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Notizen eines Frontschweins - Karikatur: Uli Questees gibt im lehrerleben diverse höhepunkte –

 

natürlich die zeugniskonferenzen, die eher organisatorischer, weniger pädagogischer natur sind, elternsprechtage, an denen man im vorgegebenen 10-minuten takt eltern mit sprachbausteinen konfrontiert,die unverbindlich sind (aussagen wie: „die von ihnen gefühlte intelligenz und leistungsfähigkeit ihres kindes weicht aber beträchtlich von der tatsächlichen ab“, sind natürlich tabu) und die jahresauftaktkonferenz, die immer in den letzten ferientagen stattfindet.

diese konferenz hat züge eines kulturschocks, denn nach rund sechs wochen unterrichtsfreier zeit trifft man in einem viel zu kleinen raum auf eine masse an aufgekratzten kolleginnen und kollegen, die einem häufig den eindruck vermitteln, sommerferien seien eine grauenvolle zeit, in der man schnell in depressionen verfallen kann, weil man sich nutzlos vorkommt.

von der schulleitung wird das versammelte kollektiv freundlich begrüßt. man bekommt eine danksagung für die im letzten jahr geleistete arbeit, verbunden mit der als hoffnung zum ausdruck gebrachten aufforderung, man möge sich doch auch weiterhin so engagiert zeigen (eine euphemistische umschreibung für zu leistende angewachsene arbeit in arbeitsgruppen, fachschaften, in verwaltungsvorgängen etc.).

anschließend ist dann das kollegium am zuge.

hier werden von funktionsträgern (stufenleitungen etc.) und vor allem eifrigen kolleginnen und kollegen, die häufig funktionen haben, die es vor ein paar jahren noch nicht gab („ich bin die mobbing-beauftragte“, „ich bin koordinator der arbeitsgruppe sowieso“) in epischer breite und zumeist unterstützt durch unleserliche folien informationen vorgetragen, die man locker auf zwei DIN-A-Seiten kritzeln könnte (die meisten lehrer können lesen!).

fester bestandteil dieser konferenzen sind diverse wahlen, z.b. für den lehrerrat oder die einstellungskommission bei sog. „schulscharfen“ stellenausschreibungen“.

der unzweifelhafte höhepunkt dieser wahlrituale war für mich in diesem jahr aber die wahl der zwei „gleichstellungsbeauftragten“ – ein resultat allgemeiner demokratischer entwicklung durch jahrelanges steineklopfen für die emanzipation der frauen.

nun sind in meinem kollegium, das rund 60 köpfe umfasst, die männer in einer radikalen minderheit (15 von 60 bei den stammkräften). die leitungsfunktionen liegen überwiegend in frauenhand (incl schulleitung).

Vertreibung aus dem Paradies - Karikatur: Uli Questeeingestellt werden in meiner schule seit jahren fast nur noch frauen, so dass einige zumeist ältere kolleginnen aus der pädagogischen fachschaft schon warnend die stimme erhoben haben, weil die -pubertierenden – knaben – vor allem in der sekundarstufe 1- kaum noch mit männlichen rollenbildern konfrontiert werden, an denen sie sich abarbeiten können.

gleichwohl: schulgesetz ist schulgesetz. und das sieht halt die einrichtung dieser zwei stellen vor, wobei die wahlen nur vom weiblichen teil des kollegiums durchgeführt werden. die männer sind also nicht nur überflüssig, weil sie nicht mitwählen dürfen, sondern sie müssen sogar – und das ist das schöne!- das lehrerzimmer verlassen.

und hier wird nun die emanzipation für die frauen zur strafe. denn die männer müssen ja nicht nur raus, sondern – da es der letzte punkt der konferenz ist- sie haben auch früher feierabend und können das stickig – aufgeheizte lehrerzimmer verlassen und das reich der außerschulischen freiheit eher betreten als die frauen.

endlich also einmal eine verwaltungsvorschrift, der ich, als frauenversteher, aus ganzem herzen zustimmen kann! Alice, hab dank! 

wie sagt Andreas Rebers richtig: provinz ist da, wo man die lehrer für intellektuelle hält!

 

Fortsetzung am 10.09.12 mit  „ruhe-ordnung-gepflegte gespräche“

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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