizierte Person im Schnitt weniger als eine andere an. Interessant ist das auch deshalb, weil die britische Mutante, die sich angebliche schneller und aggressiver ausbreitet, ja schon für 90% der Infektionen verantwortlich sein soll. Da muss die Frage erlaubt sein, warum dann der R-Wert unter 1 fällt, nicht aber deutlich steigt

***Siehe den Beitrag  „Zwischen Alarmismus und Schönfärberei.“

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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