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Im Jahre 1917 stellte Freud im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zur narzisstischen Kränkung die These von den drei großen Kränkungen der Menschheit auf. Nach Freud bestand die erste Kränkung in der kopernikanischen Wende und der damit verbundenen Einsicht, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Weltalls ist. Die zweite Kränkung war nach Freud die biologische Kränkung, nämlich Darwins Entdeckung, dass der Mensch sich im Laufe der Evolution aus dem Tierreich entwickelt hat. Für die dritte Kränkung sah sich Freud selbst verantwortlich (ein wenig Eitelkeit und Selbstüberhöhung darf ja wohl sein), nämlich durch seine Entdeckung des Unbewussten, also seiner Lehre davon, dass sich Teile des Seelenlebens der Herrschaft des bewussten Willens entziehen (Libidotheorie), der Mensch somit erkennen muss, dass er nicht  „Herr im eigenen Haus“ ist. Aus dieser Erkenntnis erwächst, so Freud, die dritte narzisstische Kränkung der Menschheit.

Nun muss man kein glühender Anhänger Freuds sein, um feststellen zu können, dass die Repräsentanten der sogenannten deutschen Leitmedien von ARD und  ZDF über die SZ bis zum SPIEGEL, also etwa die Damen und Herren Maischberger, Slomka, Prantl und andere,  seit der Aufkündigung der Teilnahme an den Sondierungsgesprächen durch die FDP nur noch mit Schaum vor dem Mund über das – allein der FDP zugeschriebene –  Scheitern von Jamaika schreiben, noch bevor eine ebensolche Jamaika-Regierung überhaupt ins Amt gekommen ist und man eine objektive Bewertung dessen vorgenommen hat, was bis zum Ende der Sondierungen überhaupt verhandelt worden ist. Alleine das Scheitern der Sondierungsgespräche ist bereits Anlass genug für tollwutartige rhetorische Ausfälle, verbale Attacken (besonders auf den Vorsitzenden der FDP) und eine Art Szenarienmalerei, die den Untergang der BRD, ja Europas heraufruft.

Man kann diese Empörung über das Jamaika-Aus damit erklären, dass ein großer Teil der Journalisten der „Leitmedien“ eine Jamaika-Konstellation auf der Regierungsbank befürwortet hat (hätte), denn in dieser Gruppe befinden sich nicht nur Unterstützerinnen der (Noch-)Kanzlerin, sondern auch viele Sympathisanten der grün angehauchten Themen (sog. Energiewende, Elektromobilität, Willkommenskultur). Nicht ganz zufällig erschallt wohl deshalb -sozusagen als positives Gegenmodell zum gegenwärtigen FDP-bashing – das vielstimmige Lob, das B 90/Die Grünen für ihr staatsmännisches Betragen, vor allem aber für ihre Kompromissbereitschaft bekommen haben (früher hätte man diese Kompromissbereitschaft übrigens als Opportunismus, Umfallerei und reine Machtgier gegeißelt).

Aber die Ursache sitzt tiefer. Das Geheule hat auch seine Ursachen in der Vorgeschichte, genauer: in den vorausgegangenen drei Kränkungen.

Die erste Kränkung war der BREXIT. Dagegen hatte man angeschrieben, anmoderiert, angetalkt – und doch haben sich die Engländer anders entschieden!

Die zweite Kränkung war die Wahl TRUMPS. Gegen ihn hatte man angeschrieben, anmoderiert, angetalkt – und doch hat sich eine Mehrheit der amerikanischen Wähler anders entschieden.

Die dritte und schlimmste Kränkung war der Stimmenanteil der AfD bei der Bundestagswahl und der Einzug dieser Gruppierung in das Parlament. Gegen die AfD hatte man angeschrieben, anmoderiert, angetalkt! Man hatte die Nazi-Keule geschwunden, nachdem die Rechts-Populismus-Keule sich abgenutzt hatte! Man hatte jede noch so blöde (geschichtsvergessene und tatsächliche rechtsradikale oder nazistische ) Parole und Formulierung eines Höcke oder Gauland oder einer Storch zum verbalen Hitlerismus aufgeblasen und nichts unversucht gelassen, dem deutschen Wahlbürger moralisch ins Gewissen zu reden und ihn an seine Verantwortung für die Geschichte zu erinnern!

Und doch haben etliche Millionen Bürger für diese Partei gestimmt und so eine Konstellation geschaffen, die für die Schreiber, Moderatoren, Talkmaster eine tiefe narzisstische Kränkung war!

Heilung konnte eine Regierungsbildung der „Gutmeinenden“ sein, eine im Kern schwarz-grüne Liaison mit ein paar FDP-Farbtupfern, ohne die eine Mehrheit nicht möglich war. Dass nun aber ausgerechnet diese Partei die Chance auf Machtbeteiligung, Posten aller Art und warme Sitze auf der Regierungsbank in den Wind schlug – damit hatte die Journaille in ihrer Mehrheit nicht gerechnet!

Schon wieder – wie bei Brexit, Trump und AfD-Wahl, war man krachend vor die Wand gefahren und war tief gekränkt! Aus dieser – so empfundenen – Kränkung, die aber im Grunde nichts anderes ist als verletzte Eitelkeit, entspringt der gegenwärtige Anti-FDP- bzw. Anti-Lindner-Furor in der Presse.

Man könnte sich den Schaum vor dem Mund aber auch abwischen, statt immer mehr davon zu produzieren! Doch so, man sehe mir das Wortspiel nach, sind aus selbsternannten Leitmedien nur Selbstmitleid-Medien geworden!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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