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Al-Hafi ist eine der Nebenfiguren in Lessings „Nathan der Weise“. Al-Hafi ist ein Derwisch, ein Bettelmönch muslimischen Glaubens. Eine der vielen dialektischen Volten Lessings besteht darin, dass Sultan Saladin ausgerechnet den Bettelmönch zum Schatzmeister macht, wobei allerdings die Staatskasse leer ist. Deswegen schickt Saladin Al-Hafi zu Nathan, dem reichen jüdischen Kaufmann, um wegen eines Kredits nachzufragen. Al-Hafi aber warnt seinen Freund und Schachpartner Nathan vielmehr vor dem Sultan und verkündet, dass er sein Amt aufgeben wird. Der Bettelmönch will nicht für einen anderen betteln. Al- Hafis Ziel ist der Ganges – dort so meint er, wird er seine Glaubens- und Lebenserfüllung finden! Und damit verschwindet Al-Hafi aus dem „dramatischen Gedicht“, wie Lessing sein Nathan-Stück nennt.

Christian Lindner müsste jetzt, spätestens jetzt den Al-Hafi machen, also sein Amt aufgeben. Es muss nicht gleich der Ganges als Reiseziel sein, Sylt ist ja auch ganz schön. Da könnte er sich den rauen Nordseewind um die Nase wehen lassen und über seine Fehler nachdenken. Etwa den, dass er sich wohl wider besseres Wissen nicht nur an den Haushaltstricks, die grundgesetzwidrig waren, beteiligt hat, sondern sie aktiv betrieben hat – weil er an die Macht wollte, endlich ein Regierungsamt besetzen wollte, ganz weit vorne sein wollte. Es war doch ein durchschaubarer Deal: Lindner konnte behaupten, er habe das Versprechen, die Schuldenbremse einzuhalten und zu achten, gehalten – und SPD und GRÜNEN konnten aus den Kredittöpfen ihre Projekte finanzieren und ihre Klientel bedienen. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit – eine win-win-win-Situation einer Dreier-Bande, sozusagen das große Los.  Nur dass die Aufsichtsbeamten der Lotterie, die die Rechtmäßigkeit der Ziehung prüfen, der Meinung waren, dass dieses Glückslos ein wenig müffelte oder auch ein wenig zu viel müffelte, schon eher roch oder sogar stank! Nämlich nach Verfassungsbruch!

Neben dem Hauptaufreger dieser Tage, der Entscheidung des Verfassungsgerichts, gehen schnell die anderen Liederlichkeiten der Ampel-Regierung verloren. Schlecht gemachte Gesetze, neue bürokratische Monstren, fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern. Vor allem aber der mehrfache Versuch, die Wirklichkeit zu verleugnen, um die Fehler der eignen Politik schönreden zu können:

Beispiel a)

Die Ampel preist ständig den Zubau im Bereich ökologischer (nachhaltiger) Stromerzeugung, etwa durch den Ausbau der Windparks. Dabei wird vernachlässigt, dass zwar die Nennleistung der Windräder (oder auch Solaranlagen) steigt, die Abhängigkeit von den „natürlichen“ Gegebenheiten (Wind, Sonne) aber nicht verhindert, dass Deutschland Strom importieren muss, wenn er zur Verfügung stehen muss, und die Strompreise zu den höchsten in Europa gehören. „Nach Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke hat die deutsche Volkswirtschaft zuletzt deutlich weniger Strom produziert und daher mehr importiert. Im zweiten Quartal dieses Jahres wurden 7,1 Milliarden Kilowattstunden (kWh) mehr ein- als ausgeführt, wie das Statistische Bundesamt heute berichtete. Das entsprach ziemlich genau der Strommenge der drei deutschen Kernkraft-Meiler im zweiten Quartal 2022 (7,3 Mrd kWh). (Quelle: tagesschau.de ***a)

Beispiel b)

Während hier die Methode des Fracking verboten ist, hat die Ampelregierung keine Skrupel, das Fracking als wesentlichen Teil der Energiewende und des Ausstiegs aus dem (russischen) Gas zu loben. Der feine Unterschied: Das durch Fracking gewonnene Gas kommt über das Meer aus den USA zu uns  und dabei werden weder ökonomische noch ökologische Aspekte berücksichtigt, sondern eher untergepflügt:

Im Hafen von Mukran auf Rügen soll ein LNG-Terminal entstehen. Dazu soll eine 50 Kilometer lange Pipeline am Meeresgrund bis nach Lubmin verlegt werden. Mit Klima- und Umweltschutz ist dieses Projekt nicht vereinbar. Es ist die angebliche Rettung vor der Energiekrise, das Gas, das die Ausfälle aus Russland kompensieren soll: LNG (…)

Allerdings sind die aktuellen Planungen der Bundesregierung für neue LNG-Terminals massiv überdimensioniert. Zu diesem Ergebnis kommen u. a. Studien vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und New Climate Institute. Laut LNG-Beschleunigungsgesetz vom 12. Juli 2023 sind an fünf Standorten acht schwimmende und drei feste LNG-Terminals geplant. Eines davon: in Mukran auf Rügen. Das ist wirtschaftlich blödsinnig, für die Umwelt eine Belastung und klimapolitisch ein Wahnsinn.“ *** b)

Die Liste könnte um etliche Beispiele verlängert werden. Kaum ein Gesetz ohne inhaltlichen Murks, häufig ohne Klärung des Finanzierungsbedarfs und der Wege der Finanzierung, Verschleppung drängender Aufgaben (Migration), Gesetze, die durch die jeweilige Ideologie bestimmt sind und weniger durch Sinnhaftigkeit (Bürgergeld).

Die Ampel war von Beginn eine Koalition der Selbstsüchtigen und der von der eignen Ideologie getriebenen Politiker. Die Ankündigungen des gemeinsamen Regierungsprogramms (etwas Bau von 400 000 Wohnungen jährlich) waren nichts anderes als Seifenblasen, die bunt schillerten, weil jede Koalitionspartei ihre Farbtupfer angebracht hat, ohne aber wirklich ein konsistentes Programm zu haben, vor allem aber ohne all die Versprechen finanzieren zu können. Dass die Finanzierung dieser Zauberkiste, die fast alle Wünsche erfüllen sollte, nun endgültig nur noch ein Scherbenhaufen ist, ist der Zeitpunkt zur Umkehr.

Aus Lindner muss Al-Hafi werden; er muss erkennen, dass die Kasse leer ist. Wenn er noch Selbstachtung hat, muss er, gleich Al-Hafi, sein Amt als Schatzmeister der Bundesrepublik niederlegen. Und er muss samt seiner Fraktion diese Koalition verlassen!

Und – wie oben gesagt: Es muss nicht gleich der Ganges sein. Die deutsche Nordsee soll auch Heilkraft haben!

 

***a) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/stromimporte-erzeugung-energiemix-100.html

***b) Quelle: greenpeace) https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/gasausstieg/kein-lng-terminal-ruegen

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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